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Totgeburt

Totgeburt

Titel: Totgeburt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam E. Maas
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nicht wahr haben wollten. Idioten! Wie oft man sie deswegen schon in den Foren beleidigt hatte, aber sie blieb bei ihrer Meinung. Schade nur, dass Romeros neue Filme so schlecht waren.
    Als sie endlich auf der Couch lag, sah sie nochmal zu ihrem Gast herüber. Er zitterte am ganzen Körper — Schüttelfrost. Das passierte, wenn die Körpertemperatur innerhalb kurzer Zeit stark anstieg. „Na toll“, das bibbernde Ding neben ihr, würde sie bestimmt die ganze Nacht hindurch nerven.
    Sie legte ein Kissen auf sein Gesicht, sie könnte es beenden.
    Sollte er sterben, würde der Doktor eine Obduktion durchführen, um Fremdeinwirkungen ausschließen zu können. Unsinn, er wusste, dass sie seriös arbeitete, dachte sie und nahm das Kissen wieder weg.
    „Zum Wohl, mein Guter. Wenn du heute Nacht stirbst, wird der Doktor Probleme bekommen. Auf der anderen Seite werde ich natürlich auch in der Scheiße stecken. Also, an mir soll es nicht liegen. Versprochen.“
    Sie nahm ihre Decke und wickelte ihn darin ein. Seine Atemwege blieben indessen unberührt.
    ***
    In den folgenden Tagen verließ er die Couch nur, um auf Toilette zu gehen und das war bereits ein Fortschritt! Sie half ihm dabei, er konnte sein eigenes Gewicht immer noch nicht tragen. Die meiste Zeit war sein Fieber unter Kontrolle, doch dann kam es wieder zurück und zwar mit ganzer Wucht. Sein Zustand erinnerte ein wenig an Malaria. Er war noch nicht über den Berg, die nächste Fieberattacke konnte genauso gut seine letzte sein.
    So schlimm wie angenommen, war es dann doch nicht. Manchmal genoss Marie es sogar, einen Menschen neben sich zu wissen, der mit dem Tod rang.

III
    Fast schon herzlich kümmerte sie sich um ihn, so etwas war er überhaupt nicht gewöhnt. Am liebsten hätte er sich gar nicht mehr erholt. Denn je länger er blieb, desto größer wurde seine Angst, vor die Tür gesetzt zu werden.
    Er mochte sie. Tina hatte zwar eine leicht distanzierte Art an sich, spielte die Harte und ließ sich leicht reizen, aber sie gab sich Mühe. Allein der Wille Gutes zu tun, sagte viel über einen Menschen aus. Wer sonst wäre bereit gewesen, jemand Fremden in seiner Wohnung aufzunehmen? Das war mehr, als die meisten Priester zu tun gewillt waren. Es war eine kalte Welt und man musste selber sehen, wo man blieb.
    Es würde plötzlich kommen, wahrscheinlich sobald er wieder richtig gehen konnte. Genau darauf wartete sie, sobald er wieder einen Fuß vor den anderen setzen konnte, da würde er die Wohnung verlassen müssen, raus in die Kälte gehen.
    Eine Träne lief seine Wange hinunter. Egal, er war ihr dankbar. Wer hätte gedacht, dass jemand sich dazu erbarmen könnte, ihn zu pflegen? Er stand in ihrer Schuld, ohne sie wäre er mit Sicherheit ums Leben gekommen.
    Was wäre eigentlich so schlimm daran gewesen? Zu sterben, meinte er. Insgeheim hoffte er auf den Tod. Es musste friedvoll sein, die Augen zu schließen und nicht mehr aufzuwachen. Bisher hatte ihm lediglich der Mut gefehlt, es selbst in die Hand zu nehmen.
    Einmal war er wach geworden, hatte gehört, wie sie mit einem Doktor gesprochen hatte. Tina hatte dem Doktor bestätigt, dass er noch lebe und es ihm besser gehe.
    Wann war das gewesen?
    Er wusste es nicht. Er hatte den Sinn für Zeit und Raum verloren. Wie auch sonst? In einer Stunde konnten sich ganze Welten verbergen. Seltsame Fieberträume suchten ihn heim, zerstörten jeglichen Sinn für die Realität.
    Es hatte wirklich schlecht um ihn gestanden, so viel wusste er. Die Krankheit war aus dem Nichts gekommen, plötzlich, von einem Moment auf den anderen. Er musste sich irgendwo einen Virus eingefangen haben. Das war abzusehen gewesen. Er hatte sich von einer Absteige zur nächsten durchgeschlagen und oft im Park übernachtet, in den Büschen, damit die Polizei ihn nicht vertreiben konnte. Dort lebten diese dicken Ratten, deren Fiepen ihn regelmäßig beim Einschlafen begleitet hatte. Manchmal hatte er sein Essen aus Mülleimern gefischt und kaum Gelegenheit gefunden, sich zu waschen.
    Von den Drogen war es bestimmt nicht gekommen, noch nie hatte er gehört, dass sie solche Nebenwirkungen hatten. Aber wer wusste schon was für chemische Produkte, was für Gifte er konsumiert hatte? Sie mischten wirklich Gift in das Zeug, deswegen nahm er auch kein Meth. Er hatte einmal miterlebt, wie jemand Meth hergestellt hatte. Was hatten Abflussreiniger und Batterien darin zu suchen? Kein Wunder, dass er da schräg drauf kam. Ein paar Mal, dann nie wieder.

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