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Totes Meer

Titel: Totes Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Keene
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Wurstpelle. Mitten auf seiner Stirn klaffte ein rotes Loch. Der würde nicht zurückkehren. Mit angehaltenem Atem stieg ich über ihn hinweg.
    Ich war umgeben von Schreien und dem Knistern der Flammen. Das ganze Viertel war ein Molotow-Cocktail, und Gott hatte das Scheißding gerade geworfen. Das Feuer kam aus drei Richtungen. Der einzige Fluchtweg, der noch frei war, führte zum Hafen.
    Ich rannte in die Nacht hinaus, direkt in das Inferno.
    Direkt in die Hölle...

DREI
    D ie dunklen Bürgersteige dampften in der Hitze. Selbst mit dem Waschlappen im Gesicht lief mir der Schweiß über die Stirn und in die Augen. Meine Lungen fühlten sich an, als würden sie brennen. Ich versuchte, nicht zu husten, da es verraten könnte, wo ich war. Es war schwierig, richtig zu sehen. Die Luft war voller Rauch, und meine brennenden Augen tränten. Das alles wurde noch dadurch verschlimmert, dass ich überall Schreie und Schüsse hörte, aber nicht sehen konnte, woher sie kamen. Um mich herum knackte und brüllte das Flammenmeer.
    Ich war erst ungefähr einen halben Block weit gekommen, als ich auf den ersten Zombie stieß, eine alte Frau in einem verdreckten Nachthemd. Ich roch sie, bevor ich sie sah, und überlegte, dass sie schon wirklich nah sein musste, wenn ihr Gestank stärker war als der Rauch. Ich hatte noch Zeit, mich hinter einem grünen Müllcontainer zu verstecken, bevor sie aus dem Dunst geschlurft kam. Sie hatte ihre Perücke verloren. Ihr kahler Schädel sah aus wie eine sich pellende Zwiebel, ihre Krampfadern waren durch die Haut hervorgebrochen. Die Lippen der Leiche waren zerfetzt und hingen in weiß-gräulichen Streifen
an ihrem Gesicht. Ich ließ die tote Frau an mir vorbeiwandern. Sie bewegte sich völlig lautlos. Das einzige Geräusch war das Summen der Fliegen, die sich in ihr ausgebreitet hatten.
    Als die Gefahr vorüber war, machte ich mich wieder auf den Weg. Flammen erhellten flackernd die Nacht. Ich sah niemanden auf der Straße. Entweder hatte der Massenauszug der Überlebenden eine andere Route gewählt, oder die Feuer hatten sie eingeschlossen, oder sie waren als Abendessen für die Toten geendet. Ich bewegte mich vorsichtig, aber schnell. Passte immer auf, was hinter mir los war. Irgendwann war der Rauch weniger dicht. Ich kam an einem ausgebrannten Auto vorbei. Eine vierköpfige Familie war in dem Fahrzeug gegrillt worden. Jetzt waren sie nur noch schwarze Klumpen, zwei in der Größe von Erwachsenen und zwei in der Größe von Kindern – ein Happy Meal für Zombies, gut durchgebraten. Ich fragte mich, wie es passiert war. War der grauenvolle Tod durch Verbrennen besser als das, was dafür gesorgt hatte, dass sie in ihrem Auto gefangen waren? Und was hatte sie und ihr Auto angezündet? Das Feuer konnte es nicht gewesen sein. Die Flammen hatten diese Straße noch nicht erreicht.
    Endlich hatte ich mich weit genug vom Feuer entfernt, um meinen Waschlappen fallen lassen zu können. Der Rauch verzog sich, und die Sicht wurde besser, was ich auf der Stelle bedauerte. Noch mehr kaputte und verlassene Autos verstopften die Straße, und das blutüberströmte Pflaster war mit Leichenteilen
übersät: abgetrennte Köpfe, Organe und Fetzen von menschlichem Fleisch. Ich erkannte einen der Köpfe. Es war der Kerl, dem das Spirituosengeschäft um die Ecke gehört hatte. Er funktionierte noch, auch wenn er keinen Körper mehr hatte. Seine Augen richteten sich auf mich, und seine blasse Zunge leckte über die trockenen, aufgesprungenen Lippen. Ich versuchte, ihn quer über die Straße zu treten, wie Alan es zuvor gemacht hatte, aber seine Zähne verbissen sich in meine Stiefelspitze. Er konnte das Leder nicht durchbeißen, ließ aber dennoch nicht locker. Ich hüpfte auf einem Bein herum und versuchte, ihn abzuschütteln. Der Kopflöste sich, segelte durch die Luft und prallte gegen ein Schaufenster, das zerbrach. Seine Zähne hatten sich überall auf dem Boden verteilt. Sie knirschten unter meinen Sohlen, als ich weiterging. Sehnsüchtig dachte ich an die Zeiten zurück, als der Müll auf den Bürgersteigen des Viertels nur aus leeren Crackampullen bestanden hatte.
    Ich kam an einer katholischen Kirche vorbei – ein düsteres Gebäude mit einem Glockenturm, der von einem Kreuz gekrönt wurde. Einige der Buntglasfenster waren zerbrochen, und das Portal war mit einem grellroten Graffiti verziert worden. Es lautete: GOTT IST TOT. Auf der anderen Straßenseite befand sich eine Pfandleihe. In unserem Viertel gab es

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