Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Totenwache

Totenwache

Titel: Totenwache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Jansson
Vom Netzwerk:
eigenartig, wenn man die Kameraden auf einem Foto nicht wiedererkennt?«, wunderte sich Hartman.
    »Seit der Zeit sind zwanzig Jahre vergangen«, gab Maria zu bedenken und wischte nachdenklich den Schaum von ihrem Bier.
    »Ich konnte sehen, dass das Bild im Album Mårten Norman darstellte, obwohl das Foto zwanzig Jahre älter ist als der Ausweis, den er in der Jackentasche in dem Fischerschuppen hatte. Außerdem ist er auf mehreren Fotos zu sehen. Es sieht aus, als ob Clarence, Mårten und Odd Freunde waren. Wir werden ihn morgen dazu befragen. Würdest du auf den Fotos Mayonnaise wiederfinden können?«
    »Ich wäre froh, wenn ich das nicht müsste. Ich sehe ihn sowieso viel zu oft. Er wohnt praktisch bei uns und würde sicher Kopf bei Fuß mit Krister in meinem Bett liegen, wenn ich für die Nacht nicht das Bootshaus empfohlen hätte. Mayonnaises Frau hat ihn rausgeschmissen, deshalb schlafen Krister und Mayonnaise heute Nacht draußen.« Hartman sah ein wenig nachdenklich aus, sagte aber nichts.
    Mit einem Handtuch um den Hosenbund und einem über der Schulter schnitt Ek das Steak auf, dabei lächelte er ebenso stolz wie der Besitzer der Goldenen Traube, wenn er das Rinderfilet nach Art des Hauses tranchierte. Der Unterschied war lediglich, dass Eks Kreation flambiert war, reell flambiert bis an die Grenze der Unkenntlichkeit. Arvidsson starrte wie hypnotisiert auf sein kohlrabenschwarzes Stück, das innen rot und blutig war.
    »Noch ein Argument, um Vegetarier zu werden«, stellte er fest und nahm eine ordentlich Portion vom Kartoffelgratin. Maria stocherte ebenfalls in ihrem Stück in der Hoffnung, einen kleinen essbaren Streifen zwischen dem Schwarzen und dem Roten zu finden.
    »Souveräne Mahlzeit«, strahlte Jesper Ek, stopfte sich ein ordentliches Stück in den Mund und spülte mit einem großen Schluck Bier nach. »Das ist schwedisches Fleisch, ihr braucht also keine Angst vor Magenbeschwerden zu haben! Ich habe das Lamm von meinem Bruder Arne als Geburtstagsgeschenk bekommen. Sie hieß Berta. Als kleines Lamm verlor sie ihre Mutter, da hat Arne sie mit der Flasche großgezogen. Berta gehörte richtig zur Familie. Sie schlief neben seinem Bett und weckte ihn morgens mit ihrem Geblök. Sie lief Arne überallhin nach. Er hat geweint, als er sie geschlachtet hat. Niemals hätte er ein Stück von diesem Fleisch heruntergekriegt«, erzählte Ek und sah sich mit Tränen in den Augen um. Hartman schmuggelte sein Stück Fleisch in die Serviette und nahm eine so große Portion Salat, dass seine Frau sich sehr gewundert hätte.

    Es war erstaunlich, wie ein so von sich eingenommener Mann wie Örjan Himberg nach nur einigen Gläsern Bier zu einem schluchzenden Weichling, um nicht zu sagen mentalen Exhibitionisten werden konnte. Alle intimen Details seines Ehelebens legte er uneingeschränkt auf den Tisch. Weil keiner sich seine Gewissensqualen anhören wollte, wurde es an seiner Ecke des Tisches immer leerer.
    »Ich leg mich auf sie drauf und rutsch wieder runter, und sie fühlt nichts, empfindet absolut nichts. Kannst du das verstehen, Arvidsson? Ist meiner zu klein, was meinst du?«, fragte Örjan Himberg und fasste sich nachdenklich an den Schritt seiner weißen Gabardinehose, während er sich über die beiden leeren Stühle lehnte, die zwischen ihm und Arvidsson standen. »Was meinst du? Du musst ihn doch in der Sauna gesehen haben. Ist er zu kurz?«
    »Ich glaube, ich werde Ek mal beim Abwaschen helfen.« Arvidsson stand mühselig auf und stellte seinen Stuhl zur Verfügung. »Hier kann man sein Bier ja nicht genießen.«
    Am Tisch zurück blieben Maria und Erika, nachdem alle Herren sich in einem seit Menschengedenken einmaligen Reinlichkeitswahn zum Abwaschen zurückgezogen hatten. Vielleicht waren Frauen toleranter, wenn es um emotionale Themen ging.
    »Was meinst du, Erika?«, wiederholte Himberg, während er sich über die drei leeren Stühle lehnte, die jetzt die Distanzierung der anderen verdeutlichten. »Sussi sagt zu den Leuten, dass dieses Gerede über Sex viel zu ernst genommen wird. Ich habe gehört, wie sie das dem Mann erzählt hat, der die Stromzähler abliest.«
    »Lass es mich mal so ausdrücken: Ob ein Konzert einem gefällt, liegt nicht an der Größe des Taktstockes. Es geht darum, die richtigen Saiten zu streichen, um die Harmonie und das Einfühlungsvermögen.«
    »Ich begreife gar nichts! Was hat denn das mit Sussi zu tun?«, gestand Himberg.
    »Ich verstehe das schon«, entgegnete Maria,

Weitere Kostenlose Bücher