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Totentanz

Totentanz

Titel: Totentanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veit Heinichen
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als ich die Schweinerei aus dem Briefkasten zog?«
    »Stimmt, der Mann mag dich wohl«, sagte die Schwarzhaarige, stieß die Aufzugtür auf und ging schnellen Schrittes den Flur hinunter. Die Tür ihrer Wohnung war verschlossen, und Einbruchspuren waren nicht zu sehen. »Hier ist nichts. Was ist los?«
    »Die Analyse der Fingerabdrücke war aufschlußreich.« Pina zog die Waffe aus dem Bund, als die Konsulin sich zu ihr umdrehte. Sie starrte in den Lauf der Pistole. Pina öffnete mit der anderen Hand die Tür zu ihrem eigenen Appartement. »Wir gehen hier hinein«, sagte sie und machte eine unmißverständliche Kopfbewegung. Noch war sich die Konsulin nicht über die Absicht der Inspektorin schlüssig, verharrte unbeweglich und taxierte die kleine Frau. Doch der Wink mit der Pistole war so eindeutig, daß sie nachgab. Pina befahl ihr, sich auf einen Stuhl zu setzen und die Hände auf dem Rücken zu verschränken.
    »Was soll das?« fauchte Petra Piskera und kam dem Befehl erst nach, als Pina mit der Beretta auf ihren Kopf zielte und den Hahn spannte. Kurz darauf fühlte sie das kalte Metall der Stahlfesseln um ihre Handgelenke.
    »Du wirst für eine Weile mein Gast sein, Tatjana«, sagte Pina und setzte sich ihr gegenüber. »So heißt du doch wirklich. Tatjana Drakič. Oder bestehst du noch auf einer weiteren Überprüfung deiner Fingerabdrücke? Ich sag’s übrigens nur zur Sicherheit: Mach keine Dummheiten. Sie kämen dich teurer zu stehen als das kleine Geschäft, das ich dir jetzt vorschlage.«
    Die Schwarzhaarige biß sich auf die Lippen und wartete ab. Pina leerte den Inhalt ihrer Handtasche auf den Tisch.
    »Warum die Weiber immer ihren ganzen Hausstand mit sich tragen, bleibt mir bis heute ein Rätsel«, sagte sie und fand endlich das Mobiltelefon der Dame. »Du tust jetzt, was ich dir sage. Genau das, ist das klar?«
    Sie drückte den Knopf des Telefonbuchs, bis sie fündig wurde, gab den Befehl zum Wählen und hielt das Gerät ans Ohr der Konsulin. »Sag, daß du entführt wurdest. Wenn du aber meinen Namen nennst, geht das Ding hier los.« Zur Bekräftigung drückte Pina die Waffe an ihre Schläfe. »Eine Million Euro bis morgen achtzehn Uhr. Und sag, daß es mir ernst ist. Sollte nur eine einzige gefälschte Note dabeisein, ist dein Leben ohne weitere Verhandlungen verwirkt. Geld gegen Schweigen und Leben. Eigentlich kommst du viel zu billig weg. Weitere Anweisungen folgen.«
    »Und mit wem soll ich sprechen?«
    »Mit deinem Bruder, du Äffchen.«
    *
    Zvonko hielt den Kurs auf Triest vorwiegend entlang der Küste. Der aufziehende Sturm mit zunehmend bewegter See ließ keine schnelle Fahrt zu. Er hatte das kleinere Boot gewählt, eine Sea Ray 315, die kaum Tiefgang hatte und mit etwas mehr als neun Metern wendiger war, aber trotzdem fünfunddreißig Knoten lief – sofern das Meer platt wie ein Spiegel war. Ein Gerät zum Abhauen, wie er sich ausdrückte, aber keines für lange Fahrten. Sie brauchten fast doppelt so lang wie beim erstenmal. Milan kämpfte mit Übelkeit und mußte deswegen auch noch den Spott Zvonkos über sich ergehen lassen, der, in Split geboren, sich stets über alle aus dem Binnenland lustig machte. Bei Umago wechselte er den Kurs und zog das Boot gegen Westen hinaus, bevor sie die slowenischen Gewässer erreichten. Die Linie zwischen der Landzunge von Piran und der Halbinsel Grado durchfuhr er mit Kurs auf die Mitte der Steilküste. Zvonko orientierte sich am weißen Kirchturm von Santa Croce, der mit seinem Zwiebeldach über die Pinien hinausragte, die das Dorf umgaben, und sah mit Genugtuung die grellen Blitze, die aus der pechschwarzen Wolkenwand über dem Karst zuckten. Auch das Meer im Norden hatte sich dunkel verfärbt und schob immer größere Wellenkämme vor sich her. Je miserabler das Wetter, desto leichter für sie.
    »Wechsel die Flagge aus«, sagte Zvonko, und Milan kam widerwillig und mit grünem Gesicht dem Befehl nach, die Tricolore am Heck anzubringen.
    »Es ist sicherer, auch wenn ich mir kaum vorstellen kann, daß bei diesem Wetter die Bullen freiwillig rausfahren.«
    »Und was ist das dort?« fragte Milan und wies nach links.
    »Mist«, sagte Zvonko. Jetzt sah auch er das Polizeiboot, das nicht allzuweit von der Steilküste entfernt hinter den Miesmuschelzuchten stand. »Wir nehmen den kleinen Hafen dort drüben.«
    »Und dann?« fragte Milan, der sich eine Regenjacke überzog und gut genug wußte, daß man von dort nur zu Fuß weiterkam, zu steil fiel hier die

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