Totgesagt
nächste Frage vorherzusehen.
»Also, wie sieht’s aus?«, sagte ich.
»Können wir nicht irgendwohin fahren?«
»Wohin möchten Sie?«
»Ich bin hungrig.«
»Okay.«
Wir stiegen in den Wagen, und ich startete den Motor.
»Was steht auf der Speisekarte?«
»Cheeseburger.«
»Wo?«
Sie lächelte. »Wenn Sie zahlen, dann weiß ich eine gute Adresse.«
19
Wir fuhren Richtung Osten, vorbei an den Skeletten alter Stadien und an Lagerplätzen. Alles lag im Dunkeln und wirkte beinahe heruntergekommen, als würde die City langsam sterben. Dicht gedrängte Wohnsiedlungen tauchten aus der Nacht auf, einsam und verlassen. Auf den Bürgersteigen war der Schnee bereits weggeräumt, die Fenster lagen im Dunkeln, und die Straßenlaternen flackerten.
»Wohin fahren wir?«
»Es ist ganz in der Nähe«, sagte sie und starrte aus dem Fenster.
Ich schaute zur Uhr. 8:34 Uhr.
»Bekommt man um diese Zeit noch etwas zu essen?«
Sie antwortete nicht.
»Jade?«
Sie schaute mich an und rutschte in ihrem Sitz herum. »Haben Sie jemanden verloren, Magnum?«
»Hmm?«
»Haben Sie jemanden verloren?«
»Wie meinen Sie das?«
Das Licht spiegelte sich in ihren Augen, doch ihr Gesichtsausdruck blieb unbewegt wie der einer Statue.
»Sie sind traurig.«
Ich antwortete nicht. Wollte nicht antworten. Aber ich war auf sie angewiesen – mehr als umgekehrt. Sie hatte sich abgewandt, und ihr Gesicht spiegelte sich in der Scheibe.
»Ich habe meine Frau verloren.«
»Wie?«
»Sie bekam Krebs.«
Sie nickte. »Wie hieß sie?«
»Derryn.«
Wieder nickte sie und schaute durchs Fenster in die Dunkelheit.
»Wie war sie?«
»Sie war meine Frau«, sagte ich. »Ich fand sie wunderbar und in jeder Hinsicht erstaunlich.«
Wir fuhren noch einen knappen Kilometer, dann wies sie mich an, links abzubiegen. Aus der Dunkelheit traten riesige Wohnblocks hervor, eingehüllt in die Nacht.
»Was vermissen Sie am meisten?«
»Wenn es um Derryn geht?«
Sie nickte.
Ich dachte kurz nach. »Ich vermisse es, mit ihr zu reden.«
Das Restaurant war ein alter Waggon, den man in eine Reihe von Eisenbahnbögen gesetzt hatte. Über einer Durchreiche summte eine blaue Neonreklame, die HEISSES ESSEN versprach. Eine zweite bildete das Wort STRAWBERRY’S. Wir stiegen aus dem Wagen, und Jade führte mich an einen der draußen stehenden Tische. Insgesamt gab es sieben. Jeder war mit einem Heizgerät ausgestattet, deren orangefarbenes Glühen den Platz vor dem Waggon erleuchtete. An dem von uns aus gesehen entferntesten Tisch saß ein Paar. Ansonsten waren alle Tische unbesetzt.
»Ich wusste nicht, dass wir die freie Auswahl haben«, sagte ich.
Jade ignorierte meine Bemerkung und setzte sich. Auf der Suche nach Zigaretten griff sie in ihre Manteltaschen und breitete deren Inhalt auf dem Tisch aus: Schlüssel, eine Brieftasche, eine Bankkarte, etwas Bargeld und ein Foto,
das sie mit der Vorderseite nach unten legte. Auf der Rückseite war eine Aufschrift zu lesen: Dies ist der Grund, warum wir es tun. Sie fand ihre Zigaretten, nahm eine heraus und schob sie sich zwischen die Lippen.
»Nehmen Sie den Burger mit allem«, sagte sie.
Ich nickte. »Ist das einer Ihrer Lieblingsplätze?«
»In einem früheren Leben«, entgegnete sie. »Mit meiner Mum und meinem Dad war ich oft hier. Sie haben solche Lokale geliebt. Lokale mit Persönlichkeit.«
Sie drehte sich um und deutete auf den Waggon. »Früher hatten sie einen Typen namens Stevie, der den Laden schmiss. Damals hieß er noch Rafferty’s. Stevie mochte meine Mum und meinen Dad und hat immer etwas Besonderes für sie gekocht.«
»Leben Ihre Eltern noch?«
Nach einer Pause schüttelte sie den Kopf.
Das Heizgerät verströmte jede Menge Wärme. Jade zog den Mantel aus, zündete ihre Zigarette an und betrachtete mich. »Also, was ist Ihre Geschichte, Magnum?«
»Ich bin kein Privatdetektiv, Jade.«
Sie grinste. »Aber Sie möchten einer sein .«
»Möchte ich das?«
»Sie führen sich wie einer auf.«
Eine Frau in einer auf alt gemachten Kellnerinnen-Uniform trat aus dem Waggon. Sie trug ein Namensschild mit der Aufschrift STRAWBERRY’S und eine Miene, die einen Mann in Stein verwandeln konnte.
»Was kann ich euch bringen?«, bellte sie.
»Zwei Burger mit allem«, erwiderte Jade. »Ich nehme ein Bier dazu. Magnum?«
Ich musterte die Bedienung. »Einen großen Kaffee. Schwarz.«
Die Kellnerin verschwand wieder. Jade und ich starrten
uns an. Der Widerschein von einem der Heizgeräte funkelte
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