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Totentrickser: Roman (German Edition)

Totentrickser: Roman (German Edition)

Titel: Totentrickser: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Oldenburg
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freu mich!«
    »Ich mich auch!«, lächelte Bolgur glücklich.
    Es war doch überhaupt nichts dabei, auf andere Leute zuzugehen. Und er hatte es sich immer so schwer gemacht!
    Bruce, der nette Anti-Schlechte-Laune-Polizist, hatte nicht zu viel versprochen.
    Im Flauschigen Flamingo  – so hieß der gemütliche Club, in den Bolgur eingeladen worden war – gab es in der Tat alles, was man sich nur wünschen konnte: klasse Musik, günstige Getränke und vor allem supersympathische Leute (letztere nebenbei bemerkt ausschließlich männlichen Geschlechts).
    Bolgur tanzte, bis er völlig aus der Puste war und unterhielt sich danach an der Bar angeregt mit Bruce und seinen Freunden, besonders mit einem von ihnen, einem Ork, der glitzernde Stöckelschuhe und eine lilafarbene Federboa trug. Seine Eltern hatten ihn auf den traditionellen Ork-Namen Gorzkluk, der Blutsäufer getauft, aber er bestand darauf, Arabella genannt zu werden.
    »Man muss zu seinem wahren Selbst stehen«, sagte Arabella. »Und wenn einen die Gesellschaft nicht so akzeptieren will, wie man wirklich ist, hat man eben dafür zu kämpfen, mit allen Mitteln, egal, was es kostet. Lange Zeit habe ich geglaubt, dass ich derjenige bin, mit dem etwas nicht stimmt, derjenige, der nicht reinpasst, aber dann ist mir endlich klar geworden, dass ich nur so denken konnte, weil ich mich mit den Augen der anderen gesehen habe und nicht den Mut hatte, meinen eigenen wahren Gefühlen zu trauen.«
    Dem konnte Bolgur nur beipflichten: Es hatte auch in seinem Leben Zeiten gegeben, in denen er sich nicht von der Gesellschaft akzeptiert gefühlt hatte und sich vorgekommen war, als wäre er auf einem fremden Planeten ausgesetzt worden.
    Daraufhin hatte Gorzkluk, der Blutsäufer – alias Arabella – ihn umarmt, und sie hatten beide ein bisschen geweint, was sehr befreiend gewesen war. Dann hatte Arabellas lilafarbene Federboa Bolgur in der Nase gekitzelt und er hatte einen Niesanfall bekommen, worauf sie sehr lachen mussten. Und dann war Bolgur eingefallen, dass er eigentlich irgendetwas oder irgendwen suchen sollte, und er hatte sich leider verabschieden müssen, was alle sehr bedauert hatten, vor allem Arabella und Bruce, der Anti-Schlechte-Laune-Polizist.
    Bolgur versprach aber, unbedingt wieder vorbeizukommen, wenn er das nächste Mal in der Stadt war, und dann auch seine Freunde mitzubringen.
    Kaum auf der Straße, hatte er das mit der Suche jedoch sofort wieder vergessen gehabt.
    Der biochemisch hochexplosive Drogencocktail in seinem Blut erhöhte zwar die Empfänglichkeit seines Gehirns für spontane Eindrücke und Erfahrungen, darüber hinaus verkürzte er jedoch seine Aufmerksamkeitsspanne derart, dass daneben selbst Brom im Finsterklammer-Zwitscherer-Delirium wie ein Bestnotenabsolvent des Fortgeschrittenen-Seminars »Hochkonzentriert durch Transzendentale Meditation, Teil Drei« gewirkt haben würde.
    Alles, was sich jenseits eines schmalen Zeithorizontes von etwa dreieinhalb Sekunden abspielte, verschwand hinter dichten, psychedelisch bunten Nebelschleiern.
    So ließ sich der Barbarenoger durch die feiernde Stadt treiben und gelangte schließlich auf einen großen freien Platz, auf dem zahlreiche Buden, Attraktionen und Fahrgeschäfte aufgebaut worden waren.
    Selbstvergessen stürzte er sich auch hier freudig in den Trubel.
    Wenig später war er bereits fünf Runden Riesenrad gefahren. Er hatte den Besitzer einer Dosenwerfen-Bude K.O. geworfen – der Ball war als Querschläger von dem bemerkenswert stabilen Dosenstapel abgeprallt und hatte den Budenbetreiber so hart am Kopf erwischt, dass der sich fast überschlagen hätte, bevor er zu Boden ging. Wieder bei Bewusstsein, hatte er Bolgur als Hauptgewinn einen riesigen pinkfarbenen Stoffdrachen in die Hand gedrückt und ihm nahegelegt, er möge zusehen, dass er sich schleunigst vom Acker mache.
    Des Weiteren hatte er im Alleingang ein Karussell zum Entgleisen gebracht und genug Zuckerwolle verputzt, um der gesamten Zuckerwolle-Industrie von Workubosch auf Jahre hinaus einen Boom sondergleichen zu garantieren. [ Nur damit sich niemand Illusionen macht: Die Gewinne wandern natürlich fast ausschließlich in die Taschen der Führungselite der großen multinationalen Konzerne und nicht an die armen Schweine, die sich in Vierzehn-Stunden-Schichten auf den endlosen Zuckerwollefeldern die Rücken krumm schuften und mit fünfunddreißig Jahren an Karies und Diabetes sterben, weil ihnen bei den miesen Lohnverhältnissen

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