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Totgesagt

Totgesagt

Titel: Totgesagt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Weaver
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in ihren Augen und verlieh ihr ein verschmitztes Aussehen. Sie fing an, die Gegenstände, die sie auf dem Tisch ausgebreitet hatte, wieder in ihre Taschen zu packen.
    »Sind das Ihre Mum und Ihr Dad?«
    Ihre Augen folgten der Bewegung meines Fingers. Ich deutete auf das Foto. Sie nahm es in die Hand und drehte es um. Auf dem Foto war ein Junge zu sehen, vielleicht fünf oder sechs Jahre alt. Das Bild war alt und hatte seine Farben verloren. Der Junge rannte über eine Grasfläche und trat gegen einen Fußball. Links von ihm befand sich ein Drahtzaun. Rechts, am äußersten Rand des Bildes, ein Wohnblock mit einer Tafel. Eagle Heights.
    »Das Haus kenne ich«, erklärte ich.
    Sie antwortete nicht, und ihr Gesicht blieb beinahe reglos.
    »Wer ist der Junge?«
    Sie schaute auf das Foto. »›Dies ist der Grund, warum wir es tun‹«, erwiderte sie.
    »Was soll das bedeuten?«
    Sie lächelte. »Wenn ich es wüsste, würde ich es Ihnen sagen. Aber das tue ich nicht. Ich weiß nicht, was es bedeutet. Allerdings weiß ich, wofür der Junge steht.«
    »Nämlich?«
    »Etwas bewirken.«
    »Etwas bewirken?«
    »Wie heißt dieser Spruch? Ähm …« Sie nahm einen tiefen Zug an ihrer Zigarette und starrte hinaus in die Nacht. Dann blies sie eine Rauchsäule in den kühlen Abend. »Der Zweck heiligt die Mittel.«
    »Gut.«
    »Genau darum geht es.«
    »Ich kann Ihnen nicht folgen, Jade.«

    Sie nickte, als hätte sie gar nicht erwartet, dass ich sie verstand. Dann nahm sie das Foto und steckte es wieder in ihre Tasche. »Mussten Sie schon mal ein Geheimnis bewahren?«
    »Klar.«
    »Ich rede nicht von Geburtstagsgeschenken.«
    »Ich auch nicht.«
    »Also, welches Geheimnis mussten Sie bewahren?«
    »Ich habe in Israel gearbeitet, in Südafrika, im Irak.«
    »Und?«
    »Ich habe dort Dinge gesehen, die ich niemals vergessen werde.«
    »Was für Dinge?«
    Ich dachte an Derryn und daran, dass ich sie vor meiner Arbeit abgeschirmt hatte. Vor den Dingen, die ich gesehen hatte, den Leichen, über die ich gestolpert war.
    »Was für Dinge?«, wiederholte sie.
    »Dinge, die ich nicht mit nach Hause zu meiner Frau bringen konnte.«
    Die Kellnerin kam mit unseren Getränken.
    »Kommen Sie, Magnum. Sie müssen sich schon etwas mehr ins Zeug legen.«
    »Ich will bei Ihrem Spiel nicht mitmachen.«
    »Es ist kein Spiel, sondern ein Deal.«
    »Ich handele auch nicht mit Ihnen.«
    »Warum nicht?«
    »Wir sind nicht zum Handeln hergekommen. Das war nicht unsere Absprache.«
    Sie steckte sich die Zigarette zwischen die Lippen und nahm einen Zug.
    »Ich sollte die Dinger wirklich nicht rauchen«, sagte sie. »Aber ich schätze, wir alle haben unsere Dämonen.«
    Sie presste einen Daumen an ihre Lippen, geheimnisvoll und verspielt, und dann breitete sich ein Lächeln auf ihrem
Gesicht aus. »Wenn Sie Ihr kleines Projekt weiter verfolgen, dann werden Sie es nicht vermeiden können, ein paar von Ihren eigenen Dämonen zu begegnen.«
    »Wovon reden Sie?«
    »Ich rede über das, was Sie finden werden, wenn Sie bis zum Ende gelangen …« Sie drehte ihre Bierflasche. »Ich denke, ich rede vor allem über die Tatsache, dass man im Leben scheitert, wenn man nicht stark ist. Und ich stehe kurz vor dem Scheitern, Magnum – weil ich erschöpft bin.«
    »Wovon?«
    »Vom Weglaufen. Vom Lügen. Vom Neuanfangen.«
    »Was meinen Sie mit Neuanfangen?«
    »Ich meine damit, dass Sie jetzt im Angel’s nichts mehr finden werden. Jeder, der damit zu tun hat, wird fort sein. Wenn Sie Fragen stellen, wird es nur schlimmer für Sie. Und wenn Sie noch einmal hingehen, werden Sie nur neuen Leuten begegnen. Alles wird sich verändert haben.«
    »Warum?«
    »Was glauben Sie, warum?«
    Ich dachte einen Moment nach. »Weil die Bar eine Fassade ist.«
    Sie schnippte mit den Fingern und lächelte.
    »Wofür?«
    »Sie hilft uns, das zu tun, was wir wirklich tun wollen. Sie verschafft uns Geld. Sie sichert unseren Lebensunterhalt.«
    »Gehört die Bar Ihnen?«
    »Nicht mir.«
    »Wem dann?«
    Sie nahm einen Kontoauszug, der noch vor ihr lag, und faltete ihn auseinander. Das Konto gehörte zum Angel’s. Der Auszug zog sich über zwei Seiten hin, doch in der Mitte war eine Lastschrift verzeichnet: CALVARY PRO 5000,00.
    Das Calvary Project.

    Jeden Monat zahlte das Angel’s fünf Riesen an eine Gesellschaft, von deren Existenz das Finanzamt nichts wusste.
    »Um ihm auf die Spur zu kommen, müssten Sie sich durch einen kilometerdicken Stapel von Dokumenten lesen«, sagte sie und nahm

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