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Totentanz für Dr. Siri - Cotterill, C: Totentanz für Dr. Siri - Disco for the Departed

Totentanz für Dr. Siri - Cotterill, C: Totentanz für Dr. Siri - Disco for the Departed

Titel: Totentanz für Dr. Siri - Cotterill, C: Totentanz für Dr. Siri - Disco for the Departed Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Cotterill
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der zweite Schock.«
    »Um Gottes willen. Warum?«
    »Sie hat mir einen Brief vorgelesen.«
    »Schlechte Nachrichten?«
    »Das weiß ich noch nicht genau.«
    »Aber sie haben Ihnen einen Schock versetzt?«
    »Ich bin vor Schreck fast gestorben.«
    »Wollen Sie mir vielleicht verraten, was in dem Brief stand?«
    Eine Prozession von rosa und gelb gewandeten Musikern betrat den Saal und verschwand samt Instrumenten im Orchestergraben. Es war eine Schande, dass man ihre wunderschönen Kostüme nur ein paar Sekunden lang zu sehen bekam. Kurz darauf stiegen auch schon die ersten Töne aus dem Graben auf und wurden von dem ausgeklügelten Lautsprechersystem bis unter die gewölbte Decke
getragen. Die ganze Höhle vibrierte. Die natürliche Akustik, ohne elektronische Verstärkung, hätte einen ungleich angenehmeren Klang produziert. Siri spürte Dtuis warmen Atem, als sie ihm ins Ohr brüllte.
    »Er war vom Prüfungsausschuss.«
    »Und?«
    »Ich soll im Dezember in die UdSSR fliegen.«
    »Sie haben bestanden?« Die Ouvertüre gelangte unvermittelt an ihr Ende, und Siris Freudenschrei zerriss die Stille. Einige Parteibonzen wandten den Kopf, aber das gemeine Volk lachte und bedachte das unsichtbare Orchester mit stürmischem Beifall. Siri genierte sich nicht im Geringsten. Im Gegenteil. Am liebsten wäre er auf die Bühne gestürmt und hätte es öffentlich verkündet. Er küsste Dtui auf die Wange und hielt bis zum Schluss des Konzerts breit grinsend ihre Hand.
    Die Veranstaltung dauerte bis in die Nacht. Wunderschöne vietnamesische Ballerinen in Armeeuniform drehten auf Turnschuhen Pirouetten. Akrobaten stellten mit Stühlen schier unglaubliche Dinge an. Ein Mädchen balancierte kopfüber auf einem Esel, der im Kreis lief und auf ein Stromkabel pisste, das daraufhin zu qualmen anfing. Ein kleiner Engelschor mit roten Halstüchern und Baretten schmetterte Parteilieder, die Ballerinen kamen noch einmal auf die Bühne und vollführten einen mitreißenden Tanz mit Gewehren, und ein nordvietnamesischer Popstar sang eine romantische Ballade, die dem alten Mann die Tränen in die Augen trieb.
    Die letzte Nummer des Abends war ein laotischer ramwong -Tanz, der sich von der Bühne in den Saal hinunterschlängelte, wo sich Zuschauer um Zuschauer in den Zug der Tanzenden einreihte. Civilai sprang als einer der
Ersten auf. Er winkte, als er Siri erblickte, der inständig hoffte, dass sein Freund seine Federboa in Vientiane gelassen hatte. Da den Zuschauern hinter der Militärabsperrung die Teilnahme an der bizarren Polonaise verboten war, blieben sie einfach, wo sie waren, und tanzten auf der Stelle. Dtui und Siri sahen einander an, wippten im Rhythmus der Musik und ahmten sich gegenseitig nach.
    Hinter ihr, im Schatten der Nebenhöhlen, in den Ecken und Winkeln, sah Siri, wie die Verstorbenen zusammenströmten. Sie warteten geduldig, bis sie an der Reihe waren. Nachdem die alten Männer zu Bett gegangen waren, sollte eine offizielle Party für alle Jungen und Junggebliebenen stattfinden. Aus gegebenem Anlass durfte die laotische Jugend bis in die frühen Morgenstunden tanzen. Obwohl die Feiernden nichts davon ahnten, wusste Siri, dass die Geister sich die Chance, mit den Lebenden eine kesse Sohle aufs Parkett zu legen, um keinen Preis der Welt würden entgehen lassen.
     
    Da Civilai für moderne Musik wenig übrighatte, flog er gleich nach dem Konzert mit den anderen Partymuffeln nach Vientiane zurück. Im Hubschrauber war noch Platz, und so nahm er Siri und Dtui einfach mit. Trotz des Rotorenlärms genoss Civilai den Flug, weil er sich die Ereignisse der vergangenen zehn Tage von Siri ins Ohr brüllen ließ. Inzwischen fristete er ein derart ödes, eintöniges Dasein, dass Siris wundersame Geschichte auf ihn regelrecht belebend wirkte.
    »Warum haben die Vietnamesen Isandro nicht gefunden, als sie die Leiche des Mädchens entdeckten?«, fragte Civilai und stieß damit zielsicher in eine der wenigen Lücken in Siris Beweisführung.

    »Ich nehme an, Odon begrub erst seinen Freund und tarnte das Grab, damit es nicht entdeckt wurde, bevor das Ritual vollzogen war. Als er mit Hong Lan dann ebenso verfahren wollte, kamen ihm die Soldaten dazwischen.«
    »Willst du die Sache nicht lieber der Polizei übergeben? Du hast doch genügend Beweise gegen die vietnamesische Miliz und den Späher wegen des Mordes an Odon?«
    »Ich fürchte, die Armee wird das Problem auf ihre Weise lösen.«
    »Wie es so ihre Art ist.« Damit war eigentlich

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