Totes Meer
Überwachungskamera und Scheinwerfer. Die Kameras und die Scheinwerfer waren natürlich aus, so wie alles andere.
»Was soll das die ganze Zeit mit diesen verschissenen Vorhängeschlössern?« Ich fummelte an dem Schloss herum und wandte mich dann an Mitch. »Du hast nicht zufällig einen Bolzenschneider in deinem Rucksack?«
»Nein. Wünschte, ich hätte. Seh ich das richtig, dass das nicht das erste Mal ist, dass ihr heute von einem Schloss außer Gefecht gesetzt werdet?«
Ich schüttelte den Kopf. Über uns flog eine Taube und quäkte verärgert. Ich beneidete sie. Mitch starrte ebenfalls zu dem Vogel hinauf, dann wandte er sich dem Zaun zu.
»Drüberklettern können wir auch nicht«, stellte er fest. »Die Kinder würden sich an diesem Stacheldraht alles aufschneiden, was geht.«
»Ich kann klettern«, widersprach Malik. »Ich habe keine Angst vor einem bisschen Draht.«
»Ich schon«, erwiderte Mitch. »Und du solltest ebenfalls. Der würde dich in Stücke reißen. Deine Arme und Beine in Streifen schneiden.«
Malik blieb skeptisch.
Ich starrte zu den Booten rüber – so nah und doch so unerreichbar. »Könnten wir das Schloss nicht einfach abschießen?«
»Kein so großes. Das ist hochwertiger amerikanischer Stahl. Bei einem kleinen Schloss, klar, da könnte es funktionieren. Ein oder zwei Schüsse mit der
Fünfundvierziger, und das Problem wäre gelöst. Aber wir haben nicht mal genug Feuerkraft, um eine Delle in das verdammte Ding zu machen. Wir könnten eine der Granaten benutzen, aber das würde zu viel Aufmerksamkeit erregen.« Er trat frustriert gegen den Zaun. »Die Besitzer haben wirklich gründlich dafür gesorgt, dass keiner reinkommt.«
»Überrascht mich nicht«, meinte ich. »In dieser Gegend gab es viele Obdachlose. Die haben immer die Touristen und Collegekids angebettelt und die Typen aus den Büros da drüben. Wahrscheinlich hätten sie auf den Booten geschlafen, wenn sie reingekommen wären.«
Statt zu antworten, hob Mitch die Pistole und schoss auf etwas hinter uns. Die leere Patronenhülse fiel klappernd zu Boden. Tasha, Malik und ich fuhren erschrocken zusammen. Ich drehte mich um. Auf der Straße lag ein Zombie, aus einem Loch in seinem Kopf floss Blut. Er hatte sich lautlos herangeschlichen.
»Wir sollten uns besser was anderes einfallen lassen«, meinte Mitch. »Und zwar schnell. Der Schuss lockt garantiert mehr von ihnen an.«
Ich deutete auf ein kleines Betongebäude neben dem Nachtclub. Ein Schild zeigte an, dass es sich um einen Werkzeugladen handelte. »Vielleicht sollten wir es da versuchen. Irgendetwas suchen, womit wir die Kette durchtrennen können?«
»Gute Idee.«
»Kommt, Leute.« Ich gab Tasha und Malik ein Zeichen, uns zu folgen.
Wir rannten über die Straße zum Werkzeugladen. Auf unserer Seite des Gebäudes gab es nur einen Eingang, ein großes, von Graffiti übersätes Garagentor. Ich nahm an, dass es verschlossen sein würde, doch als Mitch sich bückte und an dem Griff zog, hob sich das Tor ein wenig. Vielleicht hatten die Besitzer keine Zeit mehr gehabt, es abzuschließen, oder irgendjemand war schon eingebrochen. Die ungeölten Scharniere quietschten. Ein furchtbarer Gestank nach Schlachthof drang hervor.
Tasha packte mich am Arm. »Das riecht wie...«
Grunzend zerrte Mitch am Tor. Es hob sich weiter.
»Mitch«, flüsterte ich. »Warte.«
Meine Warnung kam zu spät. Mitch ließ den Griff los, und das Tor schoss nach oben und verschwand in der Decke. In dem Laden war es stockfinster, doch in den Schatten bewegte sich etwas. Wir sahen Füße. Dann Beine. Aus der Dunkelheit krochen Zombies – zwei, dann sechs, dann ein Dutzend. Der Laden war voll von ihnen. Wahrscheinlich waren sie eine Weile da drin gefangen gewesen, unfähig, das Tor zu bedienen. Hatten einfach da gestanden und gefault und darauf gewartet, dass sie jemand befreite. Bei einigen waren die Bäuche aufgeplatzt. Andere hatten geschwollene, nässende Glieder. Mitch sprang zurück, und die Toten ergossen sich auf die Straße. Drinnen waren noch mehr, die nun ins Licht taumelten.
Mitch blieb cool. Er hob mit beiden Händen die Pistole. Stellte die Füße schulterbreit auseinander und eröffnete das Feuer, gab sechs Schüsse ab. Jeder traf
sein Ziel, und sechs Zombies fielen auf das Pflaster. Tasha schrie, als einer der Toten nach ihr griff, doch dann hob sie ihre Pistole und feuerte. Die Waffe wurde nach oben gerissen, und die Kugel ging ins Leere. Sie feuerte erneut und verpasste dem
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