Totentrickser: Roman (German Edition)
ihnen.
Seine weiße Kutte war mit roten Blutspritzern gesprenkelt, in der Hand hielt er seine Streitaxt aus Diamantstahl.
»Und?«, fragte Selphyne. »Wie war das Ritual?«
»Kurz, aber schmerzvoll«, entgegnete der Zwergenkrieger. »Allerdings nicht für mich. Die haben hier ganz schön einen an der Waffel.«
»Ja«, nickte Selphyne, »das haben wir auch schon bemerkt. Weißt du, wo Bolgur ist?«
»Keine Ahnung. Vorhin hat er gesagt, er will eine Runde spazieren gehen, um nachzudenken.«
»Na, er wird schon allein zurechtkommen.«
»Entfernung zum Ziel: Einhundert Meter. Folgen Sie dem Gang und nehmen Sie die nächste Treppe nach unten.«
»Was ist das denn?« Interessiert betrachtete Brom das gläserne Artefakt.
»Ein Smart-Mirror mit integrierter Navigations-Äpp«, erläuterte Nenia.
»Dolle Geschichte«, bemerkte Brom. »Und was machen wir jetzt?«
»Ganz einfach«, antwortete Selphyne. »Wir tun, was die Navigations-Äpp sagt.«
Ventile fauchten, Riegel klapperten.
Ein warmes Licht fiel auf Bolgurs Gesicht, als die großen Torflügel langsam aufschwangen.
»Tritt ein«, sagten die Yrthianer und postierten sich zu beiden Seiten des Tors. »Die Matriarchin erwartet dich.«
Staunend betrat Bolgur die Halle.
Ihm war, als schreite er leichtfüßig über Wolken dahin. Ein strahlend blauer Himmel wölbte sich über ihm, und eine Treppe aus weißem Marmor führte in die Höhe zu einem goldenen Thron, der von einem Strahlenkranz gleißenden Lichts umgeben war.
Aus dem Licht stieg eine Gestalt die Treppe hinab, deren Füße kaum den Boden zu berühren schienen.
»Willkommen, Bolgur«, sagte sie. »Ich habe dich schon erwartet.«
»Entfernung zum Ziel: Fünfzehn Meter.«
»Wir sind fast da«, sagte Selphyne. »Hoffentlich ist das keine Falle.«
Plötzlich erschien das sechsäugige Gesicht des Biotechnik-Offiziers Zol in dem Artefakt.
» Wer seid ihr? «, fragte er. » Die Sensoren melden, dass ihr meine Handkonsole bei euch habt. «
»Ähm«, sagte Selpyhne. »Spricht das Ding gerade mit uns?«
»Ich glaub schon«, meinte Brom und nahm Nenia das Artefakt aus der Hand. »Keine Sorge, Fremdling«, verkündete er. »Wir kommen in Frieden!«
Es schienen für den Anlass genau die passenden Worte zu sein.
»Ja, tolle Ansprache«, fand Selphyne. »Vielleicht würdest du noch glaubwürdiger rüberkommen, wenn du in deiner Kutte nicht wie ein wahnsinniger Axtmörder aussehen würdest.«
»Ich bin Biotechnik-Offizier Zol. Habt ihr meine Nachricht angehört?«
»Du meinst die, in der es um … Organismen ging und um Mutation und Sterne und um die Geschwindigkeit von Licht und was weiß ich noch alles?«, sagte Selphyne. »Ja, die haben wir angehört. Aber um ehrlich zu sein, hab ich kein Wort verstanden.«
Offizier Zol blinzelte mit seinen sechs Augen – vielleicht war es ein Anzeichen von Nervosität, obwohl das bei seiner anatomisch bedingt höheren Blinzelfrequenz schwer festzustellen war.
» Sind Yrth in der Nähe? «, fragte er. » Bei einem von euch messe ich Anzeichen von Yrth-Aktivität in den Hirnströmen. «
»Da meinst du wohl Falfnin.« Selphyne warf einen Blick auf den Meisterdieb, der schlaff über Babylonias Schulter hing und vor sich hinbrabbelte. »Keine Angst, wir haben ihn unter Kontrolle.«
»Absolut«, bestätigte Babylonia.
» Gut «, zwinkerte Zol. » Ich werde euch die Tür öffnen. Um die Yrth zu täuschen, habe ich sie mit einem Tarnfeld verborgen. Jetzt müsstet ihr sie sehen. «
Eine Tür erschien in der Wand vor ihnen und öffnete sich.
Heraus trat Zol, der Erste Biotechnik-Offizier der Confidenita 9X. Er war etwa einen Meter groß, und es schien ein Wunder, dass er mit dem vergleichsweise riesigen Kopf auf seinem schmächtigen Körper das Gleichgewicht zu wahren imstande war.
»Kommt«, sagte er. »Ich werde euch die Situation erklären.«
»… nach einer genaueren Struktur-Analyse des Yrth-Genoms«, erläuterte Zol und gestikulierte mit seinen dreifingrigen Händen, wodurch sich die bunten, mitten im Raum schwebenden Bilder veränderten, »konnte ich einige höchst bemerkenswerte Sequenzen innerhalb der Tripel-Helix isolieren …«
Selphyne hörte mit einem Ohr zu, während sie sich verwundert in dem Labor umsah.
Nie zuvor hatte sie so viele Knöpfe, Hebel und blinkende Lämpchen gesehen. In großen Flüssigkeitsbehältern schwammen seltsam anmutende Lebewesen, darunter auch die abstoßenden Yrth-Augenkreaturen.
»Wie bitte?«, fragte Selphyne, als sie
Weitere Kostenlose Bücher