Totgeglaubt
Aufdruck.”
“Kann man denn wenigstens annähernd sagen, um wen es sich handeln könnte?”
Allie näherte sich einer scharfen Kurve und drosselte das Tempo. “Von der Statur her sieht der Typ sehr nach Hendricks aus.”
“Wie wer?”
“Officer Hendricks”, sagte sie und schilderte, was sie von ihrem Vater erfahren hatte.
“Aber warum sollte Hendricks deine Waffe stehlen und dir eine solche Nachricht hinterlassen?”, grübelte Clay.
Sie drehte die Musik im Autoradio leiser. “Ich nehme an, er wollte besonders schlau sein und mich glauben lassen, dass du es warst.”
“Damit du endlich auf den Kurs der Vincellis und aller anderen umschwenkst?”
“Das nehme ich an. Ich war die einzige Widerspenstige, und er hat versucht, mich zu bekehren.”
“Aber warum? Er hat doch eigentlich keine Aktien in der Sache. Er ist nicht mit den Vincellis verwandt. Okay, er sieht sie in der Kirche, und sie sind nett zu ihm. Aber er ist verheiratet und hat Kinder. Ich hab ihn nie mit Joe oder seinem Bruder herumhängen sehen.”
“Geld”, erklärte Allie. “Die Vincellis oder irgendjemand anders haben ihn dafür bezahlt.”
Es folgte ein langes Schweigen, in dem Clay Allies Vermutung offenbar durchdachte.
“Wenn du nicht an derselben Tankstelle gehalten hättest, hätte er wahrscheinlich nicht auf dich geschossen”, fuhr sie fort. “Ich nehme an, dass du in dem ganzen Szenario ursprünglich gar nicht vorkamst.”
“Er muss mich bei meinem Zwischenstopp an der Tankstelle gesehen und gedacht haben, dass ich ihn ebenfalls erkannt habe.”
“Genau das vermute ich.”
“Also ist er zur Hütte zurückgefahren, um sicherzugehen, dass ich ihn nicht mehr verraten kann.” Er machte eine Pause. “Für einen Cop, der jemanden zum Schweigen bringen will, hat er sich allerdings nicht besonders geschickt angestellt.”
“Es war stockdunkel, und er hatte wahrscheinlich selbst eine Heidenangst. Und am nächsten Tag, als er feststellen musste, dass du gar nicht tot bist, war es zu spät, um noch einmal nachzubessern. Aber so oder so bezweifle ich, dass er die Nerven gehabt hätte, es noch einmal zu versuchen.”
“Aber mittlerweile muss er doch glauben, noch einmal davongekommen zu sein.”
“Tja, und da das Video zu unscharf ist, um ihn zweifelsfrei zu identifizieren,
wird
er vielleicht tatsächlich davonkommen”, bemerkte sie niedergeschlagen.
“Hast du das Wageninnere vor der Reparatur des Seitenfensters untersuchen lassen? Vielleicht hat er Blutspuren hinterlassen?”
Es wurde langsam warm draußen. Die Kleider klebten ihr am Körper, und Allie stellte die Klimaanlage hoch. “Ich habe alles abgesucht und nichts gefunden. Aber …” Ihr kam plötzlich eine Idee. “Wie sieht es bei der Tankstelle aus?”
“Wie soll es da aussehen?”
“Da hat Hendricks nicht hinter sich her gewischt, stimmt’s? Das hat er dem Kassierer überlassen …”
“… der seinen Wischmopp schon herausgeholt hatte, als ich aufkreuzte.”
“Ich gebe zu, dass die Chancen nicht sehr groß sind, aber vielleicht hat er tatsächlich ein oder zwei kleine Blutspritzer übersehen, wenn nicht auf dem Fußboden, dann womöglich auf der Toilette. Vielleicht sollte ich umkehren und nachsehen? Jetzt bin ich noch in der Nähe.”
“Wird Ralph Ling dich denn dort einfach so herumschnüffeln lassen?”
“Ich glaube schon. Er war völlig fasziniert davon, dass ich in einer Schießerei ermittle.” Allie verlangsamte das Tempo und fand eine Stelle, wo sie anhalten und wenden konnte.
“Hast du denn alles, was du brauchst, um eine Probe zu nehmen, falls du Blutspuren findest?”, fragte Clay.
“Natürlich. Ich habe meinen Forensikkoffer immer im Auto.”
“Auch jetzt noch?”
“Immer.”
“Aber selbst wenn du seine DNA findest, kann Hendricks doch immer noch behaupten, dass er vor drei Monaten in der Tankstelle Nasenbluten hatte”, wandte Clay ein. “Du hast mir gesagt, dass die Tankstelle ihre Videobänder ständig überspielt. Wir werden also nicht drei Monate zurückgehen und beweisen können, dass er zu der Zeit gar nicht dort war und folglich lügt.”
“Das weiß er ja nicht”, sagte sie. “Und außerdem hat seine Frau bereits zugegeben, dass er eine Schnittwunde an der Hand hat.”
“Hat sie?”
Allie nickte. “Wir erzählen Hendricks, dass du ihn in der Nacht gesehen hast, in der auf dich geschossen wurde. Sicher gerät er dann in Panik und schwört, dass er niemals an dieser Tankstelle gehalten hat, und mit
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