Totgeglaubte leben länger: 8. Fall mit Tempe Brennan
das Jakobus-Ossuar berichtet wurde, schlug das ein wie eine Bombe. Man ging allgemein davon aus, dass es vor dieser Entdeckung, von den Erwähnungen in der Bibel und anderen Texten abgesehen, kein Indiz für die tatsächliche Existenz Jesu gab. Der Kasten wurde als erster materieller Hinweis auf den historischen Jesus angepriesen.
Okay. Das ist eine große Sache.
2003 wurde von der IAA ein Authentifizierungsausschuss gebildet. Der Ausschuss erklärte den Kasten für echt, die Inschrift jedoch für eine Fälschung, ein Befund, der sich vorwiegend auf die Sauerstoffisotopen-Analyse der Patina stützte, einer durch Oberflächenoxydation verursachten Verkrustung.
Dieses Ergebnis sorgte für eine Kontroverse. Viele Experten widersprachen und nannten die Arbeit des Ausschusses schlampig, seine Schlussfolgerungen voreilig.
Was bleibt? Niemand bezweifelt das Alter des Kastens. Einige stellen die Inschrift in Frage, zur Gänze oder in Teilen. Andere halten das ganze Ding für authentisch.
Um zwei kam Ryan vorbei. Er hockte sich mit einem Schenkel auf meinen Schreibtisch und hob die Augenbrauen. Ich meine ebenfalls.
»Nur so zum Spaß habe ich mal das Kloster überprüft. Bei der Adresse hat sich was Interessantes ergeben.«
Ich lehnte mich in meinem Stuhl zurück.
»Ein Vater André Gervais hatte heute vor einer Woche im SQ-Revier in Saint-Hyazinthe angerufen.«
»Gervais ist Mönch im Sainte-Marie-des-Neiges?«
Ryan nickte. »Anscheinend waren die Jungs nervös wegen eines Autos mit zwei männlichen Insassen, das innerhalb ihrer Mauern parkte. Saint-Hyacinthe hat einen Streifenwagen hingeschickt, um der Sache nachzugehen.« Ryan hielt kurz inne, um die Spannung zu erhöhen. »Sowohl der Fahrer wie der Beifahrer waren palästinensische Staatsangehörige.«
»Jesus Christus.«
»Nein. Das andere Team.« Ryan warf einen kurzen Blick auf seinen Spiralblock. »Jamal Hasan Abu-Jarur. Muhammed Hazman Shalaideh. Das Auto war ein Mietwagen.«
»Was wollten die beiden dort draußen?«
»Behaupteten, sie wären nur auf einer Besichtigungstour und hätten sich verfahren. Beide Männer hatten gültige Pässe. Die Namen waren sauber. Die Beamten forderten sie auf weiterzufahren.«
»Wann war das?«
»Am ersten März.«
Meine Kopfhaut fing an zu jucken.
»Also drei Tage nach meinem Besuch. Einen Tag vor Morissonneaus Tod.«
»Könnte Zufall sein.«
»Davon haben wir zurzeit aber mehr als genug.«
»Jetzt zu den guten Nachrichten.«
»Lass hören.«
»Hershel Kaplan war in den zwei Jahren vor seinem letzten Knastaufenthalt in Bordeaux vierzehn Mal in Israel. Außerdem hat sich herausgestellt, dass er ein Cousin von einem von Israels weniger pingeligen Antiquitätenhändlern ist.«
»Nein!«
»Ira Friedman ist der Beamte der Schwerverbrechensabteilung der israelischen Polizei, mit dem ich in Kontakt stehe. Friedman hat Kaplan ziemlich heftig rangenommen und durchblicken lassen, sie würden gegen ihn ermitteln wegen Verstößen gegen das Gesetz zum Schutz der Altertümer, gegen das Gesetz zum Schutz der Heiligen Stätten, wegen Grabschändung und der Zerstörung von Kulturgütern, wegen Steuerhinterziehung, Schmuggel, unbefugtem Eindringen, dem Raub der Locke, der Meuterei auf der Bounty , dem Mord an Lesnitsky, der Entführung von Rapunzel, dem Raub des Goldenen Vlieses und der Versenkung der Edmund Fitzgerald. «
»Das hat er tatsächlich gesagt?«
»Meine Umschreibung. Friedman hat Kaplan dazu gebracht, dass er sich ernsthaft Gedanken um seine Zukunft macht. Außerdem hat er meinen Namen erwähnt und angedeutet, dass Kanada sich einige seiner Schecks genauer ansehen will.«
»Raffiniert.«
»Der Plan hat funktioniert. Kaplan hat ein enormes Interesse daran entwickelt, mit seinen Landsleuten zu sprechen.«
»Soll heißen.«
»Mit mir, und zwar nur mit mir.«
»Der Mann hat gute Instinkte.«
Ryan grinste breit. »Friedman will, dass ich nach Jerusalem komme. Die Führung hat es genehmigt.«
»Die SQ bezahlt tatsächlich die Rechnung?«
»Erstaunlich, nicht? Das Außenamt hat die Sache an die Royal Canadian Mounted Police abgeschoben. Und die Mounties haben sie an uns abgeschoben. Ich bin der Ermittlungsleiter im Ferris-Mord und habe deshalb das große Reise-Los gezogen.«
»Anscheinend sind wir in Israel sehr gefragt.«
»Sollen wir ihnen den Gefallen tun?«
»Ja, warum eigentlich nicht?«
18
Einen Vorteil hat es, wenn man in ein Kriegsgebiet fliegt. An Sitzplätzen herrscht kein Mangel.
Während ich
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