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Totgesagt

Totgesagt

Titel: Totgesagt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Weaver
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einen Heidenlärm zu machen; jedes Geräusch wurde in meinen Ohren verstärkt, jedes Klopfen meines Herzens, jedes Zwinkern meiner Lider. Ich erwartete, dass ich den Mann kommen hören würde, dass ich irgendwas hören würde, doch das Haus lag in völliger Stille. Keine Schritte, kein Knarren des Fußbodens.
    Im Spiegel über der Kommode hatte ich das ganze Schlafzimmer im Blick. Die Nachtschränkchen. Derryns Bücher. Ihre Pflanze. Das Bad, Waschbecken und Dusche. Die Tür, und dahinter die Dunkelheit des Flurs.
    Nichts bewegte sich.
    Nicht das leiseste Geräusch war zu hören.
    Doch plötzlich war er da.
    Ein Stück rote Plastikhaut schimmerte auf. Die Spitzen seiner Stiefel, dunkel, aber poliert, schimmerten im Licht der Außenbeleuchtung. Der Rest der Maske trat aus dem Dunkel hervor, als wolle sie diese Dunkelheit auslöschen. Der Mann blieb stehen und drehte langsam den Oberkörper, während sein Blick durch das Zimmer streifte. Dabei machte er keinerlei Geräusche, nicht einmal, als er noch weiter ins Zimmer trat.
    Ich regte mich nicht. Atmete nicht. Ich konnte kein Geräusch
riskieren, da ich nichts hatte, um es mit einer Pistole aufzunehmen. Meine einzige Chance bestand darin, ihn glauben zu machen, ich sei nicht zu Hause.
    Noch ein Schritt.
    Er hob den Arm mit der Waffe leicht an, und sein Finger krümmte sich um den Abzug. Ganz leise konnte ich ihn einatmen hören. Schnüffeln. Wie ein Hund beim Versuch, eine Fährte aufzunehmen. Er blickte hinüber zur Kommode, in den Spiegel , und schien mich unmittelbar anzuschauen. Dann setzte er sich in Bewegung. Am Bad vorbei und um die Kante des Betts herum.
    Jetzt nahm ich einen Geruch wahr. Ein entsetzlicher, fauliger Geruch wie verrottender Kompost hüllte den Mann ein. Ich konnte nicht anders als schlucken, in der vagen Hoffnung, den Gestank aus meiner Kehle und Nase zu vertreiben. Ich schluckte noch einmal, und wieder, und wieder, doch ich wurde ihn nicht los.
    Der Mann in der Teufelsmaske beugte sich leicht vor, um unter dem Bett nachzuschauen. Als er sich wieder aufrichtete, trat er an Derryns Nachttisch heran. Ich hörte das leise Gleiten von Schubladen, die sich öffneten und schlossen; dann nahm ich etwas anderes wahr: ein Bilderrahmen wurde vom Nachttisch genommen. Danach hörte ich nichts mehr. Als ich mich umdrehte, hingen seine Arme an den Seiten herab – eine Hand hielt die Waffe, die andere war leer -, und der Bilderrahmen war verschwunden. Ein Foto von Derryn und mir in unserem letzten gemeinsamen Urlaub.
    Ich musste mich mit aller Gewalt zwingen, mich weiterhin lautlos zu verhalten. Wer auch immer unter dieser Maske steckte, war soeben in meine Intimsphäre eingedrungen, hatte mich verletzt, meine Frau, unsere Erinnerungen. Meine Brust füllte sich mit Zorn, doch als sich der
Mann mit leicht erhobener Waffe näherte, gewann meine Angst die Überhand. Er bewegte sich jetzt schneller, entschlossener, als hätte er plötzlich begriffen, dass ich mich im selben Raum befand.
    Wieder blieb er unter dem Türsturz stehen, direkt hinter dem Türblatt, das mir Schutz bot. Er drehte sich um. Sah sich ein zweites Mal gründlich im Zimmer um. Dann atmete er unter der Maske vernehmlich ein; ein langes, tiefes Luftholen. Als er ausatmete, war der Geruch wieder da, sein Gestank nach Verfall. Ich hielt den Atem an und mühte mich verzweifelt, nicht zu schlucken; nicht das leiseste Geräusch von mir zu geben.
    Schließlich wandte er sich endgültig ab und trat hinaus in den Flur und weiter in das leer stehende zweite Schlafzimmer. Im Spiegel sah ich, wie die Nacht seinen ganzen Körper mit Ausnahme der Maske verschluckte. Die Maske verschwand nicht. Eingehüllt in die Nacht, ließ das blutrote Gesicht des Teufels seine Blicke durch das leere Zimmer schweifen – in einer einzigen, langen, schlangenartigen Bewegung – und kam wieder heraus.
    Dann war der Mann verschwunden.

Das Programm
    Er saß auf der Bettkante und schaute hinüber zur Tür. Sie stand offen. Morgenlicht erfüllte eine Art von Wohnzimmerbereich ohne jegliche Ausstattung. Die einzigen Möbel, die er entdeckte, waren ein Tisch in der Mitte und ein einzelner Stuhl, den man daruntergeschoben hatte.
    Es war ein Trick. Alles andere war unmöglich.
    Er versuchte, sich zu erinnern, wie lange sie ihn schon festhielten. Wie lange er mitten in der Nacht aufgewacht war und in die Zimmerecke gestarrt hatte. Zwei oder drei Wochen, vielleicht einen Monat. Vielleicht noch länger. Während der ganzen Zeit

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