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Totentanz

Totentanz

Titel: Totentanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veit Heinichen
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und schlug sich durchs Blätterwerk in die entgegengesetzte Richtung, in der Milan verschwunden war. Sie würden sich später wieder treffen, wie sie es schon oft gemacht hatten. Ihre Verfolger müßten sich ebenfalls aufteilen, wenn sie beide stellen wollten. Zvonko mußte sie ablenken, damit sein Kollege den Koffer in Sicherheit bringen konnte. Trotz des stechenden Schmerzes riß er immer wieder an den Rebstöcken, um auf sich aufmerksam zu machen. Und plötzlich stand er vor einem Zaun. Unverletzt hätte er ihn wie eine Katze überwunden, doch jetzt tastete er sich an ihm entlang und suchte eine Stelle, wo er den Draht zur Seite biegen und durchschlüpfen konnte. Er hörte Schritte hinter sich und legte sich auf den nassen Boden. Endlich sah er die beiden Polizisten, die gebückt unter den Reben einen Weg in seine Richtung suchten. Sie sollten ruhig näher kommen. Zvonko wechselte mit der gesunden Hand das Magazin. Diesmal zog er den Lauf so leise wie möglich durch. Jetzt kam endlich seine Chance. Vier Mal drückte er ab. Der vorderste Mann sank zusammen und blieb bewegungslos liegen, doch der zweite Polizist war plötzlich verschwunden, obwohl Zvonko sicher war, auch ihn getroffen zu haben. Er hob den Zaun so weit an, wie er es mit dem gesunden Arm schaffte, und rutschte unter ihm durch. Auf dieser Seite war das Land nicht bestellt. Er schlug sich in das Gestrüpp, und als er sich sicher fühlte, hielt er den Atem an und horchte. Niemand folgte ihm, das einzige, was er hörte, war das Wimmern des Polizisten, den er niedergestreckt hatte. Vergebens versuchte Zvonko, Milan auf dem Mobiltelefon zu erreichen, als er in der Ferne das Heulen der Sirenen mehrerer Streifenwagen hörte. Zvonko entschied, sich alleine zum Boot durchzuschlagen. Hier würde es in Kürze unangenehm werden. Milan würde den Weg schon finden.
    *
    Als Pina Cardareto ins Büro zurückkam, wurde ihr von Marietta ausgerichtet, daß sie sich umgehend bei einem tobenden Questore melden sollte. Pina platzte mitten in eine Sitzung. Zwei Stühle waren frei geblieben, der von Laurenti und ihrer. Sie murmelte eine Entschuldigung und setzte sich. Zwei Stunden war sie spurlos verschwunden gewesen, und in der Zwischenzeit war die Hölle ausgebrochen. Der Questore putzte sie vor den anwesenden Kollegen derart herunter, daß es ihr schwerfiel, ruhig zu bleiben. Er verlangte ihren schriftlichen Bericht und drohte sogar damit, ihr den Fall zu entziehen und, wie er es formulierte, jemandem zu übertragen, »der zuverlässig ist und professionell, selbst wenn er über weniger Punkte verfügt als die Inspektorin«, deren Diensteifer er ab sofort unter die Lupe nehmen würde.
    »Wo zum Teufel haben Sie Ihren Mittagsschlaf gehalten, und weshalb waren Sie auch telefonisch nicht erreichbar?«
    Die kleine Inspektorin räusperte sich und blickte in die Runde. »Ich hatte meine Gründe. Aber schließen Sie bitte zuerst Ihren Bericht ab. Ich hasse Unterbrechungen.«
    Es fehlte nicht fiel, und der Questore hätte Feuer gespuckt. Doch Pina besann sich rechtzeitig und kam ihm zuvor. »Ich befürchte, die Konsulin will sich absetzen.«
    »Und worauf stützen Sie sich?«
    »Instinkt, Questore. Noch habe ich keine Beweise, aber ich glaube, daß sie Vorbereitungen trifft. Ich wollte das überprüfen.«
    »Und wurde Ihr fabelhafter Instinkt bestätigt?«
    »Leider nein, Chef. Noch nicht.«
    Der Questore gab mit einer Handbewegung dem Leiter des Streifendienstes das Wort, der in seinem Bericht durch Pinas Verspätung unterbrochen worden war. Einer seiner Leute wurde soeben in Cattinara operiert, während der andere gerade noch einmal davongekommen war. Auf einem Grundstück unterhalb von San Primo wollten sie zwei Männer überprüfen, die sofort das Feuer eröffneten. Die beiden Täter konnten spurlos verschwinden, obwohl einer von ihnen angeschossen wurde. Die Notaufnahmen der Krankenhäuser im Umland waren informiert. In alle Richtungen, die von der Küste wegführten, waren Straßensperren eingerichtet, und jedes einzelne Fahrzeug wurde durchsucht, weshalb es vor allem auf der Strada Costiera bereits zu einem kilometerlangen Stau gekommen war und in der Questura telefonisch wütende Proteste eintrafen. So etwas hatte es in Triest seit Jahrzehnten nicht gegeben.
    Als Pina Cardareto nach einer langen Stunde wieder in ihr Büro kam, saß Galvano bei Marietta und blätterte eine Akte durch.
    »Lauter Spezialisten, ohne Ende konsultiert einer den anderen in Umweltfragen und

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