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Totenstimmung

Totenstimmung

Titel: Totenstimmung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnold Kuesters
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wird niemand mehr sein.«
    Das vierstöckige Gebäude lag in der Sonne. Wilder Wein rankte an der Fassade bis fast zum Flachdach. In den Parkbuchten standen mehrere Fahrzeuge. Ecki vermutete, dass es sich bei dem Volvo, dem VW Passat und dem roten Renault-Kombi um die Autos der Betreuer handelte. Gerade wurden mehrere Stühle aus einem Mercedes Sprinter auf ein Rollbrett geladen.
    Das große Lamellentor stand offen. Von drinnen war das hohe Singen einer Kreissäge zu hören.
    Im Eingang zur Werkstatt stapelten sich Kisten und Kartons. Aus einem großen Behälter quollen Reste von Flechtrohr.
    In einem hallenartigen Raum, der den eigentlichen Therapie- und Werkstatträumen vorgelagert war, standen reihenweise Stühle und Sessel mit und ohne Geflecht, an Tischchen, deren Geflecht zum Teil erheblich zerstört war, lehnten schadhafte Heizungsabdeckungen. Das Flechtgeschäft schien zu boomen.
    Frank ging zielstrebig auf das staubige Büro zu, in dem er schon einmal auf den Werkstattleiter gewartet hatte. Aber diesmal war er nicht gekommen, um Stühle abzuholen. Es roch wieder nach Leim, Holz und Kaffee.
    Auf einem Regal spielte ein Radio leise WDR 4-Musik.
    »Cool. Udo Jürgens.« Ecki sog die Luft tief in seine Lungen. »Und wie das riecht.«
    »Was kann ich für Sie tun?« Friedhelm Claßen kam aus einem Raum, der hinter dem Büro lag, und zog die Tür hinter sich zu. Er runzelte die Stirn. »Haben Sie noch Stühle hier?«
    Frank verneinte und stellte Ecki vor.
    »Ist Tommy da? Wir möchten ihn gerne sprechen.«
    Claßen setzte sich hinter seinen Schreibtisch und ordnete erst einige Papiere, bevor er antwortete. »Sie sind von der Polizei? Was wollen Sie von Tommy?«
    »Können Sie ihn bitte holen? Wir haben nur ein paar Fragen.«
    Friedhelm Claßen schüttelte den Kopf. »Hören Sie, das geht so nicht.« Er sah Frank misstrauisch an. »Sie wissen, dass Tommy behindert ist? Sie können ihn nicht einfach befragen. Worum geht es überhaupt?«
    Ecki räusperte sich. »Wir ermitteln in mehreren Mordfällen.«
    »Mord? Du heiliger Strohsack!« Der schmale Werkstattleiter nahm seine Brille ab und begann, sie umständlich zu putzen. Dabei wiederholte er noch einmal: »Mord?« Umständlich setzte er die Brille wieder auf. »Was hat Tommy damit zu tun?«
    »Können wir Tommy jetzt sprechen? Bitte.«
    »Tommy ist nicht hier.«
    Claßen war nervös. Dass die Ermittlungen in Mordfällen bis an seine Werkstatttür reichten, behagte ihm nicht. Fahrig begann er erneut, Unterlagen zusammenzuschieben.
    »Er ist nicht hier?« Frank war irritiert.
    »Er ist krank. Schon seit ein paar Tagen.«
    »Krank?« Ecki zückte sein Notizbuch.
    »Ja, eine starke Erkältung. Er ist bis kommende Woche krankgeschrieben.«
    »Sind Sie sicher?« Frank glaubte Claßen kein Wort.
    »Warten Sie, ich habe hier die Krankmeldung.« Claßen begann hektisch auf seinem Schreibtisch zu suchen. Erfolglos stapelte er Rechnungen, Ordner und Kladden von einer Seite auf die andere. »Sie muss hier irgendwo sein. Ich habe sie gestern noch gesehen.«
    »Kann es sein, dass es gar keine Krankmeldung gibt?« Frank wechselte unwillkürlich seine Position. Von seinem neuen Standort aus konnte er einen Fluchtversuch Claßens verhindern. Auch Ecki hatte sich unmerklich bewegt.
    »Was soll das heißen? Hören Sie, Tommy ist krank. Rufen Sie doch im Haus Emmaus an. Dort wird man Ihnen das bestätigen. Was soll das Ganze überhaupt?« Friedhelm Claßen sah irritiert von Frank zu Ecki.
    »Wie ist die Nummer?« Ecki zückte sein Mobiltelefon.
    Eine halbe Stunde später zog Frank vor einem hellen Gebäude, das in einer Seitenstraße nahe Schloss Wickrath stand, den Zündschlüssel. Gott sei Dank, dachte er, als dabei die letzten Töne von Drob’n auf’m Berg der Jungen Zillertaler verklangen. Wurde Zeit, dass er wieder die Musik aussuchen durfte. Er hatte schon die einzig wahre Alternative zum Zwergenlied parat: Hellbound Train von Savoy Brown.
    »Was grinst du so blöd?«, fragte Ecki, während er umständlich aus dem Mondeo stieg.
    »Ich stell mir gerade dich mit roter Zipfelmütze vor.«
    »Ja, und?«
    »Ein KHK mit roter Zwergenzipfelmütze. ›Drob’n auf’m Berg‹.«
    Ecki überhörte den Spott. »Ich fahre gerne ins Allgäu.«
    Frank grinste nur.
    Der Eingangsbereich des Wohnheims war großzügig und hell. Aus der Tiefe des Hauses erklang laute Musik.
    »Gott«, murmelte Frank kopfschüttelnd.
    Ecki grinste zufrieden. Er mochte Die Jungen Zillertaler.
    Aus einem

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