Totentrickser: Roman (German Edition)
schneller.
Sie machte einen beherzten Schritt auf das Ding zu und zertrat es mit dem Absatz ihres Schuhs.
Das Augen-Wesen zerplatzte wie eine überreife Frucht und verwandelte sich in eine unschöne Pfütze aus roter, mit Gewebeklumpen durchsetzter Soße.
»Das war ganz lustig«, kommentierte Nenia. »Was machen wir jetzt?«
»Jetzt versuchen wir rauszufinden, was hier verdammt noch mal vor sich geht.«
Selphyne nahm das gläserne Artefakt aus ihrer Tasche.
»Dieses Ding hat irgendwas von … Narvigaltionsmordus oder so gesagt …«
»Navigationsmodus«, korrigierte die Tochter des Totenbeschwörers. »Hab ich auch in meinem Smart-Mirror. Das ist so eine magische Stimme, die sagt: Beim nächsten Friedhof links abbiegen, herzlichen Glückwunsch, Sie haben Ihr Ziel erreicht. «
»Meinst du, du kannst diesen Na-vi-ga-tions-Modus einstellen?«
»Ich kann’s probieren.«
Nenia nahm das Artefakt und tippte konzentriert mit dem Zeigefinger darauf herum.
» Navigationsmodus aktiviert «, meldete sich eine monotone Frauenstimme. » Entfernung zum Ziel: Zweihundertdreißig Meter. Biegen Sie beim nächsten Gang rechts ab. Gute Reise. «
»Ja«, nickte die kleine Nachtelfe. »Genau wie bei meinem.«
»Gepriesen sey Yrth«, grollte Bolgur benommen, während er hinter den Kultisten herwankte.
»Yrth sey gepriesen«, antworteten die Kultisten.
»Yrth, Yrth, Yrth, Yrth, Yrth, Yrth, Yrth«, murmelte Falfnin traumselig.
»Baby, ich will ehrlich mit dir sein«, bemerkte Babylonia, die den Meisterdieb noch immer über der Schulter trug. »Ich mag dich nicht darum, weil du so ein geistreicher Konversationspartner bist.«
Als sich Schritte näherten, blieb sie stehen und sah sich nach einer Möglichkeit um, einer weiteren Begegnung mit den Kultisten aus dem Weg zu gehen.
Ihr Blick fiel auf ein Gitter, das einen Lüftungsschacht in der Wand verdeckte.
Babylonia legte Falfnin auf den Boden und durchsuchte seine Taschen.
»Du hast doch nichts dagegen, wenn ich mir mal dein Diebeswerkzeug ausleihe, oder?«
»Yrth, Yrth, Yrth«, erwiderte Falfnin.
»Ja, das hab ich mir gedacht.«
Sie kniete sich neben das Gitter und drehte flink die Schrauben heraus, mit denen es an der Wand befestigt war.
»Okay«, sagte Brom, »jetzt fängt diese Geschichte irgendwie an, merkwürdig zu werden.«
»Sein Wille lehnt sich noch auf! Erhöht die Hypnodosis!«, rief Akolyth Severin.
In seiner Hand hielt er eines der Augenwesen und näherte es langsam dem entblößten Brustkorb des Zwergenkriegers.
Die anderen Kultisten hatten ihre Kutten geöffnet und richteten die starren Blicke ihrer Brustaugen auf Brom.
»Wisst ihr was?« Der Zwergenkrieger sah zweifelnd in das gierig geifernde Maul der Augenkreatur in Severins Hand. »Ich hab es mir gerade anders überlegt. Agonostizismus – oder wie Cousin Lugbor das nennt – hat doch seine Vorteile.«
Er stieß den Akolythen zurück und erhob sich aus dem Stuhl.
»Der Blick des Sehenden Auges hat keine Macht über ihn!«, rief einer der Kultisten.
»Wie ist das möglich?«, fragte ein anderer.
»Ergreift ihn!«, befahl Severin.
»Na schön«, knurrte Brom. »Dann muss ich euch wohl ein paar Lektionen über den Umgang mit Zwergenkriegern erteilen.
Lektion Eins: Wenn ihr einen Zwergenkrieger aufs Kreuz legen wollt – dann solltet ihr ihm vorher besser seine Streitaxt wegnehmen.«
»Entfernung vom Ziel: Einhundertachtzig Meter. Biegen Sie bei der nächsten Gelegenheit rechts ab.«
»Ziemlich praktisch, dieses Ding«, fand Selphyne. »So was könnte man gut bei der Erforschung von Kerkern und Labyrinthen gebrauchen.«
»Pssst!«
Die Gnomenzauberin blieb stehen und versuchte überrascht festzustellen, woher die Stimme gekommen war.
»Achtung, was Schweres von oben!«
Selphynes Reflexe handelten, bevor ihr Verstand dazu in der Lage war, und ließen sie die Arme ausstrecken.
Erst zwei Sekunden später begriff sie, was sie da gefangen hatte.
»Yrth sey gepriesen«, murmelte Falfnin mit einem entrückten Lächeln im Gesicht.
Im nächsten Moment landete Babylonia vor ihnen.
»Gut reagiert«, meinte die Ex-Novizin. »Willst du ihn übernehmen, oder soll ich ihn weiter tragen?«
Selphyne blickte zu dem Loch in der Decke auf, aus dem die beiden gekommen waren, dann sah sie Falfnin an.
»Was ist denn mit ihm passiert?«
»Nur eine vorübergehende Konditionsschwäche«, erklärte Babylonia. »Aber das ist ganz natürlich. Kann jedem mal passieren.«
Kurz darauf stieß auch Brom zu
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