Totentrickser: Roman (German Edition)
inne.
»Schon viel besser«, grinste Brom. »Man muss eben nur höflich fragen. Und jetzt: Eine neue Flasche, wiet wiet!« Er klatschte in die Hände und fügte erklärend hinzu: »Das ist vornehm für leg einen Zacken zu. «
An den anderen Tischen wurden die Gespräche wieder aufgenommen.
Selphyne, den starken Drang verspürend, sich unter dem Tisch zu verstecken, schnappte Wendungen auf wie: »Barbarenmanieren!«, »Gossenpöbel!« oder »Nicht einmal in den Schweineställen des Fürsten von Holdernich!«
Nach dem Essen beschloss Nenia, dass es Zeit für eine Partie des beliebten Brettspiels Die Grausigen Verliese von Gornugol war.
»Meine Verwesungs-Hydra setzt die Fähigkeit Abartiger Atem ein«, erklärte die kleine Nachtelfe professionell und würfelte.
»Hundertfünfunddreißig Schadenspunkte«, meinte Brom anerkennend. »Das war’s dann wohl für deine Zauberin, Selphyne.«
Die Gnomenmagierin nahm ihre Figur vom Spielfeld, verschränkte die Arme und lehnte sich zurück.
»Ich kapier dieses Spiel nicht«, sagte sie und gab sich Mühe, so zu tun, als nähme sie die Sache überhaupt nicht ernst.
Sie saßen in ihrer Kabine um den Tisch herum, auf dem das hochkomplizierte Spielfeld der Verliese von Gornogul aufgebaut war. Nenia hatte die Rolle der Verliesmeisterin übernommen, während Selphyne, Brom und Bolgur die drei Helden spielten, deren Aufgabe es war, die mit Fallen und Monstern gespickten Verliese von Gornogul zu durchqueren und am Ende die finstere Hexenkaiserin Ranarsasa zu besiegen.
Im Moment sah es allerdings eher nach einem uneingeschränkten Triumph der Mächte des Bösen aus.
»Du bist dran, Bolgur«, sagte Brom. »Konzentration. Jetzt hängt alles von uns beiden ab.«
Bolgur nahm den Würfelbecher.
»Du brauchst eine Sieben«, erklärte Nenia. »Sonst musst du aussetzen.«
»Ich hab doch schon die letzten drei Runden ausgesetzt!«, beschwerte sich Bolgur.
»Aus der Folterkammer kommt man nur mit einer Sieben raus, Klops«, sagte die kleine Nachtelfe.
Bolgur würfelte.
»Eine Drei!«, grollte er, den Tränen nahe.
»Dann musst du jetzt noch mal würfeln. Bei weniger als Fünf wirst du wahnsinnig und verlierst acht Intelligenzpunkte.«
»Das ist doch unfair!«, klagte Bolgur.
»So sind die Regeln«, stellte Nenia unerbittlich fest.
Unterdessen war Falfnin, ebenfalls dem Spiel keineswegs abhold, sofern er selbst die Regeln bestimmen konnte, zum Mittelpunkt des Kasinos aufgestiegen.
Von fressgierigen Höllenhunden und explodierenden Gehirnkellern hatte er vorerst genug, stattdessen stand ihm der Sinn jetzt mehr nach einer entspannenden Kartenpartie in angenehmer – das heißt vor allem: wohlbetuchter – Gesellschaft.
»So, wer hat noch nicht, wer will noch mal?«, rief er, die drei Karten vor sich auf dem Tisch hin und her wirbelnd. »Die Regeln sind ganz einfach! Wie im richtigen Leben gilt auch im Spiel: Die Dame gewinnt! Ganz einfach, keine geheimen Tricks, wenigstens Eins zu Drei garantierte Gewinnchance! Mindesteinsatz zehn Goldstücke!«
»Die linke Karte«, sagte einer der anwesenden Adeligen, der den blitzschnellen Handbewegungen des Wichtelmeisterdiebs konzentriert mit den Augen gefolgt war, und schob einen Haufen Goldstücke über den Tisch.
»Die linke Karte, sagt der Gentleman mit der beeindruckenden Perücke! Sehen wir nach, ob er recht hat!«
Falfnin drehte die Karte um.
Ein Raunen ging durch die Menge: Es war die Pik Neun.
»Leider nein! Aber wie heißt es so schön: Pech im Spiel, Glück in der Liebe!«
Der glücklose Spieler – es war der Fürst von Holdernich – murmelte eine nicht sehr vornehme Verwünschung und zog sich zurück.
Die nächsten drei, die es versuchten, waren dem Ergebnis nach ebenfalls von der Liebe begünstigt, dafür jedoch vernachlässigt von Zink, dem Gott des Kartenspiels.
Infolgedessen war der Berg aus Goldstücken, der sich vor Falfnin erhob, bereits zu einer respektablen Größe herangewachsen.
»Wie es scheint, haben die Herren derzeit eine kleine Pechsträhne!«, bemerkte der Meisterdieb. »Vielleicht wollen es an ihrer Statt einmal die Damen versuchen? Wer weiß: Schönheit und Glück sind ein liebreizendes Zwillingspaar, so heißt es! Wie wäre es mit Ihnen, junges Fräulein? Sie erscheinen mir wie jemand, den das Schicksal mit seinen reichsten Gaben verschwenderisch zu beschenken liebt!«
Das Fräulein war Antoinette von Edelheim, die junge Wichtelbaroness, die schon bei ihrer ersten flüchtigen Begegnung im
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