Totentanz für Dr. Siri - Cotterill, C: Totentanz für Dr. Siri - Disco for the Departed
Dorfbewohner hießen sie verwirrt willkommen und führten sie zur Hütte des Schamanen, der in einer Ecke saß und sich langsam hin und her wiegte. Mit einer müden Armbewegung bat er die Fremdlinge herein. Er war um die vierzig, muskulös und freundlich, aber derart
benebelt, dass Siri und Dtui bei seinen Worten beinahe eingeschlafen wären. Er hatte angeblich einen Trank aus heimischen Kräutern erfunden, der, dreimal täglich eingenommen, jedes Hungergefühl vertrieb. Er versetzte ihn außerdem in einen anhaltenden Rauschzustand, den er nur ungern durch Arbeit unterbrach.
»Wissen Sie«, lallte er mit schwerer Zunge, »ein Exorzismus bedarf gründlicher Vorbereitung. Das kann viele, viele Tage dauern. Manchmal sogar Wochen. Jahre.« Er hatte offenbar keinen Schimmer, wer ihm gegenübersaß. Dr. Siri wusste nur zu gut, dass sich ein Exorzismus notfalls auch binnen einer Stunde zuwege bringen ließ. Sofern die geistige Verfassung des Schamanen es erlaubte. Was hier eindeutig nicht der Fall war.
»Großer, verehrter Hexenmeister«, sagte Siri. »Sie haben selbstverständlich Recht. Aber hier in Ihrem Dorf liegt eine arme, bedauernswerte Frau in Betelnussblätter gehüllt, die nicht verbrannt werden kann, solange ihre Seele nicht in ihren Körper zurückgekehrt ist. Wir haben Ihnen diese Seele mitgebracht, sie steckt im Körper dieses kleinen Mädchens. Einen Exorzismus kann man das kaum nennen – ich würde es eher mit einer Yamswurzel vergleichen, die es in einen anderen Garten umzusetzen gilt. Es könnte einfacher nicht sein.«
Ganz so einfach war es natürlich nicht, aber Siri brauchte den Schamanen nur dazu zu bringen, sein Handwerkszeug zusammenzusuchen, den Rest würde Yeh Ming erledigen. Der Schamane stieß einen langen, tiefen Seufzer aus und begann die damit verbundenen Schwierigkeiten aufzuzählen. Siri hatte für solchen Unsinn keine Zeit. Er beschloss, dem Mann ein wenig Feuer unter dem Hintern zu machen. Er ergriff seine Hand und drückte sie fest. Die
Anwesenden bemerkten, wie mit dem Schamanen eine Veränderung vor sich ging. Er schien Dinge zu schauen, die außer ihm niemand sehen konnte. Als würde er mit Informationen vollgepumpt wie ein Autoreifen mit Luft. Bevor er platzen konnte, ließ Siri seine Hand los.
»Warum haben Sie das nicht gleich gesagt?« Der Schamane lächelte. »Herzlich willkommen.«
Binnen Stundenfrist standen die nötigen Requisiten bereit. Der Schamane trug einen roten Umhang mit heruntergezogener Kapuze. Es war eine bescheidene Angelegenheit. Außer den beiden Betroffenen, dem Schamanen, Siri und Dtui waren nur drei Zeugen zugegen, unter ihnen auch die Ehefrau des Schamanen, die diverse Schlaginstrumente spielte, was sich anhörte wie eine Schublade voll klappernder Küchenutensilien. Normalerweise hätte es Siri nicht gestört, aber jetzt verursachte ihr mangelndes Rhythmusgefühl ihm bislang ungekannte Qualen.
Er hatte all das schon einmal erlebt, wenn auch in ungleich größerem Maßstab, doch für Dtui war es die erste paranormale Zeremonie, und sie wollte, sie hätte die Geistesgegenwart besessen, die Kamera aus der Pathologie mitzunehmen. Fasziniert betrachtete sie das Tablett, auf dem Steine und Schmuckgegenstände, ein Dolch und, als Opfergaben, Zigaretten und Lebensmittel lagen. Den Kegel aus kunstvoll gefalteten Bananenblättern, den sie schon des Öfteren bei Hochzeiten und Beerdigungen, aber noch nie so üppig geschmückt gesehen hatte. Lange, ungesponnene weiße Baumwollfäden zogen sich von der Spitze des Gebildes zu Panoy und Frau Wunderlich, die rücklings auf dem Fußboden lagen. Zu ihrer aller Glück hatten die Frauen des Dorfes den Leichnam der alten Dame mit Parfüm und Moschusölen eingerieben, die den
Verwesungsgeruch des Todes so weit dämpften, dass die Zeremonie stattfinden konnte.
Der Schamane hockte volle zwanzig Minuten im Schneidersitz vor dem Schrein und skandierte eine Reihe reichlich abgedroschener Mantras. Ein zeremonieller Dolch ragte aus der lockeren Erde zu seinen Füßen. Siri schloss die Finger um sein Amulett. Ein nervöser Angstschauer kroch ihm ins Genick. Bei seinem letzten Exorzismus hatten die Phibob den Schamanen getötet und Siri fast das Leben ausgesaugt. Diesmal war er besser vorbereitet, trotzdem hoffte er inständig, dass die bösen Geister zu so früher Stunde noch schliefen.
Der Schamane, der dem Nirwana ohnehin ein Stückchen näher schien als viele andere, verfiel rasch in Trance. Seine Frau zog ihm die Kapuze über
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