Totenstimmung
identifizieren.« Er räusperte sich und sah in die Runde. Er wartete auf die Aufforderung weiterzusprechen.
»Was ist heute los? Erst kommt Heinz-Jürgen und verkündet uns seine Weltsensation, und jetzt stehst du hier, als hättest du auch ein Weltwunder ausgegraben.« Ecki gähnte.
»Wir haben etwas gefunden, das ich sehr interessant finde: ein Schweißband, schwarz mit weißem Totenkopf.«
»Heißt?« Frank wurde ungeduldig.
»Frottee. Billigkram aus dem Osten. Gibt’s auf jedem Flohmarkt.«
»Ich versteh nur Bahnhof«, warf Schrievers ein, der auf Flohmärkten tatsächlich schon solche Schweißbänder gesehen hatte, an Ständen mit Südstaatenflaggen, T - S hirts mit Che-Guevara-Porträts oder stilisierten Marihuanapflanzen. Die Händler waren meist Vietnamesen.
»Die Tote, die halb verbrannt war. Bei ihr haben wir damals am rechten Handgelenk Frotteefasern gefunden beziehungsweise Reste eines schwarzen Schweißbandes. Und nun kommt’s: Unsere Analysen haben ergeben, dass die beiden Schweißbänder aus der gleichen Partie stammen müssen.«
Bittner sah die Ermittler des KK 11 erwartungsvoll an.
»Ja?«, fragte Ecki zögernd.
»Es gibt tatsächlich eine Verbindung zwischen den Leichen.« Rüdiger Bittner lächelte triumphierend.
»Und was bringt uns diese Erkenntnis?« Franks Reaktion blieb verhalten.
»Ich habe mit ein wenig mehr Begeisterung gerechnet oder auch mit ›Danke schön, Rüdiger, bist uns eine große Hilfe. Wir kommen erst jetzt wirklich weiter. Ohne dich wären wir aufgeschmissen‹.« Rüdiger Bittner war enttäuscht. Seit Tagen tat er alles, um die MK voranzubringen, und es war wieder wie immer: Seine Arbeit war offenbar für die Kollegen eine reine Selbstverständlichkeit.
Während sich im Büro betretenes Schweigen breitmachte, weil man mal wieder vergessen hatte, wie empfindlich die Kollegen vom Erkennungsdienst und der KTU sein können, verdunkelte sich Schrievers’ Blick zusehends.
»Ist etwas nicht in Ordnung?« Lisa hatte bemerkt, wie lustlos Frank in seinen Spaghetti herumstocherte.
»Schmeckt wirklich lecker. Ich frage mich nur gerade, wie es in der MK weitergehen soll.«
Lisa sah Frank lange an und schüttelte ihre Locken. »Kannst du nicht wenigstens beim Essen mal nicht an deine Arbeit denken?« Sie legte ihr Besteck hin und griff nach ihrem Rotweinglas. »Es macht keinen Spaß mit dir, Bulle.«
»Was?« Frank war in Gedanken bei Heini und dem Zettel.
Lisa trank einen Schluck. »Es macht keinen Spaß, Bulle.«
»Herr, erbarme dich.«
»Wie bitte?« Heftig stellte sie ihr Glas auf den Tisch zurück. Sie fühlte sich nicht ernst genommen.
»Von den Vandalen sind nur zwei Worte überliefert. Sie heißen übersetzt: Herr, erbarme dich.«
»Was hat das denn jetzt mit uns zu tun? Frank, seit Tagen versuche ich, mit dir ins Gespräch zu kommen. Wie sich das anhört: ins Gespräch kommen. Ich möchte, dass du mich wahrnimmst, wenigstens ein bisschen. Wenn du zu Hause bist, bist du nicht da. Du bist mit deinen Gedanken im Präsidium, bei Ecki, eurem Fall, was weiß ich, wo. Aber du bist nicht hier, nicht hier in meiner Wohnung, und auch nicht bei mir. Frank, so geht das nicht weiter.«
»In der Stadt läuft jemand Amok, der Behinderte umbringt, damit er von uns erlöst wird.«
»Du hörst mir nicht zu. Der Mann hört mir einfach nicht zu.«
»Was?«
»Vergiss es.« Lisa schob ihren Teller von sich.
»Und die einzige Verbindung zumindest zwischen zwei der Opfer ist ein Schweißband. Ein schwarzes Schweißband aus Frottee mit Totenkopf.«
Lisa wollte gerade aufstehen, weil sie Franks Ignoranz nicht länger ertrug, als sie sich unvermittelt wieder setzte. »Tommy.«
»Was?« Frank sah Lisa an, als tauche er aus einer Unterwasserwelt zurück an die Oberfläche.
»Der junge Mann aus der Werkstatt. Er hat so ein Band.«
Frank hatte seine Spaghetti vollends vergessen. »Woher weißt du das?«
»Ich habe doch die Stühle zum Beflechten gebracht.« Lisa spürte, dass sie unruhig wurde. »Frank.«
»Wie sieht das Schweißband aus?« Er griff unwillkürlich nach Lisas Handgelenk, als könne er den Beweis so festhalten.
Lisa zeigte mit den Fingern die Breite des Bandes an. »Etwa so. Und darauf ist ein Totenkopf mit gekreuzten Knochen. Wie eine Piratenflagge, nur eben als Armband. So, und nun lass los, du tust mir weh.«
Frank zog seine Hand zurück, als hätte er versehentlich an eine heiße Herdplatte gegriffen. »Wie spät ist es?«
»Zu spät. In der Werkstatt
Weitere Kostenlose Bücher