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Totenwache

Totenwache

Titel: Totenwache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Jansson
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»aber nur ein Wolf versteht einen Wolf. Ich glaube nicht, dass Örjan in der richtigen Stimmung ist, um das zu begreifen, auch wenn es hübsch formuliert ist. Also, Örjan, sieh mich an! Passt du auf? Hast du mal versucht, ihr einen Strauß Rosen zu überreichen und ihr dabei in vollem Ernst gesagt, dass du sie liebst? Das hört sich einfach und trivial an, aber wir Frauen fallen jedes Mal darauf rein.«
    »Als ich das letzte Mal Rosen gekauft habe, hat sie mir den Strauß um die Ohren gehauen. Sie würde nur wieder vermuten, dass ich ihr untreu gewesen bin, wenn ich ihr Blumen kaufen würde.«
    »Bis du denn untreu gewesen«, fragte Erika jetzt richtig neugierig.
    »Na klar, man ist ja schließlich auch nur ein Mensch.«
    »Dann ist die Methode natürlich sinnlos«, stellte Maria fest.
    »Okay, was mag denn Sussi so? Geht sie gern ins Kino? Mag sie Schokolade oder vielleicht Musik? Lass mal deine Phantasie spielen. Zeig ihr, dass du dich wirklich darum kümmerst, wer sie ist und was sie will. Versuch mal festzustellen, was sie vom Leben erwartet.«
    »Ach was, sie interessiert sich nur für Versandhauskataloge.«
    »Dann musst du sie eben mal mit nach Ullared nehmen und dein Glück unterwegs in einem romantischen Motel versuchen«, schlug Erika mit einem schiefen Lächeln vor.
    »Versandhausfetischist, sie ist Versandhausfetischist«, wiederholte Örjan nachdenklich, sank über dem Tisch zusammen und legte den Kopf in seine Hände. »Vielleicht sollte man ihr vor jedem Quickie ein kleines Geschenk kaufen.«
    Jetzt fand auch Maria, dass die Grenze ihrer Gutmütigkeit erreicht war. Sie stand auf und gesellte sich zu den anderen an der Spüle.

    »Wie sieht es denn nun aus, Jesper, du kommst doch zurück?«, fragte Maria, nachdem sie Ek einen Moment zur Seite genommen hatte.
    »Werde ich wohl«, bestätigte Ek. »Was sollte ich denn sonst tun? Ich habe nachgedacht, und ich will Polizist sein. Was sollte ich denn sonst mit meinem Leben anfangen?«
    Maria nahm Jesper gerade in den Arm, als Arvidsson an der Küchentür vorbeikam. Sie sah seine bestürzte Miene, und ihr fiel ein, dass Arvidsson keine Freundin hatte. Er hatte auch noch nie über eine frühere Beziehung gesprochen.

    Erika saß im Garten und schwatzte mit Himberg. Das hörte sich scheinheilig an nach dem, was Erika am Abend vorher auf dem Anleger am Fischereihafen erzählt hatte. Sie hatte gesagt, dass sie ihren früheren Ehemann immer noch liebte. Vielleicht war diese Mannstollheit eine Form von Abwehr, ihre Weise, den Schmerz zu unterdrücken. Wollte sie sich selbst beweisen, dass sie auch ohne jenen Mann leben konnte und dass sie immer noch attraktiv war, oder hatte sie eine Überdosis von ihrem Östrogen genommen? Wenn es so trübsinnig war, ins Klimakterium zu kommen, wie Erika es zum Ausdruck zu bringen schien, waren das keine schönen Aussichten, überlegte Maria. Moderne Brille und Schweißausbrüche. Reiß dich zusammen, Erika! Ich brauche ein Vorbild. Erika hatte ihr erzählt, dass das Wort Klimakterium aus dem Griechischen kommt und Sprosse heißt, während es im Arabischen ›älter werden ohne Hoffnung‹ bedeutet. Sprosse hörte sich definitiv besser an. Ein Alter, in dem man nach oben klettert, Karriere macht. Ein echter Aufwärtstrend, wenn man die Regel und andere Kinderkrankheiten hinter sich hat. Wenn ein Apfel reif wird, spricht man auch von Klimakterium, hatte Konrad erzählt. Maria fand das ein hübsches Bild. Außerdem hatte sie gehört, dass rundliche Frauen das Klimakterium besser überstehen. Das Bauchfett übernimmt die Rolle des Östrogendepots, wenn die Eierstöcke müde werden. Welch herrliches Argument, um massenweise Schokolade essen zu können! Nein, Erika, glücklicher wirst du nicht, wenn du ein Verhältnis mit Himberg anfängst. Maria ging hinaus in den Garten, um ihre Freundin vor weiteren Dummheiten zu bewahren.

    Das gelbe Haus lag im Dunkeln da, aber durch die undichten Bretter des Bootshauses war ein schwacher Lichtschein zu sehen. Der Wind hatte sich gelegt. Schon von weitem konnte Maria die wohlbekannten Töne der Ballade von der Brigg Blue Bird hören. Sie konnte sich ein Lachen nicht verkneifen. Das Ganze war pathetisch. Mayonnaise stimmte hin und wieder hoch und falsch ein, während Krister sich ganz anständig an die Noten hielt. Wahrscheinlich hatten sie Bier getrunken. Krister konnte, wenn er getrunken hatte, die Ballade von der Brigg Blue Bird nie singen, ohne dass ihm die Tränen kamen. Das war ein

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