Totgesagt
wusste ich, warum. Er zeigte 17:42 Uhr.
Dann folgte ein Schnitt auf den Wagen selbst. Das Dach wirkte zusammengefaltet. Eine Tür hatte sich gelöst und musste irgendwo auf der Wiese liegen. Der Kofferraum war verschwunden, in das Heck des Autos gedrückt. Der Motor hing halb aus dem Wrack heraus. Als die Kamera langsam von links nach rechts schwenkte, sah ich Splitter der Windschutzscheibe im Gras glitzern. Der Kühlergrill des Toyota war herausgerissen worden und lag vor dem Wagen, zusammen mit mehreren farbigen Plastikteilen von den Scheinwerfern. Die Kamera ging näher heran und zeigte – unterstützt durch einen zusätzlichen Scheinwerfer – das Innere des Autos. Alles war schwarz, geschmolzen, verbrannt.
Als Nächstes tauchte eine Stelle in etwa sechs oder sieben Metern Entfernung auf. Im Gras verstreut lagen Gegenstände, die aus dem Wagen herausgeschleudert worden waren: ein verbranntes Handy, ein Schuh, eine Brieftasche aus angekohltem hellbraunem Leder. Sie war offen, und ihr Inhalt lag teilweise auf dem Boden verstreut. Ein Stück eines
geschwärzten und angeschmolzenen Führerscheins mit Alex’ Gesicht darauf lag ein wenig abseits im Gras.
Dann war der Film zu Ende.
Ich nahm die DVD aus dem Gerät und breitete die Fotokopien vor mir aus. Die Ermittler waren ziemlich sicher, dass Alex’ Alkoholspiegel schuld an dem Zusammenstoß war. Auf einer Seite waren mehrere unscharfe Fotos zu sehen, darunter eines von Reifenspuren auf der Straße und eines von dem Lastwagen, mit dem Alex’ Auto zusammengestoßen war. Der LKW-Fahrer war mit kleineren Schnittwunden und Prellungen davongekommen. In seiner Aussage erklärte er, dass ein anderes Auto Alex überholt hatte und dann, ungefähr zehn Sekunden später, der Toyota auf die Gegenspur geraten war. Ein drittes Foto zeigte den Toyota von vorn. Die rechte Seite hatte mehr abbekommen als die linke. Das erklärte, warum der Motor auf dem Video auf der rechten Seite weiter in den Wagen gedrückt zu sein schien. Ich blätterte durch die Analyse des Unfallorts und fand ein Diagramm, aus dem hervorging, wie sich der Techniker den Unfallhergang vorstellte.
Dann nahm ich mir den Obduktionsbericht vor. Wie Cary schon erklärt hatte, war der Toyota so alt gewesen, dass er keinen Airbag besessen hatte und keinen Aufprallschutz, der den Namen verdiente. Die Verletzungen waren beträchtlich: Zähne waren sowohl in Alex’ Magen gefunden worden als auch in dem, was von seinem Hals noch übrig war. Sie waren aus dem Zahnfleisch gebrochen, als sein Gesicht auf das Steuerrad aufgeprallt war. Ich las weiter, bis ich an eine Stelle kam, an der zwei Seiten fehlten. Cary musste sie im Drucker liegen gelassen haben. Ich nahm mir vor, ihn bei unserem nächsten Gespräch danach zu fragen.
Ganz am Ende der Akte befanden sich noch einige Fotos: Alex’ Leiche. Es war ein erschreckender Anblick. Seine
Hände waren bis auf das Skelett verbrannt; seine Füße und Unterschenkel ebenfalls. Von seinem Gesicht – von der Stirn bis zum Kiefer herab – waren ebenfalls nur noch Knochen übrig, und auf einer Seite seines Schädels zog sich ein breiter Riss bis hinunter zur Wange, wo er auf das Lenkrad geschlagen war. Ich blätterte zurück zum Obduktionsbericht. Je mehr ich las, desto schlimmer wurde es. Sein Körper war nahezu pulverisiert worden, Knochen zertrümmert, Haut verbrannt. Alles war irreparabel zerstört. Angesichts der Verletzungen war es offensichtlich, dass er gestorben war, ehe der Wagen Feuer gefangen hatte.
Bloß dass er, wenn ich Mary Glauben schenkte, eben nicht gestorben war.
Die Ecke des Raumes
Das Erste, das er hören konnte, war der Wind, entfernt zuerst und dann lauter, als er bewusst darauf achtete. Er öffnete die Augen. Der Raum drehte sich sanft im Kreis, und die Wände neigten sich, als er den Kopf auf dem Kissen bewegte.
Bin ich tot?
Er stöhnte und rollte sich auf die Seite. Langsam rutschte alles wieder an seinen Platz; die rechten Winkel der Wände; die mit Staubkörnchen durchsetzten Strahlen des Mondlichts; die Glühbirne, die sich sanft in dem durch das Klappfenster eindringenden Wind bewegte.
Es war kalt. Er setzte sich auf und zog eine Decke um seinen Körper. Sie streifte mit einem Ende über den Boden und schob dabei Schmutz und Staub in die Dunkelheit. Als er sich wieder bewegte, quietschte die Matratze unter ihm. Ein scharfer Schmerz fuhr ihm durch die Brust. Er legte eine Hand auf die Rippen und drückte mit den Fingern darauf. Unter seinem
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