Totgeglaubte leben länger: 8. Fall mit Tempe Brennan
nach fünf am Nachmittag.« Ryan ließ die anstößigen Früchte links liegen und machte sich über einen Berg Eier her, der so groß war wie der Mount Rushmore. »In Gin.«
Da ich annahm, dass es für eine intelligente Unterhaltung noch zu früh war, konzentrierte ich mich auf Hummus und Käse.
»Fährst du gleich mit Friedman los, um Kaplan zu verhören?«, fragte ich, als der Mount Rushmore nur noch ein Buckel war.
Ryan nickte und schaute auf die Uhr.
»Und Masada Max geht an Blotnik?«, fragte er.
»Ja. Aber ich habe Jake versprochen, mich zuerst mit ihm zu treffen, bevor ich mit sonst irgendjemandem in Kontakt trete. Er wird jeden Augenblick hier sein, und dann fahren wir gemeinsam zur IAA.«
Ryan stürzte den Rest seines Kaffees hinunter, stand auf und deutete mit dem Zeigefinger auf mich. »Seien Sie da draußen vorsichtig, Soldat.«
Ich legte zackig zwei Finger an die Stirn. »Verstanden, Sir.«
Ryan erwiderte den Gruß und verließ das Restaurant.
Um sieben kam Jake. Er trug Jeans, eine Tarnweste und ein offenes blaues Hawaii-Hemd über einem weißen T-Shirt. Ein ziemliches Mode-Statement für einen Glatzkopf von eins fünfundneunzig mit mega-buschigen Brauen.
»Hast du Stiefel dabei?«, fragte Jake und ließ sich auf den Stuhl fallen, den Ryan eben geräumt hatte.
»Für den Besuch bei Blotnik?«
»Ich will dir etwas zeigen.«
»Ich bin hier, um ein Skelett abzuliefern, Jake.«
»Ich will, dass du dir das zuerst ansiehst.«
»Und ich will, dass du mir zuerst sagst, was eigentlich los ist.«
Jake nickte.
»Heute noch.« Es kam lauter heraus, als ich beabsichtigt hatte. Oder war es doch beabsichtigt?
»Ich erkläre dir alles unterwegs.«
»Angefangen mit diesem Ossuar?«
Zwei Arabisch sprechende Männer gingen vorbei. Jake sah ihnen nach, bis sie durch den niedrigen Steinbogen, der aus dem Restaurant führte, verschwunden waren.
»Kannst du die Knochen in deinem Zimmer-Safe einschließen?« Jakes Stimme war kaum lauter als ein Flüstern.
Ich schüttelte den Kopf. »Zu klein.«
»Dann nimm sie mit.«
»Wehe, das ist nicht wichtig.«
Jake deutete auf meine Füße.
»Stiefel.«
Auf der Fahrt durch die Stadt erzählte Jake mir die merkwürdige Geschichte des Jakobus-Ossuars.
»Keiner bestreitet die Authentizität des Kastens. Das Problematische ist die Inschrift. Die IAA hat sie zur Fälschung erklärt. Andere sagen, der ›Bruder von Jesus‹-Teil sei echt, der ›Jakobus, Sohn des Joseph‹-Teil sei später hinzugefügt worden. Andere glauben genau das Gegenteil, dass der Jesus-Teil später hinzugefügt wurde. Und wieder andere glauben, der Jesus-Teil sei gefälscht worden.«
»Warum?«
»Um den Wert des Ossuars auf dem Antiquitätenmarkt in die Höhe zu treiben.«
»Hat denn nicht ein Ausschuss der IAA jeden Aspekt dieses Dings aufs Genaueste untersucht?«
»Ja. Schon. Zunächst gab es zwei Unterausschüsse. Der eine schaute sich Beschriftung und Inhalt an. Der andere untersuchte die Materialien. Zu dem Ausschuss für Beschriftung und Inhalt gehörte eine Expertin für alte hebräische Schrift, aber andere ähnlich qualifizierte Epigrafiker ziehen ihre Schlussfolgerungen in Zweifel.«
»Ein Epigrafiker ist ein Spezialist für die Analyse und die Datierung von Schriften?«
»Genau. Hör dir das mal an. Ein Genie aus dem Ausschuss führte Variationen in der Handschrift und in der Dicke und Tiefe der Buchstaben als Beweis für eine Fälschung an. Ich will dich nicht mit Details langweilen, aber Variationen sind genau das, was man bei einer nicht mechanisch angebrachten Inschrift erwarten würde. Völlig gleichförmige Buchstaben wären ein schlagender Beweis für eine Fälschung. Und die Mischung von Block- und Schreibschrift ist bei alten Gravierungen ein bekanntes Phänomen.
Ein anderer Streitpunkt waren Schreibfehler. Joseph wurde YWSP geschrieben und Jakobus Y’OB. Ein Ausschussmitglied behauptete, Joseph hätte YHWSP geschrieben sein sollen, und die Y’OB-Schreibung von Jakobus sei noch nie auf einem Ossuar aus der Zeit des Zweiten Tempels entdeckt worden.«
»Die Zeit des Zweiten Tempels ist die Zeit Jesu.«
Jake nickte. »Ich hab auch eigene Recherchen angestellt. Die Schreibweise des Jakobus-Ossuars tauchte in mehr als zehn Prozent der Joseph-Inschriften auf, die ich gefunden habe. Außerdem habe ich fünf Inschriften mit dem Namen Jakobus gefunden. Drei davon, also die Mehrzahl, zeigten dieselbe Schreibung wie die auf dem Jakobus-Ossuar.«
»Wusste der
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