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Totes Meer

Titel: Totes Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Keene
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Malik.
    Mitch sah mich fragend an, und ich zuckte mit den Schultern. Daraufhin strich er sich über den grau melierten Bart und dachte nach.
    »Kannst du einen Softball werfen?«
    »Ja«, versicherte Malik. »Besser als alle anderen bei uns in der Straße.«
    »Kannst du ihn auch richtig weit werfen?«
    »Und wie ich das kann.«
    »Hier.« Mitch reichte ihm eine Handgranate. »Und jetzt hör mir gut zu. Das ist sehr, sehr gefährlich. Du ziehst diesen Stift hier raus und wirfst die Granate dann so weit, wie du kannst. Dann gehst du hinter irgendwas in Deckung. Schaffst du das?«
    Malik reckte stolz die Brust. »Bringen Sie mir ein paar tote Leute, dann werd ich es Ihnen zeigen.«
    »Hoffentlich kriegst du diese Chance gar nicht erst«, sagte ich. »Wenn wir es bis zum Hafen schaffen, ohne noch mehr von den Dingern über den Weg zu laufen, wäre das für mich völlig okay.«
    Wir gingen langsam weiter und hielten alle vier
ständig Ausschau nach weiteren Untoten. Hinter uns hörten wir das Brüllen der Flammen, während sich das Feuer weiter ausbreitete, immer wieder durchbrochen von einem Schuss oder einem Schrei. Der Rauch war allerdings nicht mehr so dicht – vielleicht, weil die Gebäude in Fells Point hauptsächlich zweistöckig waren und der Rauch so besser aufsteigen konnte und sich nicht in Betonschluchten staute wie in der Innenstadt.
    »Du hattest bestimmt ein Waffengeschäft, oder?«, fragte ich Mitch.
    »Nö.«
    »Vertreter für Schusswaffen?«
    Er schüttelte den Kopf. »Nein, aber du bist nah dran. Ich war ein Vertreter, allerdings nicht für Waffen. Ich bin einfach nur ein Waffennarr. Jagd und Zielschießen haben mich immer gereizt.«
    »Und was hast du verkauft?«
    Mitch grinste. »Bibeln.«
    »Verarschen kann ich mich selbst. Du siehst aus wie ein Hell’s Angel.«
    »Kein Witz, Lamar. Ich war ein Vertreter für Bibeln. Hab sie hauptsächlich an christliche Buchhandlungen, Kirchen und Privatuniversitäten verkauft. Wenn es nötig war, habe ich lange Ärmel über die Tattoos gezogen und meine Ohrringe rausgenommen. Bibeln waren mein Geschäft. Waffen sind nur mein Hobby.«
    Ich runzelte die Stirn. Ich weiß nicht, wie es anderen Schwulen geht, aber meiner Erfahrung nach
waren die Christen, denen ich begegnet war, nicht gerade verständnisvoll gewesen, wenn es um meine Sexualität ging. Von allen Leuten, auf die wir bei unserer Flucht aus der Stadt treffen konnten, waren wir anscheinend an einen möglichen Fundamentalisten geraten, der mich nach dem beurteilen würde, was in irgendeinem alten Buch stand, das eventuell vom allmächtigsten Fanatiker der Welt geschrieben worden war.
    Mitch konnte wohl an meinem Gesicht ablesen, was ich dachte. »Keine Sorge, ich glaube nicht an das Produkt. Ich bin nur ein Pressesprecher.«
    Ich schnaubte. »Du glaubst also nicht an Gott?«
    Er schwenkte seine Pistole. »Du denn, nach der ganzen Scheiße hier?«
    »Nein. Aber du verkaufst Bibeln.«
    »Habe verkauft«, korrigierte er mich. »Irgendwie rechne ich nicht mehr mit künftigen guten Geschäften. Ja, ich habe sie verkauft. Ich habe eine Menge Dinge verkauft – Fernseher, Autos, Computer, Versicherungen und Staubsauger. Die Bibeln brachten einfach mehr ein.«
    Lachend setzten wir unseren Weg fort.
    Hinter uns breitete sich das Feuer aus und trieb die Toten voran.

VIER
    N ach fünfzehn angespannten Minuten, in denen wir durch Gassen und Seitenstraßen schlichen und uns wann immer möglich vor den Zombies versteckten, erreichten wir endlich das Hafenviertel. Wir rochen das Meer. Rechts von uns stand eine ehemalige Fabrik, die in einen Nachtclub umgewandelt worden war. Sie nahm zwei ganze Blocks ein. Hinter dem Nachtclub befanden sich das Sylvan Learning Center und einige Luxushotels, die hoch in den Himmel ragten. In einiger Entfernung lag das eigentliche Hafengebiet mit dem Stadion und der Skyline der Innenstadt von Baltimore. Auch dort brannte es. Links von uns befand sich ein privater Yachtclub. Wir sahen verschiedene kleine Boote und Vergnügungskähne, die am Dock festgemacht waren. Übrig gebliebene Yuppie-Spielzeuge. Auf dem Gelände des Clubs regte sich nichts. Wir hörten eine Glocke schlagen, wahrscheinlich hing sie an irgendeinem Mast. Es war das einsamste Geräusch der Welt. Ein fast vier Meter hoher Drahtzaun umgab den Yachtclub. Das Tor war mit einer Kette und einem Vorhängeschloss gesichert. Oben auf dem Zaun war auf der gesamten Länge Stacheldraht angebracht. Alle drei Meter gab
es eine

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