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Toter geht's nicht

Toter geht's nicht

Titel: Toter geht's nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faber Dietrich
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mehr als ein Zwischenraum. Sie war ein Rückzugsraum.
    Jetzt, heute Morgen, wir haben 8.30 Uhr, und ich befinde mich auf der Fahrt zur Polizeidirektion, bemerke ich, dass mir die 45 Minuten viel zu lang sind. Ich will schneller zur Arbeit und auch schneller wieder zurück.
    Es ist ein Morgen, der den unschönen Namen «nasskalt» trägt. Er wird kommen, der Frühling, denke ich, er wird kommen und unser aller Herzen öffnen.
    «Guten Morgen», sage ich zu Miriam, die bereits an ihrem Schreibtisch sitzt und irgendwelche Akten wälzt.
    «Morgen», nuschelt sie zurück.
    Ich lege die Tasche ab, ziehe meine nasskalte Jacke aus und sage, weil Miriam nichts sagt: «Bahh, das ist aber auch eklig draußen, dieses Nasskalte.» Und dann nochmal «Bahh», weil’s so schön war.
    «Au ja, lass uns doch mal übers Wetter reden», entgegnet Miriam, ohne aufzublicken.
    Sie ist verstimmt, keine Frage. Ich habe keine Lust auf verstimmte Frauen, stelle ich fest. Ich habe erst recht keine Lust auf ungeklärte Beziehungssituationen oder Gespräche, bei denen mir nicht klar ist, was es überhaupt zu klären gibt. Warum muss bitte immer alles schwierig werden? Ich habe ein Mal, ein Mal in weiß Gott wie vielen Jahren einen One-Night-Stand, und gleich ist es wieder schwierig. Schwierig und nasskalt. Das ist sie wieder, die Memme. Hallo und einen schönen guten Morgen.
    Dann sieht mich Miriam an und sagt: «Henning, ich liebe dich.»
    Ich zucke zusammen.
    «Henning, ich kann ohne dich nicht mehr leben. Ich möchte bei dir einziehen und die Stiefmutter deiner Kinder sein. Sonst bringe ich mich um.»
    Mein Blick darauf muss sehr lange sehr dümmlich gewesen sein, denn Miriam lacht bereits eine gute Viertelstunde durch. Irgendwann setze ich ein und lache eine zweite Stimme mit.
    Danach treiben wir es zwar nicht im Stehen auf dem Büroschreibtisch, aber die Stimmung zwischen uns ist wieder entspannt.
     
    Miriam berichtet, dass sich in Klaus Drossmanns Rechner weitere voyeuristische Filmaufnahmen angefunden hätten. Kinderpornographisches Material sei nicht dabei gewesen und er habe seine vergleichsweise harmlosen Aufnahmen wohl auch nicht verbreitet.
    Herr Bärt, dessen Auslandstournee inzwischen beendet sein muss, reagiert nicht auf unsere Anrufe. Stattdessen habe es gestern einen Anruf seines Rechtsanwaltes gegeben, der uns höflich aufforderte, das ständige Besprechen von Herr Bärts Mailbox zu unterlassen. Falls etwas gegen seinen Mandanten vorliege, bitte er darum, eine offizielle Vorladung präsentiert zu bekommen, dann werde er, der Anwalt, mit seinem Mandanten selbstverständlich zur Verfügung stehen und bei der Aufklärung behilflich sein.
    «Vielleicht sind wir damals in Regensburg doch zu forsch zu Werke gegangen», denke ich laut nach.
    «Vielleicht, ja. Wir haben uns von diesem furchtbaren Fummel-Pummel-Auftritt vorher beeinflussen lassen, da wollten wir ihn verständlicherweise am liebsten gleich verhaften», sagt Miriam und schenkt sich ihren dritten Becher Kaffee ein.
    «Durchaus denkbar, dass er tatsächlich mit der Sache nichts zu tun», sage ich. «Aber es ist und bleibt unsere einzige lauwarme Spur.»
    «Irgendetwas stimmt aber auch nicht mit diesem Sohn. Ich habe noch nicht wirklich Erfahrung mit so Mordsachen, aber wie der sich verhält … ich weiß nicht.»
    Ich weiß auch nicht, denke ich.
    Und das denke ich noch eine ganze Weile, bis das Telefon klingelt und sich Frau Dressel, die Direktionssekretärin, meldet.
    «Herr Bröhmann, eine Frau Jennifer Siegl möchte mit Ihnen reden. Es geht um den Fall Drossmann. Soll ich sie hineinschicken, oder soll sie noch warten?»
    «Nein, Sie können sie gerne gleich hochschicken», antworte ich.
    «Kennst du eine Jennifer Siegl?», frage ich Miriam.
    «Nee, warum?»
    «Die kommt jetzt zu uns.»
     
    Als Jennifer Siegl das Büro betritt, erkenne ich sie gleich wieder. Sie war es, die Herr Bärt in Regensburg begleitet hatte. Sie organisierte für ihn in der Bar das Bier, wurde von ihm «Schenny» und das «Meedsche, wo uff misch uffpasse tut» genannt. Das habe ich mir gemerkt.
    Jennifer Siegl wird kaum dreißig Jahre alt sein, denke ich, als ich sie begrüße und ihr einen Platz vor meinem Schreibtisch anbiete. Bevor sie sich setzt, beschnüffelt Berlusconi ihren Hintern, was ich natürlich sofort hilflos zu unterbinden versuche. Miriam rollt mit ihrem Schreibtischstuhl hinzu und grinst.
    «Frau Siegl, wir kennen uns, wir haben uns in Regensburg gesehen, nicht wahr?»,

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