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Totenwache

Totenwache

Titel: Totenwache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Jansson
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effektives und zuverlässiges Mittel, um den Alkoholpegel zu messen. Zwei einsame Männer in einem Bootshaus, von ihren Frauen hinausgeworfen, sangen des Nachts schmachtende Lieder zur Gitarre. Maria fühlte sich angezogen wie Metallschrott von einem Magneten. Das musste sie sich einfach ansehen.
    »Hei, hier sitzt ihr also«, begrüßte sie die beiden.
    »Ja.« Krister wischte sich die Nase ab.
    »Geht es euch gut? Ihr friert doch nicht hier draußen?«
    »Nein, wir schwitzen ganz schön«, antwortete Mayonnaise. Im Schein der Petroleumlampe konnte Maria sehen, wie Recht er hatte. Der Mann war schweißnass. Das Haar klebte ihm am Kopf und unter den Achseln waren große dunkle Flecke auf seinem T-Shirt. Krister sah auch nicht gerade kühl aus.
    »Was habt ihr gemacht? Habt ihr Kraftsporttraining gemacht?«, fragte Maria misstrauisch.
    »So kann man es ausdrücken. Komm mit, ich zeige es dir.«
    Krister nahm die rußende Lampe von der Wand und ging vor ihr hinaus in die Nacht.
    »Was ist denn? Wenn du mir die Löcher der Wühlmäuse zeigen willst, komme ich nicht mit. Die Wühlmäuse sieht man im Dunkeln nicht richtig. Man wird sehr krank werden, wenn man gebissen wird! Ich gehe da nicht hin, Krister! Wenn ihr sie in ihren Löchern ausgeräuchert habt, können sie jetzt überall im Gras sein«, rief Maria und hüpfte in ihren Sandalen umher.
    »Nun beruhige dich mal, es ist etwas ganz anderes.«
    »Hat Mayonnaise seine Autos weggeschafft?«
    »Ich habe heute Morgen ein Auto nach Hause geholt, deshalb bin ich ja rausgeflogen. Was soll ich bloß tun?«, sagte Mayonnaise mit kläglicher Stimme.
    »Es gibt da etwas, das heißt Schrottplatz«, seufzte Maria genervt. »Man kann auch eine Anzeige unter ›Zu verschenken‹ in die Zeitung setzen.«
    »Wir haben die Autos ein bisschen beiseite geschoben«, sagte Krister und hielt die Lampe hoch. Maria spähte in das Mondlicht und sah die schwarze Erde liegen, glatt wie Kaffeesatz, so weit dass Auge reichte. Ein Paradies für Maulwürfe.
    »Wir haben ein Kräuterbeet für dich gegraben, ein eigenes Kräuterbeet. Da drüben haben wir Gestelle für Erbsen und Hopfen zusammengenagelt. Und dort«, Krister leuchtete mit der Lampe in eine andere Richtung, »dort haben wir eine Bank aufgestellt, da kannst du deine müden Füße ausruhen.«
    »Mir wird richtig warm ums Herz.« Maria umarmte Krister und streichelte Mayonnaise den verschwitzten Arm.
    »Dank euch beiden, vielen Dank! Ich werd jetzt mal reingehen und Gudrun ablösen.«
    »Die ist schon vor längerer Zeit nach Haus gefahren. Hast du die Kinder nicht gesehen? Sie liegen ganz hinten im Bootshaus, wie Kohlrouladen in ihren Schlafsäcken.«

    Der Mond stand groß und rund über dem gelben Haus am Wasser. Es raschelte in den Johannisbeersträuchern, und ein leichter Wind fuhr wie der Atem der Nacht durch das Laub des Birnbaums und über den weißen Klee auf dem Rasen. Eine dunkle Gestalt mit einem großen Bündel im Arm schlich über den Hof und den Pfad hinunter. Das Gras war feucht vom Tau, und die untere Kante der weißen Hose des Wanderers wurde nass. Schritt für Schritt kam der hellgraue Schatten des Bootshauses näher, und vorsichtig wurde die Tür aufgedrückt, die sich mit einem laut knarrenden Geräusch öffnete.
    »Krister, bist du wach?«
    »Ja.«
    »Da drinnen wurde es mir zu einsam.«
    »Ich rück ein bisschen zur Seite, dann hast du zwischen Linda und mir Platz.« Maria strich mit der Hand über Kristers Gesicht, um sicherzugehen, dass er es war. Sie rollte die Matratze aus und kroch unter die Bettdecke. In der Dunkelheit spürte sie, wie Krister sie anstarrte.
    »Was ist denn?«
    »Du, hier war ein Mann und hat unser Haus geschätzt und gesagt, ihr hättet über eine Wohnung in der Stadt gesprochen. Er ist hier erschienen, kurz nach dem du heute Abend zu Ek gefahren bist. Er hat erzählt, dass ihr zusammen gesegelt seid und Erdbeeren gegessen und Champagner getrunken habt. Hast du vor, mich zu verlassen, Maria?« Kristers Stimme war ungewöhnlich bedrückt. Er sprach langsam und gefasst.
    »Odd Molin?«
    »Ja, er hieß Odd Molin.« Maria hörte die Angst in Kristers Stimme. »Habt ihr deshalb den Garten umgegraben, du und Mayonnaise?«, prustete sie los.
    »Willst du mich sitzen lassen?« Kristers Stimme brach mitten im Satz ab.
    »Nein, ich gehe mit dir bis ans Ende der Welt, wenn du willst. Jetzt eben befinde ich mich an deiner Seite in einem zugigen Bootshaus zusammen mit einem schnarchenden Manfred Magnusson.

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