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Totgeglaubt

Totgeglaubt

Titel: Totgeglaubt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Novak
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Jed.
    “Konnten Sie ihn sehen?”
    Er nickte. “Er hat sich nicht mehr bewegt.”
    Draußen fing es an zu dämmern, und Allie zündete die Kerosinlampe an. Sie verspürte den Drang, ihre Hände zu beschäftigen, so zitterig und unruhig fühlte sie sich. “Was passierte danach?”, fragte sie und pustete das Streichholz aus.
    “Sie haben ihn vergraben.”
    “Wo?”
    “Hinter der Scheune.”
    Die flackernde Flamme warf tanzende Schatten auf den Tisch. “Hatten sie keine Angst, dass Sie sie sehen könnten?”
    “Sie hatten so viel Angst, dass sie sich um mich gar keine Gedanken machten, nehme ich an. Sie haben versucht, sich leise und vorsichtig zu bewegen, aber …”
    “Es war zu spät. Sie hatten bereits gesehen, was passiert war.”
    Ein erneutes Nicken.
    “Nur dass Sie ihnen nicht erzählt haben, dass Sie Bescheid wussten.”
    “Ich hab mir gedacht, dass es für uns alle besser wäre.”
    “Warum, glauben Sie, sind sie nicht zur Polizei gegangen?”
    Jeds Gesichtsausdruck änderte sich nicht. “Aus den gleichen Gründen, aus denen schon Eliza nicht gegangen ist.”
    “Grace hätte ihnen von den Fotos erzählen können.”
    “Wer weiß, ob sie überhaupt wusste, wo sich die befanden. Und selbst, wenn sie sie gehabt hätten …” Er schnalzte mit der Zunge, und wieder wusste Allie, was er sagen wollte. Selbst wenn die Montgomerys die Fotos gehabt hätten – es waren Aufnahmen, die ein dreizehnjähriges Mädchen aufs Schlimmste gedemütigt hätten. Fotos, die Grace gezwungen hätten, beim Prozess ihrer Mutter auszusagen. Und das in einer Stadt, in der die Montgomerys nicht allzu beliebt waren.
    “Sie hätten Grace in dieser besagten Nacht sehen sollen”, setzte er hinzu.
    Allie bezweifelte, dass Grace stark genug gewesen wäre, um die Tortur eines Prozesses durchzustehen. Und was, wenn sie ihn verloren hätten? Was, wenn das Gericht zu dem Schluss gekommen wäre, dass Barker nicht in Notwehr getötet worden war? Was, wenn es dem Staatsanwalt gelungen wäre, die Geschworenen davon zu überzeugen, dass Irene ihren Mann getötet hatte, weil sie herausgefunden hatte, was er mit ihrer Tochter anstellte?
    Allie hielt es nicht länger auf ihrem Holzklotz. Sie stand auf und ging im Raum umher, sorgsam darauf bedacht, nicht auf das Bett zu blicken. Clays Blut klebte noch immer an den Laken; niemand hatte hier nach dem Vorfall sauber gemacht. Die letzten Male, die sie hier gewesen war, hatte die Spurensuche sie zu sehr beschäftigt. “Und warum brechen Sie jetzt, nach so langer Zeit, Ihr Schweigen?”, fragte sie. “Und warum erzählen Sie das Ganze ausgerechnet
mir?”
    Jed fuhr sich mit der Hand über sein kratziges Kinn. “Weil ich glaube, dass Clay niemals reden wird. Und ich glaube auch nicht, dass er Grace erlauben wird, es Ihnen zu erzählen.”
    Allie musste ihm zustimmen. Clay war seiner Familie gegenüber absolut loyal. Und so wie sie Clay kannte, würde er ihr die Bürde auch gar nicht aufladen wollen.
    “Ich dachte, es könnte Ihnen bei seiner Verteidigung helfen, wenn Sie die Wahrheit kennen”, murmelte Jed.
    “Zumindest weiß ich jetzt, womit wir es zu tun haben.”
    “Ich musste diesmal einfach etwas unternehmen. Clay verdient es nicht, den Rest seines Lebens im Gefängnis zu verbringen.”
    Und Jed würde sich nicht noch einmal vorwerfen wollen, etwas versäumt zu haben. Allie verstand ihn jetzt. Er hatte in der letzten halben Stunde vermutlich mehr geredet als in seinem ganzen bisherigen Leben – was zeigte, wie sehr ihn die ganze Sache beschäftigte und berührte. Aber Allie hatte noch eine letzte Frage. “Warum hat die Polizei Barkers Leiche nicht gefunden, als sie die Farm abgesucht haben?”
    Jed zuckte die Schultern. “Eigentlich hätten sie sie finden müssen. Jedenfalls haben sie an der richtigen Stelle gegraben.”
    Deshalb also hatte Jed sich zu dem Mord an Barker bekannt. Plötzlich ergab alles einen Sinn. Nicht aus heimlicher Liebe zu Irene hatte er gestanden: Er fühlte sich schuldig, dass er Barker nicht Einhalt geboten hatte, nachdem Eliza ihm erzählt hatte, was für ein Monster ihr Mann war.
    Was für ein Monster …
Allie schüttelte ungläubig den Kopf. Madeline wollte die Wahrheit wissen. Aber war eine solche Wahrheit nicht das Schlimmste, was eine Tochter über ihren Vater erfahren konnte?

22. KAPITEL
    “A laska ist mit nichts vergleichbar.” Lucas lächelte mit einer solchen Selbstverständlichkeit, als erwartete er allen Ernstes, dass Clay und Molly

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