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Totentrickser: Roman (German Edition)

Totentrickser: Roman (German Edition)

Titel: Totentrickser: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Oldenburg
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für einen Moment war der durchdringende Blick eines Auges auf ihn gerichtet gewesen – der Blick eines einzelnen, herausfordernd starrenden Auges.
    Nein, dachte Falfnin.
    Die Vergangenheit würde niemals ruhen. Nicht, bis er endgültig mit ihr abgeschlossen hatte.
    Er nahm die Verfolgung auf.
    Zielstrebig stiefelte Brom durch die Straßen von Verderbnis und zerteilte die Menge wie ein mit Volldampf vorausschippernder Eisbrecher das Packeis, hin und wieder von einem fettigen Knoblauchfladen abbeißend, den er als Wegzehrung bei einem der zahlreichen Garküchenbesitzer gekauft hatte.
    Ein Zwergenkrieger, der entschlossen seinen Weg verfolgt, kann recht beeindruckende Verdrängungswerte erreichen, besonders dann, wenn er ein zentnerschweres Kettenhemd trägt und ihn eine Wolke von Knoblauchdünsten einhüllt, die geeignet ist, selbst fanatische Verehrer würziger Lauchgewächse an den Rand einer Ohnmacht zu bringen.
    »Nenia!«, rief er ab und zu. »Wenn du brav bist und jetzt gleich herkommst, kauft dir der liebe Onkel Brom auch eine extragroße Portion rosa Zuckerwatte!«
    So richtig glaubte er die Story mit der Entführung nicht – wahrscheinlich war die Kleine wirklich nur an irgendeiner der vielen Komödiantenbuden hängen geblieben und sah jetzt in diesem Moment vergnügt zu, wie der Narrenkasper zum wiederholten Mal von dem bösen Krokodil mit einem großen Paddel vermöbelt wurde (oder umgekehrt).
    Man wusste ja, wie Kinder so waren.
    Was ihn wirklich beschäftigte, war aber etwas ganz anderes, auch wenn er noch nicht bereit war, es sich einzugestehen.
    N’ Abend, Brom flüsterte eine Stimme in seinem Kopf. Wie geht’s, wie steht’s?
    Bestens, antwortete Brom, danke der Nachfrage. Und wer bist du und was machst du in meinem Kopf?
    Ich bin die Stimme deiner Erinnerung, flüsterte die Stimme.
    Was du nicht sagst. Brom kaute an seinem Knoblauchfladen. Kennen wir uns?
    Flüchtig. Wenn du mich nicht andauernd in Finsterklammer Zwitscherer ersäufen würdest, hätten wir vielleicht öfter miteinander zu tun. Aber da ich dich gerade mal halbwegs nüchtern antreffe, möchte ich die Gelegenheit nutzen, um über eine ganz bestimmte Sache mit dir zu sprechen.
    Ach was, sagte Brom. Worum geht es?
    Um etwas, das lange zurückliegt. Du erinnerst dich an Uldi?
    Brom hörte auf zu kauen.
    Keine Ahnung, wovon du redest, knurrte er. Und ich würde vorschlagen, du verschwindest jetzt besser aus meinem Kopf.
    Ich weiß, es ist nicht einfach, aber vor deiner Vergangenheit kannst du nicht ausreißen, bemerkte die Stimme.
    Vielleicht nicht. Brom umklammerte seine Streitaxt. Aber ich kann dafür sorgen, dass meine Vergangenheit vor mir davonrennt.
    Der Zwergenkrieger hielt an und blickte sich um, wohin ihn seine Schritte während der Unterhaltung mit der myteriösen Stimme geführt hatten.
    Er befand sich nun in einer Seitenstraße, die von zahlreichen Geschäften beherrscht wurde, in deren Schaufenstern hauptsächlich Alchimistenbedarf angeboten wurde.
    Brom las das Schild über dem Laden, vor dem er stand.
    Brim Schlangekrauts Alchimistisches Allerlei
    Ich hab es dir gesagt, flüsterte die Stimme.
    Als Brom das Geschäft betrat, wölkte ihm eine verwegene Mischung betäubender Gerüche entgegen.
    Die geschulte Nase eines Kenners hätte die Hauptbestandteile dieses alchimistischen Aromanebels wahrscheinlich sofort identifiziert: Höllenschwefel, destillierte Salamanderessenz, siebenfach geläutertes Quecksilber, gelöteter Dämonenzinn und dergleichen Substanzen mehr, mit denen in Alchimistenkreisen hantiert wurde.
    Vergeblich versuchte Brom die Etiketten der vielgestaltigen Fläschchen und Phiolen zu entziffern, die dicht an dicht auf den Regalen standen. Anstatt sich des gewöhnlichen Alphabets zu bedienen, benutzten Alchimisten ihre eigene verschnörkelte Hieroglyphenschrift – wie Brom allerdings vermutete, nur in der Absicht, den Uneingeweihten gegenüber Eindruck zu schinden.
    Und es wirkt wohl auf die meisten Leute auch tiefsinniger, wenn man ein paar rätselhafte, bedeutsam aussehende Kringel auf ein Etikett malt, anstatt einfach Drachenflatulenzen in Dosen draufzuschreiben.
    Wie vielleicht schon deutlich geworden ist, hatte Brom nicht besonders viel für Alchimisten übrig.
    Die meisten, die er kennengelernt hatte, waren mickrige, käsig bleiche Gestalten, die besser daran getan hätten, sich ein wenig Bewegung an der frischen Luft zu verschaffen, anstatt in finsteren Kellern mit krummen Rücken an ihren

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