Totgeglaubt
schon ihren Arm um seine Taille und drückte ihre Wange an seine Brust. “Schön, dich zu sehen”, murmelte sie.
Clay ertrug die Umarmung, kam sich aber sofort bedrängt vor. Hier zu sein fühlte sich ganz anderes an als erwartet. Wahrscheinlich hatte sich in den letzten Tagen einfach zu viel verändert. Er hatte das Gefühl, ein ganz anderer Mensch zu sein.
Aber wo er jetzt einmal hier war, zwang er sich, sich zu setzen und das angebotene Glas Wein zu akzeptieren.
“Bist du müde?”, fragte sie, als er ausgetrunken und das Glas beiseitegestellt hatte, und schob mit einem betörenden Lächeln hinterher: “Möchtest du ins Bett gehen? Ich könnte dir einen blasen.”
Offenbar nahm sie an, dass sie genau dort weitermachen würden, wo sie aufgehört hatten. Clay versuchte, sich dazu durchzuringen, Beth Ann einfach ins Schlafzimmer zu führen und mit ihr all das zu tun, was sie anbot – außer ein Baby zu machen. Vielleicht würde er dann für einen Moment vergessen, was ihn quälte. Aber er schaffte es nicht. Er wollte nicht Beth Ann. Er wollte Allie.
Herrje! Was hatte er sich da nur selbst angetan, als er zu der Anglerhütte hinausgefahren war?
“Stimmt was nicht?”, fragte Beth Ann, als er nicht auf ihren Vorschlag reagierte.
“Nein, nein, alles gut.” Clay bemühte sich, eine entspanntere Miene aufzusetzen. “Habe ich dir schon gesagt, dass Grace heute Nacht ihr Baby bekommen hat?”
“Nein. Was ist es?”
“Ein kleines Mädchen.”
“Wirklich?”
Er nickte, aber er spürte sehr genau, dass sich Beth Ann nicht sonderlich für Grace oder das Baby interessierte. Und sie machte auch keinen Versuch, sich in ihn hineinzuversetzen und zu verstehen, wie wichtig ihm das Ereignis war. Sie versuchte lediglich zu verstehen, warum er ihr das Ganze erzählte, um es in ihrem Sinne nutzen zu können.
“Das ist ja toll.”
“Kennedy sagt, dass Grace sehr tapfer war und es wunderbar gemacht hat.”
Beth Ann nickte, schien aber mit den Gedanken woanders.
“Was ist?”, fragte er.
“Ist es mit dir und Allie … ist es endgültig vorbei?”
“Wir werden jetzt bestimmt nicht über Allie reden”, warnte er.
Sie warf ihm einen schnellen besänftigenden Blick zu. “Okay, werden wir nicht, aber ich möchte dir trotzdem kurz sagen, dass … ich weiß, was zwischen euch beiden in der Hütte gelaufen ist.”
Clay schaute sie an und fragte sich, woher sie das wusste.
“Und ich will dir nichts vormachen”, fuhr sie fort, “es hat mir ganz schön zugesetzt. Sehr sogar. Aber …”, und jetzt lächelte sie wieder, “… jetzt bist du ja zum Glück wieder da, wo du hingehörst.”
Noch während sie es aussprach, wusste Clay, dass sie sich irrte. Er fühlte nichts, nicht einmal Lust und Begierde. “Nein, Beth Ann. Ich … du hast doch gesagt, wir könnten Freunde sein. Ich bin nur vorbeigekommen, um dir von dem Baby zu erzählen.”
Ihre Gesichtszüge verhärteten sich. “Heißt das, dass du dich immer noch mit ihr triffst? Ist sie deswegen in dieses Haus gezogen? Damit du jederzeit über Nacht bleiben kannst, ohne dass sie Ärger mit ihrem Vater bekommt?”
Clay lehnte sich vor. “Wovon sprichst du überhaupt? Allie wohnt bei ihren Eltern.”
“Nicht mehr”, schnaubte Beth Ann, voller Genugtuung darüber, dass er das offensichtlich noch nicht wusste. “Du hättest sie mal lieber in Ruhe lassen sollen, was?”
“Was ist passiert?” Er hatte sich die ganze letzte Woche mit Bedacht von der Außenwelt zurückgezogen, in der Hoffnung, dass die Gerüchte abflauen würden und Allie wieder in ihr normales Leben zurückkehren könnte. Nur mit seinen Schwestern hatte er gesprochen, und Madeline hatte er vorhin im Krankenhaus gesehen. Wussten sie davon? Und wenn ja, warum hatten sie ihm nichts erzählt?
Wahrscheinlich waren sie zu sehr mit dem Baby beschäftigt gewesen. Oder sie hatten es bewusst verschwiegen, weil sie wussten, dass er sich schuldig fühlen würde.
“Allie und ihr Vater sprechen nicht mehr miteinander.”
“Sie ist kein Cop mehr?” McCormick hatte doch versprochen …
“Nein.”
“Woher weißt du das?”
“Ihre Mutter hat es Polly Zufelts Mutter gesagt, die es wiederum Polly erzählt hat.”
Polly arbeitete mit Beth Ann zusammen im Supermarkt. “Und wie kommt Allie jetzt klar?”
“Woher zum Teufel soll ich das wissen? Polly hat mir nur gesagt, dass sie nicht einmal Lebensmittel von ihren Eltern annimmt.”
“Dieser Dreckskerl”, knurrte er.
Beth Ann schaute auf
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