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Totentrickser: Roman (German Edition)

Totentrickser: Roman (German Edition)

Titel: Totentrickser: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Oldenburg
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er vor vielen Jahren gewesen war, ein Waisenjunge, der im Begriff steht, seinen ersten Auftrag als Berufsmörder zu erledigen.
    Die Art und Weise, wie dieser Wichtelknabe den Dolch in seiner Hand hielt, deutete jedoch daraufhin, dass er besser wusste, was man von ihm erwartete als Falfnin selbst in jener verhängnisvollen Nacht.
    Eine seltsame Ruhe, die ihn sogar seine schmerzenden Wunden vergessen ließ, kam über den Meisterdieb.
    Mühsam richtete er sich auf.
    »Wie heißt du?«, fragte er leise.
    Unsicherheit flackerte kurz in den Augen des Jungen auf, doch sogleich kehrte der frühere, härtere Ausdruck zurück.
    »Falfnin«, entgegnete er und hob seinen Dolch.
    Falfnin (der Ältere) nickte.
    Das schien wirklich mehr als passend.
    War nicht sein Leben seit dem Tod seiner Geliebten eine einzige lange Flucht gewesen? Eine Flucht vor seiner Vergangenheit, was letztlich nichts anderes bedeutete als: eine Flucht vor sich selbst.
    Er hatte später noch viele Geliebte gehabt, mehr als er zählen konnte (bei Nr. Eintausendvier hatte er endgültig den Überblick verloren). Doch wenn er ehrlich war, musste er sich eingestehen, dass sie ihm allenfalls eine kurze Betäubung des Schmerzes hatten bieten können, den er noch immer über den Verlust seiner ersten und einzigen Liebe empfand.
    Es nützte auch nichts, sich einzureden, dass er keine Schuld an ihrem Tod trug. Er hatte keine zwei Meter von ihr entfernt gestanden, als sie starb und nichts unternommen, um ihr zu helfen.
    Dieser Gedanke würde ihn bis an sein Lebensende martern.
    Beinahe spürte er so etwas wie Erleichterung darüber, dass ihn dieses Ende nun auf eine so treffende Weise ereilen sollte.
    »Ich brauche dir wohl nicht zu erklären, wo du zustoßen musst, oder?«, lächelte er schwach.
    Falfnin (der Jüngere) sah ihn zweifelnd an und schüttelte den Kopf.
    »Hab ich mir gedacht. Also, bring es zu Ende. Ich werde mich nicht wehren.«
    Der Junge hob den Dolch und zielte auf die Stelle, an der sich Falfnins Herz befand. Eine gefühlte Ewigkeit schwebte die Spitze wenige Zentimeter über dem Wams des Meisterdiebs.
    Plötzlich näherten sich Schritte, dann erschien Rinalf.
    »Ah!«, rief er. »Welch sinnige Pointe des Schicksals! Falfnin und Falfnin, zwei Generationen, in trauter Gemeinschaft zusammengeführt! Gute Arbeit, Junge, du hast ihn gefunden. Jetzt erledige ihn, und deine Lehrzeit ist abgeschlossen.«
    Die Gesichtszüge des Jungen verhärteten sich. Er biss die Zähne zusammen und holte zum Stoß aus.
    »Na los, worauf wartest du?«
    Die Hand des Jungen zitterte.
    Plötzlich hob er den Blick und sah direkt in Falfnins Augen.
    »Ich will das nicht tun«, sagte er und ließ den Dolch fallen.
    Klirrend landete die Waffe auf den steinernen Fliesen.
    Erstaunt schnappte der Meisterdieb nach Luft.
    »Was?«, schrie Rinalf zornig. »Heb sofort den Dolch auf und bring es zu Ende, oder du wirst das bereuen!«
    »Nein«, sagte der Junge und hielt die Augen weiter auf Falfnin gerichtet.
    Rinalf kam drohend näher.
    »Wir holen dich aus der Gosse, geben dir zu essen, ein Dach über dem Kopf, investieren in deine Ausbildung, und das ist dein Dank? Heb sofort den Dolch auf!«
    »Nein.«
    »Wie du willst. Schwäche wird nicht toleriert. Wir füttern keine nutzlosen Esser durch.«
    Rinalf griff unter sein Wams und machte einen Schritt auf den Jungen zu.
    Doch bevor er ihn erreichte, blieb er plötzlich wie vom Blitz getroffen stehen und tastete nach seiner Kehle.
    Ein Wurfmesser steckte in seinem Hals, zwischen seinen Fingern sprudelte stoßweise das Blut hervor.
    Seine andere Hand kam unter dem Wams hervor und ließ einen Dolch fallen, dann ging er mit einem Röcheln in die Knie und stürzte mit dem Gesicht voran zu Boden.
    Falfnin (der Ältere) sank in den Beichtstuhl zurück und atmete tief auf, sein rechter Arm lag ausgestreckt auf dem Sitzpolster, Daumen und Zeigefinger waren aneinandergepresst, als hielten sie noch immer die Klinge des Wurfmessers fest.
    Wie es aussah, hatte das Schicksal doch andere Pläne mit ihm.
    Schweigend betrachtete Brim die Leiche des Zwergenkriegers.
    »Ruhe in Unfrieden, du armseliger Narr«, sagte er.
    Schon wollte er sich von dem besiegten Gegner abwenden, als etwas Seltsames geschah.
    Die rechte, eben noch zur Faust geballte Hand des Toten hatte sich geöffnet und daraus hervor hüpfte nun etwas Kleines, das gelb-rot in der Dunkelheit glänzte.
    Ein leises Quaken ertönte.
    Brim beugte sich vor und kniff die Augen zusammen.
    »Was

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