Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Totensteige (Lisa Nerz) (German Edition)

Totensteige (Lisa Nerz) (German Edition)

Titel: Totensteige (Lisa Nerz) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Lehmann
Vom Netzwerk:
Handynummer?«
    Der Tunnel spuckte uns in den nächsten.
    »Ich habe sie angerufen. Vorletzte Woche. Gesine hatte mich gebeten, die Finanzen des Instituts unter die Lupe zu nehmen.«
    »Warum?«
    »Gesine fragt sich, wie sich das Institut trägt. Die staatliche Förderung ist vernachlässigbar. Und die Edmund-Gurney-Stiftung fördert nach der eigenen Satzung nur bestimmte Forschungsprojekte, nicht aber das Institut selbst. In den Büchern geht auf den ersten Blick alles irgendwie auf null aus. Aber von dem Lehrauftrag, den Rosenfeld an der Uni Tübingen hatte, konnte er nicht leben, vor allem nicht reisen. Und die Einnahmen aus Beratungsgesprächen, Gutachten und Untersuchungen bei privaten Kunden haben im vergangenen Jahr gerade so das Jahresgehalt von Desirée Motzer abgedeckt. Aus welcher Quelle das Jahresgehalt von Frau Barzani …«
    Er nannte die Höhe nicht.
    »… und das von Rosenfeld bezahlt worden sind, ist im Moment noch unklar. Rosenfelds Steuerberater ist Ende März verstorben. Auf mein Anraten hin hat Frau Barzani nun einen Buchhalterservice beauftragt.«
    Ich grinste vor mich hin. Das Anraten eines Wirtschaftsstaatsanwalts in Finanzdingen klang in der Regel wie eine Drohung mit unmittelbarer Strafverfolgung im Fall des Nichtbefolgens.
    »Ich vermute, dass es versteckte Konten gibt, auf die Rosenfeld Überschüsse ausgelagert hat. Deshalb hat Frau Barzani mich auch eben angerufen. Sie will etwas entdeckt haben.«
    Und das hatte nicht bis morgen Zeit. Eins konnte ich jetzt schon sagen: Die Doktorin würde sich nicht freuen, wenn ich in Richards Gefolge aufstampfte.
    Ich erzählte von meinem Gespräch mit dem Pressechef von Inter-Q-Orporate. »Ingmar Neuner hat zwar bestritten, dass das Thema Parapsychologie den Konzern interessiert, er selbst halte das für Kokolores. Aber er hatte sofort ein paar Ideen parat, was ein Telekinetiker anrichten könnte. Und er weiß auch, was das wäre, nämlich Terror. Vielleicht spendieren die doch was, gerne auch heimlich.«
    »Nun, immerhin hat die Inter- Q offiziell die Genfer Verschwörung finanziert.«
    »Was für eine Verschwörung?«
    Richard schmunzelte. »Das war 2008 ein spektakuläres Experiment der Quantenphysik.«
    Ich lehnte mich im Sitz zurück und ließ die Autobahn in meine Pupillen rasen. »Erzähl.«
    Immer gerne. »Der Genfer Physiker Nicolas Gisin wollte zeigen, dass unter Quantenteilchen eine spukhafte Verbindung besteht. Sie verhalten sich simultan, selbst über weite Entfernungen. Man nennt es das Verschwörungsprinzip der Quantenphysik. Rosenfeld war übrigens auch dabei und hat darüber geschrieben. Er schloss, dass sich im gesamten Universum Teilchen ohne zeitliche Verzögerung gegenseitig beeinflussen und dass auch wir Menschen uns in diesem Dialog befinden.«
    »Geht es auch ein bisschen weniger universell? Was haben die Genfer denn angestellt?«
    »Ich kann voraussetzen, dass du weißt, was ein Photon ist?«, erkundigte sich Richard mit seinem allerarrogantesten Augenaufschlag zu mir herüber.
    »Ich schon, aber du?«
    »Alle elektromagnetischen Wellen sind in Photonen quantisiert. Das heißt, die kleinste Menge an elektromagnetischer Strahlung ist ein Photon. Es hat die Eigenschaften einer Welle und zugleich die eines Teilchens. Wie alle Materie überhaupt zugleich Welle und Teilchen ist. Eine Grunderkenntnis der Quantenphysik.«
    Ich erinnerte mich.
    »In einem Fernsprechamt von Genf haben nun der Professor und seine Mitarbeiter rotes Laserlicht auf einen Kaliumniobat-Kristall geschossen. Der hat jeweils ein rotes Lichtquant in zwei infrarote Quanten gespalten, man kann auch sagen, in zwei Wellen mit halbierter Frequenz. Beide wurden dann durch zwei verschiedene Glasfaserkabel der Telefongesellschaft Swisscom in gegensätzliche Richtungen geschickt – das eine vier Kilometer nach Bellevue, das andere sieben Kilometer nach Bernex. Dort gabelte sich jedes der beiden Glasfaserkabel. Da sich ein Photon in einem Kabel nicht teilen kann, musste es entweder den linken oder den rechten Weg nehmen. Sein Zwillingsbruder entschied sich verblüffenderweise jedes Mal genauso. Beide Photonen verhielten sich, elf Kilometer voneinander entfernt, synchron. Die Physiker fanden in dem Photonenpaar nichts, was darauf hindeutet, dass die Abbiegerichtung in ihm programmiert ist. Auch ein Signal hat man nicht gemessen, das der eine Zwilling dem andern im Moment des Abbiegens zugesandt hätte, zumal es irre schnell gewesen sein müsste, schneller als

Weitere Kostenlose Bücher