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Totgesagt

Totgesagt

Titel: Totgesagt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Weaver
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Project.«
    Es war eine Festnetznummer, aber ohne Ortsvorwahl, weshalb ich sie nicht als Telefonnummer identifiziert hatte.
    »Haben Sie versucht, anzurufen?«
    »Ungefähr hunderttausend Mal.«
    »Keine Antwort?«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Haben Sie eine Adresse herausbekommen?«
    »Ja.«
    »Und?«
    »London.«
    »Sind Sie hingefahren?«
    »Nein.«
    »Warum nicht?«
    »Haben Sie überhaupt zugehört , was ich Ihnen gesagt habe? Der ganze Fall ist abgeschlossen. Die Karte ist abgelaufen, und vor einem Jahr habe ich drei Stunden damit
verbracht, Teile von Alex’ Schädel auf einem beschissenen Feld aufzusammeln.«
    »Haben Sie Mary etwas davon gesagt?«
    »Wovon?«
    »Von dem, was Sie entdeckt haben.«
    »Nein. Was würde es nützen?«
    »Meinen Sie nicht, dass sie ein Recht darauf hat, Bescheid zu wissen?«
    »Ein Recht, worüber genau Bescheid zu wissen?«, fragte er. »Dass sie noch einmal einen langen Blick in eine weitere Sackgasse werfen kann? Vergessen Sie es. Ich habe ihr nichts gesagt, weil nichts von alldem irgendwohin führt. Der Fall – wenn es je ein Fall war – ist abgeschlossen. Es ist vorbei.«
    Plötzlich begriff ich es. Ich verstand, warum der Fall nicht weiter verfolgt worden war: Cary wollte sich keinen neuen, belastenden Informationen über Alex aussetzen. Er liebte seinen Freund und war enttäuscht über die Art, wie er gestorben war. Und doch sah ich noch etwas anderes. Nur wie ein kurzes Aufblitzen. Jenen Teil von ihm, den er immer zu unterdrücken versucht hatte und der verzweifelt nach Antworten suchte.
    »Wie lautete die Adresse in London?«
    »Irgendwo in Brixton. Ich habe die genaue Anschrift einem Bekannten gegeben, der bei der Met arbeitet, und er hat sich vor Lachen in die Hose gemacht. Anscheinend sind die einzigen Geschäfte, die dort draußen abgewickelt werden, solche, bei denen es um Koffer voller Crack geht.«
    Cary legte seine fleischige Hand auf das Notizbuch, zog es wieder zu sich heran und ließ es in die Schublade fallen. Als er aufschaute, zogen sich seine Augen zusammen, als hätte er in meinem Gesicht etwas bemerkt.
    »Was ist los?«, fragte er.
    »Ich habe noch eine einzige Frage.«

    Er rührte sich nicht.
    »Nun, eigentlich ist es eine Bitte um einen Gefallen, um ehrlich zu sein.«
    »Reicht Ihnen diese Akte denn noch nicht?«
    »Im Grunde dachte ich, Sie könnten mir vielleicht etwas … technische Hilfestellung leisten.«
    »Was, zum Teufel, soll das heißen?«
    Ich hielt das Foto hoch. »Mit der Aufnahme.«
    »Was ist mit ihr?«
    »Sie muss von jemandem gemacht worden sein, dem Alex nach seinem Verschwinden begegnet ist. Da es sich um ein Polaroid handelt, hat diese Person es höchstwahrscheinlich in der Hand …«
    »Nein.«
    Er hatte meinen Gedankengang erraten.
    »Ich müsste es nur auf Fingerabdrücke überprüfen können.«
    »Sie müssten nur? Sie müssten nur ? Ist Ihnen klar, worum Sie mich da bitten? Die Forensiker einzuschalten, es ins Computersystem zu speichern, schriftliche Spuren zu hinterlassen. Was glauben Sie, was passiert, wenn jemand herausfindet, dass ich private Untersuchungen betreibe?«
    »Ich weiß, dass es schwie…«
    »Ich bin am Arsch . Das passiert.«
    »Schon gut.«
    »Auf keinen Fall. Vergessen Sie es.«
    »Ich hatte das Gefühl, ich sollte wenigstens fragen.«
    »Auf keinen Fall«, wiederholte er.
    In seinem Gesicht allerdings sah ich den Kampf. Die glühende Asche seiner Erinnerungen an Alex war noch nicht erloschen. Irgendetwas in ihm brannte noch hell. Und vielleicht hatte ich zumindest eine Chance, dass Alex’ Foto doch noch untersucht würde.

12
    Als ich Richtung Osten aufbrach, sah ich das Sonnenlicht hoch vor mir durch die Wolken brechen. Bis ich schließlich Marys Haus erreicht hatte, war die Sonne verschwunden, und der Abend brach an.
    Sie begrüßte mich an der Tür, und ich folgte ihr durch die Küche und eine steile Treppe hinunter in den Keller. Er war riesig, viel größer, als ich erwartet hatte, aber es herrschte auch ein ziemliches Chaos: Kisten stapelten sich bis zur Decke wie Säulen in einem Foyer; Holz- und Metallteile lehnten an den Wänden; ein Sicherungskasten war von dicken, undurchsichtigen Spinnweben überzogen.
    »Manchmal komme ich hier herunter«, erklärte sie. »Es ist ruhig hier.«
    Ich nickte zum Zeichen, dass ich verstand.
    »Tut mir leid wegen des Durcheinanders.«
    Ich lächelte sie an. »Wenn Sie ein Durcheinander sehen wollen, kommen Sie mal bei mir vorbei.«
    Dann rief oben eine Stimme:

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