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Totenstimmung

Totenstimmung

Titel: Totenstimmung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnold Kuesters
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»Ich kenne nur Papiere mit offiziellen Stempeln.«
    »Die man so oder so besorgen kann. In Moldawien zum Beispiel.«
    »Davon weiß ich nichts. Wenn die Visa in Ordnung sind, nehme ich die Leute mit. Ich habe keine Lust, an der Grenze Scherereien zu bekommen. Bisher ist immer alles glatt gegangen. Also sind die Papiere auch in Ordnung gewesen.«
    »Sie kennen die Beamten an den Grenzen?«
    »Meinen Sie, ich schmiere?« Als Janowitz sich vorbeugte, zeichneten sich seine Schultern spitz unter seinem Pullover ab.
    »Und? Wie ist die Antwort?«
    »Unsinn. Ich kann es mir nicht leisten aufzufallen. Ich brauche diesen Job.« Die Sonne irritierte ihn.
    »Okay«, Jasmin Köllges hatte ihr Stück nun zur Hälfte geschafft, »haben Sie mir jetzt etwas zu sagen oder nicht? Ich habe keine Lust, den ganzen Nachmittag hier zu verbringen.«
    »Also, wenn Sie es genau wissen wollen, ja.«
    »Ja?« Jasmin hätte sich fast verschluckt.
    »Ich kenne Fahrer, die arbeiten aber nicht bei uns, die nehmen schon mal Behinderte mit.«
    »So?«
    »Es waren immer die gleichen Begleiter im Bus, aber immer andere Behinderte.« Janowitz lehnte sich zufrieden zurück, als habe er gerade das letzte große Geheimnis aus der Welt des Verbrechens gelüftet.
    »Und weiter?«
    »Nichts weiter.«
    »Das ist alles?«
    »Die Kollegen kriegen schon mal ein paar Euro extra, weil die Behinderten manchmal Ärger machen. Sie kotzen den Bus voll, weil sie die Fahrt nicht vertragen, und so.«
    »Und so?«
    »Genau.«
    »Wie heißt das Unternehmen? Wie heißen die Fahrer? Ich brauche Namen.« Jasmin versuchte vor lauter Aufregung ihr Bein zu beugen. Der Schmerz ließ sie zusammenzucken.
    »Ich bin doch nicht lebensmüde.«
    »Hören Sie«, Jasmin Köllges streckte ihr Bein vorsichtig, »was soll das Getue? Sie machen einen auf Wichtig, zitieren mich hierher, und dann kommen Sie mit dieser dünnen Story. Ich kann Sie auch ins Präsidium bestellen, dann wird’s ungemütlich. Das verspreche ich Ihnen.«
    Janowitz’ Gesicht wurde noch grauer. »Hören Sie, ich will keinen Ärger. Ich«, er unterbrach sich, »bin nicht gesund, wissen Sie. Ich brauche das Geld. Die Touren sind schon beschissen genug. Wenn ich auf der Straße sitze, kann ich mich gleich aufhängen.«
    Welches Spiel spielte Janowitz, oder war er wirklich die arme Sau, die er vorgab zu sein? Jasmin Köllges sah den Busfahrer argwöhnisch an. »Sie können sicher sein, dass wir Ihre Informationen äußerst sorgfältig behandeln. Niemand wird erfahren, dass wir die Hinweise von Ihnen haben.«
    Janowitz schwieg und winkte stattdessen der Bedienung, bei der er ein Glas Leitungswasser bestellte. Ohne auf die Polizeibeamtin zu achten, zog er ein weißes Briefchen aus einer Hosentasche und schüttete den pulverartigen Inhalt in das Glas. Nachdem er umgerührt hatte, trank er in großen Schlucken. Erst dann sprach er weiter.
    »Transalleuro. Die fahren regelmäßig die Polentour, aber auch Ungarn und Tschechien. Ein großer Laden, zwanzig Busse. Graublaues Logo. Die Fahrer sind fast alle Subs.«
    »Scheinselbstständige?«
    Janowitz’ Schweigen war beredt.
    »Transalleuro. Und die sitzen wo?«
    »Nicht weit von hier. In Birth.«
    »Namen?«
    »Muss das sein?« Janowitz unterdrückte ein Aufstoßen.
    »Keine Sorge, Sie werden nicht ins Spiel gebracht.« Jasmin versuchte ein Lächeln. Sie wollte endlich gehen.
    »Hören Sie, ich habe mit alldem nichts zu tun. Ich will nur meine Ruhe. Verstehen Sie?«
    Der Busfahrer nannte zögernd drei Namen, die sie auf ihrer Serviette notierte. Danach wollte sie nur noch das Lokal verlassen. Es erschien ihr wie eine Ewigkeit, bis endlich jemand zum Kassieren kam. Es war die Frau mit dem Knieleiden.
    Die Auswertung der Videos hatte das ganze Wochenende über gedauert. Frank und Ecki hatten sich mit Bittner und Torsten Linder sowie zwei weiteren Kollegen abgewechselt. Die Arbeit in dem winzigen Verschlag hinter dem Pult mit den drei Monitoren war mehr als ermüdend gewesen. Gefunden hatten sie lediglich Menschen in Wochenendstimmung, es gab nur wenige, die missmutig auf dem Markt unterwegs gewesen waren. Mit Interesse und Schmunzeln hatten sie die behinderte junge Frau beobachtet, wie sie sich mit großer Freude über den Markt treiben ließ, an dem einen oder anderen Stand stehen blieb, das Angebot begutachtete, zwischendurch anscheinend selbstvergessen den Kopf in den Nacken legte und in den Himmel schaute; ein Mensch ganz bei sich. Keine Spur von Radermacher.
    Die Kollegen,

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