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Totenstimmung

Totenstimmung

Titel: Totenstimmung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnold Kuesters
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Silvia, wenn sie denn so heißt, mit einem Sprengstoffgürtel aufgegriffen, einer in Gülle ertrunken. Die Finger und die Harps. Das ergibt doch alles keinen Sinn.«
    »Auf den ersten Blick sicher nicht.« Viola Kaumanns trank von ihrem Kaffee und trat nachdenklich ganz nah an die Fotos heran. »Ich bin mir sicher, dass es eine Verbindung gibt. Der Täter, und ich gehe ganz fest davon aus, dass wir es mit einem einzigen zu tun haben, ist männlich. Er will uns eine Geschichte erzählen. Die Harps, aber auch die Todesarten haben Gemeinsamkeiten. Auch die Puppen passen ins Bild.«
    »Schön, dass du doch gekommen bist.« Mehr brachte er nicht heraus. Seine Stimme hatte eine Spur zu vertraut geklungen, denn er hatte gesehen, dass Violas Rücken sich bei seinen wenigen Worten gestrafft hatte.
    Sie schwieg, studierte die Fotos und trank ihren Kaffee.
    Frank war versucht, ihre Schultern zu berühren. Er war so froh, dass sie da war. Nicht nur, weil sie ihm als angehende Profilerin bei ihren Ermittlungen helfen konnte. Aber diesen Gedanken schob er ganz weit von sich.
    Viola drehte sich um. »Es gibt kein Zurück.«
    Frank wusste, was sie meinte. »Ich wollte dich nicht anstarren.« Er meinte um ihre Augen hauchfeine spöttische Falten zu sehen.
    »Er will dir sagen, dass es kein Zurück gibt. Er will, dass du ihn findest, und zwar bald. Er trägt eine große Last, die er im wahrsten Sinne nicht länger ertragen kann.«
    »Wie kommst du darauf?« Frank war enttäuscht und erleichtert zugleich. Sie half ihm über das hinweg, was zwischen ihnen stand und noch zu sagen wäre. Er bewunderte sie dafür.
    »Allein die Harps sprechen eine deutliche Sprache, ebenso wie die Schreiben. Aber das wisst ihr sicher längst, dafür hätte ich nicht zu kommen brauchen.«
    Frank nickte. Der spöttische Zug um ihre Augen war geblieben, oder bildete er sich das nur ein?
    »Was mir auffällt, wenn ich mir die Bilder ansehe? Klar, zunächst, dass er Behinderte benutzt. Er muss jemand sein, der nicht nur Kontakt zu behinderten Menschen hat. Er ist jemand, für den Menschen mit Behinderungen keine gleichwertigen Partner sind, um das mal vorsichtig auszudrücken. Oder sie sind das Symbol für seinen eigenen Seelenzustand. Er fühlt sich ebenfalls behindert.« Viola trank wieder einen Schluck, bevor sie weitersprach. »Die grausame Art der Missachtung ihrer Menschenwürde ist auffällig. Die aufgerissene Puppe symbolisiert, dass er selbst zerrissen ist. Vielleicht ist er schon als kleines Kind zutiefst verletzt worden.«
    »Ein Psychopath also?«
    »Nein, ihr müsst einen Menschen suchen, der krank ist. Dieser Jemand kann seinen Alltag bewältigen, in seinen dunklen Stunden versucht er aber, aus seiner Existenz auzubrechen, schafft es nicht und sucht deshalb deine Hilfe.«
    »Jemand, der krank ist? Das sind doch die meisten von uns.« Frank biss sich auf die Lippen. Er war zu weit gegangen.
    Viola nickte nur. »Das macht es ja so schwer.«
    Er bewunderte sie nur noch mehr.
    »Es ist jemand, der nach außen rechtschaffen und bieder wirkt, in seinen Träumen aber mit Dämonen kämpft, die er nicht besiegen kann. Es könnte wirklich jeder sein.« Sie schüttelte den Kopf. »Nein. Dieser Jemand ist überaus intelligent, hat womöglich einen verantwortungsvollen Beruf.«
    Frank musste an den Güllekeller denken. »Jemand, der viel herumkommt und sein Leben ›beschissen‹ findet?«
    »Ich weiß, ich bin dir nicht wirklich eine Hilfe, aber so könnte man es sagen.« Viola sah einen Augenblick lang in ihren leeren Becher. »Ich bin noch nicht so weit.«
    »Viola.«
    »Ich stehe erst am Anfang meiner Ausbildung.« Sie seufzte. »Es könnte natürlich auch alles ganz anders sein.«
    »Du hilfst mir sehr. Und das meine ich von ganzem Herzen.«
    Viola Kaumanns sah Frank mit festem Blick an. »Es gibt kein Zurück, Frank. Denk daran.«
    Die Nacht verbrachte Frank alleine in seiner Wohnung in Eicken. Nach einem ausgiebigen Bad hatte er sich ins Wohnzimmer gesetzt und das neue Live-Album von Leonard Cohen eingelegt. I tried to leave you , Suzanne , No way to say goodbye . Die Musik und die Texte hatten ihn fast um den Verstand gebracht. Ruhe hatte er erst bei den harten Riffs von Bugs Hendersons Heartbroke Again gefunden.
    Heinz-Jürgen Schrievers konnte seine Genugtuung kaum verbergen. »Ich weiß nun, was diese zwei Wörter bedeuten.« Seine immer noch gut hundert Kilogramm bebten vor Anspannung.
    »Was meinst du? Schrievers schwitzt?« Ecki feixte, denn

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