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Totgesagt

Totgesagt

Titel: Totgesagt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Weaver
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geladen hatte. Jetzt allerdings war dort niemand. Ich schaute nach rechts hinüber zum Bad, dann nach links zur Treppe. Überall waren Schatten, ohne dass ich seine Gestalt hätte entdecken können. Das bedeutete, dass er sich nur an einem Ort versteckt haben konnte.
    Nebenan. In dem Raum mit den Ringen.
    Ich drückte mich dicht an die Wand und näherte mich der Tür. Dabei hielt ich die Beretta so ruhig wie möglich. Meine Hände wurden weiß, so fest umklammerte ich den Griff. Die Armmuskeln spannten sich an, dann traten die Venen an meinen Handgelenken hervor. Ein Bild von Legion schoss mir durch den Kopf, wie er in der Ecke des Raumes saß und das Feuer eröffnete, noch bevor ich den ersten Schuss abgeben konnte. Ich zögerte. Blieb kurz vor der Tür stehen.
    Dann, plötzlich, konnte ich ihn riechen.
    Kein Aftershave übertünchte mehr seinen Gestank. Fäulnis überlagerte alles, als kröche der Tod selbst über den Fußboden auf mich zu. Ich hatte recht gehabt. Es war wie der
Geruch eines Tieres, den er hinter sich herzog. Ein Warnsystem. Es sollte mich davon abhalten, noch näher zu treten. Was ich natürlich musste, wenn ich diese Farm jemals lebendig verlassen wollte.
    Für den Bruchteil einer Sekunde spähte ich um die Tür herum und tastete mit meinen Blicken die verschiedenen Ecken des Zimmers ab. Ich glaubte, ihn entdeckt zu haben, halb verborgen in der Dunkelheit, mir direkt gegenüber.
    Im nächsten Moment hatte ich das Gefühl, von einem Zug überrollt zu werden.
    Ich hatte Andrew nicht kommen sehen. Hatte nicht eine Sekunde damit gerechnet. Durch die Wucht eines heftigen Schlages wurde ich hochgehoben, und die Pistole löste sich aus meinem Griff. Ich blickte auf und sah, dass er ein Tischbein in den Händen hielt. Ich wollte nach der Waffe greifen – eine automatische Reaktion -, obwohl sie zu weit entfernt lag. Doch er schlug noch einmal zu, traf meine Rippen.
    Ich schrie auf.
    Mein Instinkt übernahm die Kontrolle: Ich versuchte, mich irgendwie am Teppich festzuhalten, versuchte fortzukriechen, um Distanz zwischen den Angreifer und mich zu legen, doch meine Finger rutschten ab, und er erwischte mich ein drittes Mal, diesmal an den Fußgelenken. Ich schrie vor Schmerz auf, und ein lähmendes Zittern kroch mein Bein hinauf. Ein weiterer Schlag traf mich im Kreuz, und diesmal spürte ich, wie meine Haut unter der Plastikfolie riss und Blut aus den Wunden an meinem Rücken spritzte.
    Er hörte auf. Blickte auf mich herab. Seine schwarze Kleidung ließ ihn im Halbdunkel größer erscheinen. Mächtiger. Als er in das wenige verbliebene Licht trat, entdeckte ich Bedauern in seinem Gesicht. Vielleicht sogar ein wenig Mitleid.

    »Ich verstehe es«, sagte er sanft und ging neben mir in die Hocke. »Ich verstehe, wie Sie sich fühlen. Wie verzweifelt Sie sich wünschen, sie zurückzubekommen.«
    Ich stieß mit einem Bein nach seiner Kniescheibe. Der Tritt verfehlte sein Ziel, brachte ihn aber aus der Balance, sodass er sich mit einer Hand auf dem Boden abstützen musste, um nicht auf den Rücken zu fallen. Ich schaute nach der Beretta. Sie lag ein Stück weiter links, knapp zwei Meter von mir entfernt.
    Mühsam zwang ich mich auf alle viere und versuchte, die Waffe zu erreichen.
    Schon war Andrew wieder auf den Beinen. Er trat einen Schritt näher und drosch mit dem Tischbein auf dieselbe Stelle wie zuvor: mein Kreuz, genau dort, wo eine Wunde aufgeplatzt war.
    Ich schrie laut auf und brach zusammen.
    Für einen Moment herrschte Stille. Er beobachtete mich, um herauszufinden, ob ich noch einen weiteren Versuch wagen würde. Als ich nichts unternahm, sah ich aus dem Augenwinkel, wie er sich ein zweites Mal hinhockte, diesmal ein Stück weiter von mir entfernt, außerhalb meiner Reichweite.
    »Nachdem ich aus dem Gefängnis gekommen war«, sagte er, wobei er das Tischbein in der Hand drehte, »fand mein Bewährungshelfer einen Job für mich, bei dem ich Kindern in einem Jugendclub das Fußballspielen beibringen sollte. Er kannte den Kerl, der die Einrichtung leitete. Am ersten Abend, als ich dort erschien, zog mich der Leiter beiseite und sagte: ›Ich weiß, dass du ein Strafregister hast. Für mich bist du nur ein Gefallen, den ich einem Freund tue. Wenn du also auch nur ein Mal Scheiße baust, und sei es, dass du vergisst, mir zu sagen, wenn der Orangensaft ausgeht, dann war’s das für dich.‹ Ich bekam zwanzig Pfund auf die Hand
als Wochenlohn. Bis zum Sonntag hatte ich nichts mehr übrig. Die

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