Totgelesen (German Edition)
als »Armani-Pate« verspottet.
Nachdem keiner widersprach, fuhr Neumeister mit seiner Rede fort: »Ich denke, in Anbetracht der gegebener Situation ist es das Beste, uns nicht lange mit Begrüßungsgeplänkel aufzuhalten, sondern gleich zur Sache zu kommen. Allerdings muss ich noch einen wichtigen Punkt ansprechen, bevor Inspektorin Mühlbacher uns eine kurze Zusammenfassung der bisherigen Ermittlungen geben wird. Es handelt sich um unsere Personalressourcen, genauer gesagt, um die, die wir nicht haben. Ich weiß, dass es eng wird, zu dritt diesen Mord aufzuklären, aber mehr Personal steht mir nicht zu Verfügung. Ich könnte zwar aus Wien jemanden anfordern, aber fürs Erste wäre mir lieber, wenn Sie das alleine schaffen würden. Streifenbeamte können wir zur Befragung der Zeugen jederzeit abstellen, aber von einer anderen Abteilung kann ich momentan niemanden abziehen. Die Drogenfahndung steht kurz davor, einen internationalen Schmugglerring zu zerschlagen. Die brauchen alle verfügbaren Leute für ihre Ermittlungen. Deshalb bitte ich Sie, alleine klar zu kommen. Ich möchte jede Woche eine Besprechung abhalten, bei der Sie mich über die laufenden Ermittlungen in Kenntnis setzen. Falls inzwischen etwas Entscheidendes vorfallen sollte, möchte ich selbstverständlich umgehend darüber informiert werden. Ansonsten lasse ich Ihnen freie Hand.«
Er ließ seinen Blick über die drei Kriminalbeamten gleiten, ohne ihnen eine Chance zur Widerrede zu geben.
»Über die anfallenden Überstunden brauchen Sie sich nicht den Kopf zerbrechen, die werden wir in den nächsten Monaten wieder abbauen.« Als Zeichen, dass die Rede beendet war und er keine Widerrede erwartete, hüstelte er in ein weißes, mit Monogramm besticktes Taschentuch.
Allerdings blieb dieses Startzeichen von Monika unerkannt, da sie gerade dabei war, den Neuen in der Runde genauer zu begutachten. Er war mittelgroß, athletisch, Anfang 50 mit dunklem Haar, das er für Monikas Geschmack etwas zu kurz trug. Als sich sein Blick von Oberst Neumeister löste und zu ihr wanderte, wurde ihr bewusst, dass sie nun an der Reihe war. Sie gab den bisherigen Ermittlungsstand wieder, ohne auf die Personalprobleme einzugehen. Unterbesetzt zu sein war nie gut, aber das Letzte, was sie brauchte, war einer ihrer ehemaligen Wiener Kollegen, der sich hier wichtig machte. Ihren Bericht beendete sie mit den Schlussfolgerungen, zu denen sie heute Morgen am See gekommen war.
Nach ihr meldete sich Specht zu Wort, um sie von dem Treffen mit der Mutter des Opfers und den Aussagen der Nachbarin zu informieren. Beendet wurde das Ganze mit dem Bericht über die Auffindung von Nußbaumers Ehemann und dessen Reaktion auf die Nachricht.
Manchmal wurden die beiden Beamten von Neumeister unterbrochen, der Zwischenfragen stellte, während sich Hofer schweigend Notizen machte. Erst als Specht endete, blickte er auf und sagte: »Danke, dass ihr mich ohne viel Aufhebens wieder in euren Kreis aufgenommen habt. Deshalb werde auch ich nicht lange darauf herumkauen. Ich bin - sagen wir es mal so - nach einem langen Urlaub wieder da.«
Bei den ersten Worten klang seine Stimme eher krächzend, aber nach flüchtigem Räuspern blieb ein wohlklingender Bass zurück. »Zuerst müssen wir mehr über das persönliche Umfeld vom Opfer in Erfahrung bringen. Was sagen die Nachbarn? Die Mutter hat noch gar nicht ausgesagt, wenn ich das recht verstanden habe? Hatte sie einen Freund oder Liebhaber? Was hat sie den ganzen Tag gemacht?«
Bevor es offensichtlich wurde, dass Hofer dabei war, Monika die Ermittlungen zu entreißen, ergriff sie das Wort.
»Was den Tathergang betrifft, werde ich beim Gerichtsmediziner vorbeischauen. Der Befund hätte bereits hier sein sollen. Des Weiteren habe ich für morgen einen Termin mit der Spurensicherung vereinbart. Die sollen eine Rekonstruktion des Tatherganges vornehmen.« Monika schaute zur Pinnwand, auf der bereits dutzende Fotos des Opfers steckten und zur Tafel, auf der »Nußbaumer« geschrieben stand und darunter der zeitliche Ablauf in Stichworten festgehalten war.
»Wir werden auch diesen Nußbaumer gründlich durchleuchten müssen. Vielleicht stoßen wir dabei auf etwas Interessantes. Ich werde bei Interpol nachfragen, vielleicht sind dort ähnliche Fälle bekannt.«
Bisher waren es ihre Ermittlungen und so würde es auch bleiben. Hofer sollte von Anfang an merken, wo die Grenzen lagen.
»Das Wichtigste ist herauszufinden, warum sie umgebracht wurde. Wenn
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