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Totgeglaubt

Totgeglaubt

Titel: Totgeglaubt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Novak
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wischte sie sich die Tränen ab und versuchte, ihr Schluchzen zu unterdrücken. “Grace, ich weiß … ich weiß, was Barker dir angetan hat.”
    Grace wurde blass und begann zu taumeln, als würde sie jeden Moment ohnmächtig werden. Allie wollte sie stützen, doch Grace wich zurück. Dann straffte sie ihre Schultern und streckte herausfordernd ihr Kinn vor. Sie sah fast stolz und hoheitsvoll aus, so als hätte sie nichts, aber auch gar nichts mit den entwürdigenden, erniedrigenden Fotos zu tun.
    “Woher?”, fragte sie mit ausdrucksloser Stimme.
    Allie streckte ihre Hände aus, um sie zu umarmen, sie irgendwie zu trösten – und auch, um sich selbst Mut zu machen. Sie brauchte eine Art Gegengift zu dem Gift, das in ihr Blut eingedrungen war. Sie war bereit, es mit der ganzen Welt aufzunehmen, jeden zur Strecke zu bringen, der Grace auch nur schief anguckte.
    Und sie konnte sich vorstellen, dass dieser Beschützerdrang bei Clay, der Grace so sehr liebte, noch viel stärker war. Er musste sich wie ein elender Versager vorgekommen sein, als er von dem Missbrauch erfuhr. Er musste sich geschworen haben, dass etwas so Widerwärtiges nie wieder in seiner Nähe passieren würde.
    Und dann musste er …
    Allie wagte nicht, den Gedanken zu Ende zu denken. Clay war nicht der Einzige, der etwas hätte tun können. Aber immerhin wusste sie jetzt, dass es einer der Montgomerys gewesen sein musste. Wenn Clay selbst nicht der Schuldige war, dann deckte er zumindest die Täterin.
    “Jemand hat mir ein Päckchen in den … in den Briefkasten gesteckt. Darin waren …”, Allie kämpfte immer noch mit den Tränen, “Fo…Fotos”, brachte sie schließlich heraus.
    “Portenski.” Grace schwankte auf ihren Beinen, als würde sie die Erwähnung der Fotos wie einen körperlichen Schlag empfinden. Wieder hatte Allie das Bedürfnis, sie in den Arm zu nehmen, sie zu beruhigen. Aber sie vermutete, dass Grace jetzt Distanz brauchte, und dass Körperkontakt, wäre er noch so gut gemeint, genau das Falsche war.
    “Hast du
Portenski
gesagt?”, fragte sie. “Du glaubst, Portenski hat sie mir gebracht?”
    “Es muss Portenski gewesen sein”, flüsterte Grace. “Er muss sie in der Kirche gefunden haben.”
    “Wann?”
    “Ich weiß nicht.”
    “Die Kamera auch?”
    “Nein.” Grace starrte ihr eine ganze Weile unverwandt ins Gesicht, aber Allie vermutete, dass sie sie gar nicht richtig wahrnahm.
    “Grace?”, sagte sie mit weicher Stimme. “Es tut mir leid. Es tut mir entsetzlich leid! Ich weiß, dass das nicht annähernd das angemessene Wort ist …”
    Grace schluckte schwer, aber in ihren blauen Augen stand keine einzige Träne. “Du hast doch Madeline nichts erzählt?”
    “Nein, natürlich nicht.”
    “Was hast du mit den Fotos vor?”
    “Was meinst du, was ich damit tun soll?”
    Grace zögerte. “Wenn ich dich bitte, sie zu verbrennen, wirst du der Polizei dann erzählen, dass ich dich gebeten habe, Beweismaterial zu vernichten?”
    Allie schüttelte den Kopf. Sie würde der Polizei gar nichts erzählen. Der Polizei ging es im Fall Barker doch gar nicht um Gerechtigkeit und die Wahrheit, sondern nur darum, die richtigen Leute zufriedenzustellen.
    “Dann verbrenn sie”, bat Grace eindringlich.
    Allie schlang ihre Finger um Graces eiskalte Hand. Grace sagte nichts, aber sie zog ihre Hand auch nicht weg. “Was, wenn Portenski noch mehr Fotos hat?”
    “Wenn er vorhätte, sie der Polizei zu übergeben, hätte er das bereits getan. Dann hätte er sie nicht dir zugesteckt.”
    Allie nickte und atmete hörbar aus. Das ergab Sinn. Sie verstand zwar nicht, warum er die Fotos ausgerechnet ihr anvertraut hatte, aber …
    Plötzlich durchschoss sie ein Gedanke. “Bist du sicher, dass die Fotos nicht von Jed kommen?” Die Fotos, die Nachricht auf dem Tisch in der Hütte …
    “Ich wüsste nicht, wie”, antwortete Grace. “Aber, ja … vielleicht. Vielleicht hat er sie gefunden …”, sie stockte kurz, “… als er in der Scheune gearbeitet hat.”
    “Dann ist Barker in der Nacht vielleicht doch zurückgekommen. Vielleicht kam es zu einem Streit, und …”
    “Jed hat ihn nicht umgebracht.”
    Allie lief es kalt den Rücken hinunter. Die Art, wie Grace das gesagt hatte, verriet, dass sie den Mörder kannte. Jetzt hatte Allie keinen Zweifel mehr daran. “Wenn es nicht Jed war, wer dann?”, fragte sie.
    Die Andeutung eines Lächelns umspielte Graces Lippen. “Nicht Clay”, sagte sie. Dann schnappte sie sich ihr Baby

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