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Totentöchter - Die dritte Generation

Totentöchter - Die dritte Generation

Titel: Totentöchter - Die dritte Generation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: cbt Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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auf die andere Seite und da steht Linden vor meinem Bett. Im Mondlicht ist er kaum zu erkennen. Er streicht mir das Haar aus dem Gesicht. »Komm her«, sagt er und zieht mich an sich.
    Ich leiste keinen Widerstand. Meine Hände zittern, als ich mich an seinem Hemd festhalte. Seine Wange an meiner ist warm, sie schmilzt die eisige Haut meines Traumes weg.
    Auf der anderen Seite des Flures höre ich das Baby hicksen, dann fängt es an zu jammern. Ich will aufstehen, aber Linden drückt mich zurück aufs Bett.
    »Ich muss gehen«, sage ich. »Es ist meine Schuld. Ich habe ihn geweckt.«
    »Du zitterst«, sagt er. Mit dem Handrücken berührt er meine Stirn. »Und du könntest auch ein bisschen heiß sein? Fühlst du dich krank?«
    »Ich bin nicht krank«, versichere ich ihm.
    »Bleib im Bett«, sagt Linden. »Ich gehe.«
    Ich will gehen. Ich will mich davon überzeugen, dass Bowen immer noch ein kleines Baby ist, dass der gertenschlanke Junge aus meinen Träumen nicht echt ist. Zumindest noch nicht. Ich stehe auf und Linden folgt mir auf die andere Seite des Flurs in Cecilys Zimmer. Sie versucht
aus dem Bett zu kommen, mit wirrem Haar und halb geschlossenen Augen.
    »Ich nehme ihn«, flüstere ich. »Schlaf weiter.«
    »Nein«, sagt sie, und gerade als ich in die Wiege greifen will, schiebt sie mich zur Seite. »Du bist nicht seine Mutter. Das bin ich.«
    Bowen wimmert und hickst, als sie ihn auf den Arm nimmt. Sie beruhigt ihn, summt herzig und setzt sich in den Schaukelstuhl. Aber als sie die obersten Knöpfe ihres Nachthemds öffnet, dreht Bowen sich zappelnd von ihrer Brust weg und wimmert.
    Linden stellt sich hinter mich und legt mir den Arm um die Schultern. »Vielleicht sollten wir es mit der Amme versuchen, Liebes«, sagt er zu Cecily.
    Sie sieht ihn an und Tränen stehen in ihren Augen. »Untersteh dich«, zischt sie. »Ich bin seine Mutter. Er braucht mich. « Ihre Stimme bricht und sie widmet sich wieder ihrem Sohn. »Bowen, bitte …«
    »Mein Vater sagt, das ist in den ersten Wochen normal«, versucht es Linden. »Neugeborene nehmen die Brust nicht leicht an.«
    »Hat er aber«, sagt Cecily. »Da stimmt etwas nicht.« Sie knöpft das Nachthemd wieder zu und steht auf. Mit ihrem Sohn an der Brust geht sie auf und ab. Das beruhigt ihn, innerhalb von Sekunden ist er eingeschlafen.
    »Er war einfach nicht hungrig«, sage ich.
    Cecily sagt darauf nichts. Sie legt Bowen wieder in seine Wiege, beugt sich über ihn und küsst ihn auf die Stirn. Sie hat meinen Traum nicht gesehen: Eine Welt, in der ihr Sohn zu einem mutterlosen jungen Mann mit eigenen unfreiwilligen Bräuten geworden ist – aber hatte
sie selbst Albträume? Ist ihr in den Sinn gekommen, nur ein Mal, dass sie nur ein sehr kleiner Teil seines Lebens sein wird, dass sie eines Tages nichts anderes mehr für ihn sein wird als eine entfernte Erinnerung an rotes Haar und düstere, schöne Akkorde auf einem Keyboard? Wenn er sich überhaupt an sie erinnert.
    »Meine Eltern haben in einem Labor gearbeitet, in dem es eine Kinderstation gab«, erzähle ich ihr. Meine eigene Regel, Linden nichts über mein früheres Leben hören zu lassen, ignoriere ich dabei. Diese Worte sind sowieso nicht für ihn bestimmt. »Alle Babys waren Waisen, und es waren so viele, dass manchmal nicht für jedes Kind jemand da sein konnte. Die Techniker haben deshalb die Aufnahme eines Wiegenliedes abgespielt, damit die Babys sich beruhigten, wenn sie weinten. Aber diejenigen, die im Arm gehalten wurden, wirkten immer viel aufgeweckter. Das waren die Kinder, die lachten und früher als andere lernten, nach Sachen zu greifen.«
    Cecily hat in die Wiege gestarrt, während ich geredet habe, aber jetzt hebt sie den Kopf und sieht mich an. »Was bedeutet das?«
    »Ich nehme an, das bedeutet, dass Babys menschlichen Kontakt verstehen. Sie wissen es, wenn man sich um sie kümmert.«
    »Ich erinnere mich an niemanden«, flüstert Cecily. »Ich bin in einem Waisenhaus aufgewachsen, und ich erinnere mich nicht daran, dass sich je jemand um mich gekümmert hätte. Ich will nur, dass er weiß, dass ich seine Mutter bin. Dass ich hier bin und für ihn sorge.«
    »Das weiß er«, flüstere ich zurück und lege den Arm um sie.

    Sie wischt sich mit der Hand über die Augen. »Er muss sich keine Tonaufnahmen anhören. Er hat eine Mutter. Er hat mich.«
    »Das hat er«, bestätige ich.
    Sie schlägt die Hand vor den Mund, um ein weiteres Schluchzen zu unterdrücken. Cecily war schon immer sehr

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