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Totgeglaubt

Totgeglaubt

Titel: Totgeglaubt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Novak
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zurücklächelten. Seit Molly ihn hereingebeten hatte, erzählte er nun schon von der Schönheit seiner selbst gewählten neuen Heimat und von seiner Liebe zur Fliegerei. Er redete immer noch so schnell und lebhaft, wie Clay es in Erinnerung hatte – und so, als ob Clay ihn besonders herzlich willkommen geheißen hätte. Was nicht der Fall war.
    “Mit deinem Mundwerk hättest du Gebrauchtwagenhändler werden sollen”, bemerkte Clay.
    Molly blickte nervös zu ihrem Vater hinüber. Lucas’ Augenlider zuckten. “Was?”
    Offenbar hatte Lucas mit einer solchen Reaktion seines Sohnes nicht gerechnet. Auch Clay selbst staunte ein wenig über sich selbst. Seit sein Vater weggegangen war, hatte er davon geträumt, ihn wiederzusehen. Am Anfang hatte er auf eine glückliche Wiedervereinigung gehofft. Clay rechnete fest damit, dass Lucas merken würde, wie sehr er seine Familie liebte, dass er zurückkehren, sich entschuldigen und alles besser machen würde.
    Aber nach jenem harten Sommer, in dem Clay, seine Mutter und Schwestern fast ausschließlich von Haferbrei leben mussten und die Stromrechnung nicht zahlen konnten, war Clay nicht mehr so optimistisch. Und während der Zeit mit Reverend Barker mischte sich sogar ein Hauch von Aggression in Clays Gedanken, und er stellte sich vor, wie er seinem Vater mit einem einzigen Kinnhaken den Kiefer brach.
    Clay überlegte immer noch, ob er diese Fantasie jetzt in die Tat umsetzen sollte oder nicht. Molly dagegen schien weitaus bereiter, die Präsenz ihres Vaters zu akzeptieren. Und außerdem sah Lucas bei Weitem nicht mehr aus wie ein würdiger Gegner, was Clay fast ein wenig enttäuschte. Das Alter hatte seinen Tribut gefordert und aus Lucas einen Mann gemacht, der nicht mehr annähernd so groß war, wie Clay ihn in Erinnerung hatte.
    “Was hast du gesagt?”, fragte Lucas und bezog sich immer noch auf Clays Kommentar.
    “Hör nicht auf ihn”, schaltete sich Molly schnell ein.
    Bis zu diesem Moment hatte ihr Vater es vermieden, Clay in die Augen zu blicken.
    “Ich habe gesagt, dass du mit deinem Mundwerk ein guter Gebrauchtwagenhändler geworden wärst.”
    Lucas lachte verlegen und voller Unbehagen. “Warum das?”
    Clays Blick wanderte über das bunt bedruckte T-Shirt, die Jeans und die nagelneuen Flip-Flops, die sein Vater trug. “Du bist wirklich das fleischgewordene Klischee – viel Gerede und nichts dahinter.”
    “Clay …”, begann Molly, aber der ignorierte sie und starrte weiter unverwandt auf Lucas.
    Ihr Vater rieb sich über die Stirn, als wäre es ihm zu warm im Raum. Und das war es tatsächlich. Das schwüle Klima setzte auch Clay zu, so sehr sogar, dass ihm der Schweiß den Rücken hinunterlief.
    “Ich hab’s verdient”, sagte Lucas. “Du hast allen Grund, böse auf mich zu sein, Clay. Ich verstehe …”
    “Du verstehst überhaupt nichts”, fiel ihm Clay ins Wort. “Wieso glaubst du eigentlich, du könntest hier mir nichts, dir nichts hereinspazieren?”
    “Ich bin gekommen, weil ich meine Hilfe anbieten will.”
    Molly rückte näher an Clay heran. “Jetzt ist er nun einmal hier”, sagte sie besänftigend.
    “Das ist mir egal.” Obwohl Clay sich vorgenommen hatte, ruhig zu bleiben, ballte er seine Hände zu Fäusten. “Wir brauchen seine Hilfe nicht.” Als Lucas verschwunden war, hatte Clay seine Aufgaben übernommen. Viel zu früh hatte er viel zu plötzlich erwachsen werden müssen. Er war doch noch ein Kind gewesen! “Wenn er damals nicht abgehauen wäre, dann wäre Grace nichts zugestoßen”, stellte er klar. “Und wir hätten Barker niemals kennengelernt.”
    Stattdessen mussten sie mit der verbuddelten Leiche ihres Stiefvaters leben. Und all den furchtbaren Erinnerungen.
    Wenn Lucas bei seiner Familie geblieben wäre, hätte das alles geändert.
    Man konnte Lucas zugutehalten, dass er Molly mit einer Handbewegung zum Schweigen brachte, anstatt sich von ihr in Schutz nehmen zu lassen. Und er duckte sich auch nicht unter Clays Tirade, wie dieser erwartet hätte. “Ich dachte, du könntest vielleicht ein wenig Unterstützung gebrauchen.”
    “
Jetzt?
Und wo warst du, als Molly ein kleines Mädchen war? Und als Grace …” Die Erinnerung an Graces aschfahles Gesicht schnürte Clay den Hals zu. Wie war es nur möglich, dass ein Vater seine Töchter so viel weniger liebte als ein Bruder seine Schwestern?
Sie waren doch sein Fleisch und Blut.
    Und wie konnte Molly mit ihm reden, als wäre nichts passiert?
    Clay wurde darüber noch

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