Totes Zebra zugelaufen
kamen die Dinge ins Rollen.«
Tibbs hielt inne und trank sein Glas leer. Linda stand auf, um ihm neu einzuschenken.
»Jetzt, da Mrs. Pratt Browns Haß kannte«, fuhr Tibbs fort, »machte sie einen gerissenen Schachzug. Sie erzählte ihm nämlich, ihre Familie stamme aus dem Süden, und in ihren Adern flösse Negerblut. Das war natürlich eine glatte Lüge. Weiter machte sie Brown weis, daß Dr. Roussel, als er dies erfuhr, seine Verlobung mit ihr gelöst und sich geweigert hätte, sie zu heiraten.«
»Das ist doch nicht möglich!« rief Linda empört.
»Sobald sie Brown mit dieser Lüge hinreichend präpariert hatte«, erklärte Tibbs, »bot sie ihm einen ansehnlichen Betrag und überredete ihn, einen >Unfall< zu arrangieren. Brown war natürlich über die ihr angeblich angetane Beleidigung wütend und ging darauf ein. Immer, wenn Dr. Roussel in den letzten Jahren in die Vereinigten Staaten kam, schickte ihm Mr. McCormack seinen Wagen zum Flughafen. Mrs. Pratt gab Brown als Vorauszahlung einen Scheck über fünfhundert Dollar und schrieb darauf >Gartenpflege<.«
»Das war doch ausgesprochen dumm«, meinte George.
»Natürlich. Aber sie meinte, wenn der Scheck von der Bank zurückkäme, hätte sie etwas, um Brown für immer in der Hand zu haben. Sie wußte nicht oder hatte vergessen, daß alle Schecks bei der Verrechnungsstelle fotokopiert werden. Ich sah den Scheck noch, ehe er ihr zurückgesandt wurde. Daraufhin rief ich die Vereinigung für Gartenpflege an und stellte fest, wer ihren Garten normalerweise in Ordnung hält. Von dem Mann wurde mir bestätigt, daß seit einiger Zeit auf Mrs. Pratts Grundstück keinerlei Arbeiten ausgeführt worden waren. Ich will mich kurz fassen. Browns schwelender Haß gegen die Weißen wurde durch die Revolte im Jahre 1965 angefacht und bekam neue Nahrung, als Mrs. Pratt ihm weismachte, Dr. Roussel hätte sich geweigert, sie zu heiraten, weil Negerblut in ihren Adern fließe. Brown wartete nur auf den Moment zum Handeln. Mrs. Pratt trieb die Sache noch weiter. Ich habe schon erklärt, wie sie als Frau eine schmähliche Niederlage erlitten hatte und daß sie — egozentrisch, eitel, in ihrem übersteigerten Selbstbewußtsein getroffen — nach Rache lechzte. Als die Vereinigung für Freikörperkultur in diesem Jahr hier ihre Versammlung abhielt, wurde in der Presse eingehend darüber berichtet. Das brachte Mrs. Pratt auf einen Gedanken: Sie wollte nicht nur den Tod Dr. Roussels; sie verlangte ausdrücklich, daß seine Leiche hier im Camp aufgefunden werden sollte.«
Linda hatte begriffen. »Die andere Möglichkeit«, rief sie. »Nicht uns wollte man in schlechtes Licht rücken, sondern ihn.«
»Ja, aber es dauerte eine ganze Weile, ehe mir das klar wurde.
Brown war einverstanden, weil er meinte, daß man in einem Nudistencamp unerwünschte Leichen stillschweigend verschwinden lassen würde. Er meinte, Sie stünden mit dem Gesetz in Konflikt.«
Forrest schüttelte nur den Kopf.
George hatte nachgedacht. »Da der Tote unbekleidet war, mußte sich die Identifizierung verzögern und das Risiko verringern. Ich wette, daß er die Kleider und das Gepäck in irgendeine Schlucht geworfen hat. Wenn er das mit dem Toten ebenso gemacht hätte, dann hätten wir ihn vielleicht heute noch nicht gefunden.«
»Richtig«, stimmte Tibbs zu. »Wenn Brown ein Geständnis ablegt — und ich glaube, das wird er tun —, dann werden wir uns die Stelle zeigen lassen, wo er sich der Sachen entledigt hat.«
»Noch eine Frage«, warf Linda ein. »Wie erklärte er Mr. McCormack die Tatsache, daß Dr. Roussel nicht eintraf?«
»Das ist eine gute Frage«, lobte Tibbs. »Brown hatte sich eine ganz einfache Erklärung zurechtgelegt. Er hatte Anweisung, Dr. Roussel am Flughafen abzuholen und ihn in das Ferienhotel seiner Schwester im Gebirge zu bringen. Da die Maschine aus Europa erst spät in der Nacht eintraf, beschloß Brown zu sagen, daß Dr. Roussel seine Schwester zu so später Stunde nicht mehr stören wollte und sich deshalb in einem Hotel in San Bernardino absetzen ließ. Es versteht sich von selbst, daß Brown sich nach den Wünschen Dr. Roussels zu richten hatte. Er wollte behaupten, er hätte nur getan, worum Dr. Roussel ihn bat, hätte ihn vor einem Hotel abgesetzt und wäre dann nach Hause gefahren. Um diese Stunde, dessen konnte er sicher sein, stand vor keinem Hotel mehr ein Portier. Und daß er für seine Behauptung keine Zeugen hatte, konnte man ihm nicht zum Vorwurf machen. Gewiß,
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