Totgesagt
auch an den übrigen Wänden des Raumes.
Direkt neben ihm befand sich in Augenhöhe eine rechteckige Metallplatte mit Schrauben in allen vier Ecken. Ein eiserner Ring ragte heraus. Auch auf ihm war Wasser zu erkennen – und noch etwas anderes. Dunkleres. Es roch wie Rost. Vielleicht Kupfer.
Oh, Scheiße. Es ist Blut.
Er versuchte den Arm von der Wand wegzuziehen – doch irgendetwas glitzerte im Licht und machte klirrende Geräusche. Er spürte, wie Handschellen in seine Haut schnitten. Eine Schlinge war an dem Ring befestigt, die andere lag um sein linkes Handgelenk. Er konnte sich nicht
bewegen. Nicht fliehen. Konnte nicht einmal aufstehen, ohne wieder hinuntergezogen zu werden.
Er schaute zur Tür.
Das Laken hatte sich bewegt, sich an der Wand entlang ein Stück genähert. Es wurde von der Brise aufgebauscht. Diesmal konnte er unter dem Laken etwas erkennen: eine Gestalt.
»Hallo?«
Die Gestalt zuckte zusammen.
»Hallo.«
Wieder zuckte sie. Das Laken rutschte ein Stück nach unten. Unter dem weißen Baumwollstoff hervor betrachtete ihn ein Mädchen. Vielleicht achtzehn Jahre alt.
»Hallo?«, wiederholte er.
Sie sah dünn aus. Ihr Mund war schmal und klein, ihre Haut bleich. In der Dunkelheit wirkte sie wie ein Geist.
»Wo sind wir?«
Sie schaute zur Tür – in einer langsamen, zeitlupenhaften Bewegung -, dann wieder zu ihm. Doch sie antwortete nicht.
»Alles in Ordnung mit dir?«
Keine Antwort. Ihr Kopf neigte sich leicht nach vorn, als hätte sie Schwierigkeiten, ihn oben zu halten. Er versuchte, sich so weit von der Wand zu lösen, wie seine Fessel es zuließ.
»Alles in Ordnung?«
Er spürte, wie etwas durch seine Hose sickerte, und schaute auf den Boden. Unter einem seiner Beine befand sich eine Lache Erbrochenes. Er zuckte zurück, rutschte dabei aber aus. Die Handschellen rissen an ihm, und ein Schmerz schoss ihm durch den Oberarm, als wäre seine Schulter aus dem Gelenk gesprungen.
»Sei still.«
Er schaute zu dem Mädchen hinüber.
Sie starrte ihn an, die Augen so hell wie ihre Haut und das Haar stumpf und schmutzig. Das Laken war heruntergefallen. Sie trug nur einen BH, einen Slip und ein Paar Socken.
»Alles in Ordnung?«, fragte er wieder.
Sie antwortete nicht.
»Kannst du mich verstehen?«
Sie zuckte zusammen, als hätte jemand sie mit einer Messerspitze gestochen. Dann drehte sie sich wieder zur Tür, um hinauszuschauen. Sie starrte in die Dunkelheit.
»Wie heißt du?«
Endlich wandte sie ihm ihr Gesicht wieder zu.
»Sei still.«
»Was ist hier los? Wo sind wir?«
Sie schüttelte den Kopf.
»Wie heißt du?«
Sie zögerte. Schaute ihn an. »Rose.«
Wieder rückte er von der Wand ab und bewegte sich vielleicht dreißig Zentimeter in ihre Richtung. Diesmal gab er darauf acht, der Kotze auszuweichen. Der Gestank im Raum setzte ihm langsam zu.
»Hör mir zu, Rose. Ich werde uns hier rausbringen – aber du musst mir dabei helfen. Du musst mir ein paar Dinge erklären.«
Wieder schaute sie zur Tür, und diesmal drehte sie sich nicht wieder zu ihm zurück. Er betrachtete sie, musterte ihren Körper. Ungefähr in der Mitte ihrer Wirbelsäule war ein Fleck zu erkennen, und auf dem linken Schulterblatt, gleich neben dem Träger ihres BHs, prangte ein großer, schwarzer Bluterguss.
Sie sagte etwas, doch er bekam es nicht mit.
»Was hast du gesagt?«
Sie zog das Laken wieder um ihren Körper, ehe sie ihn
anschaute. Auch ihr Arm war mit Handschellen an die Wand gefesselt. Er bemerkte, dass an beiden Längsseiten des Raumes in gleichmäßigen Abständen weitere Ringe angebracht waren.
Dann entdeckte er noch etwas anderes.
Einen guten Meter von ihm entfernt lag ein scharfes Stück einer Fliese, vielleicht von einer Badezimmerwand. Es war dreieckig und an einer Seite gezackt. Er bewegte sich, so weit es ging, von der Wand weg, wobei die Handschellen sich wieder fest um sein Gelenk schlossen, und tastete mit dem Bein über den Boden.
»Was machst du da?«, flüsterte Rose.
Wieder versuchte er, die Fliese zu erwischen. Diesmal zielte er mit seinem Stiefel besser und schaffte es, die Fliese umzudrehen, wobei die Stille ringsum das Geräusch um ein Vielfaches zu verstärken schien.
»Hör auf«, sagte sie. »Er wird dich hören.«
Er schaute sie an. »Wer?«
»Der Mann.« Wieder ließ sie den Blick kurz zur Tür huschen. »Der Mann mit der Maske. Der Teufel.«
Ich frage mich, wie du schmeckst … Kakerlake.
Ein Schauer überlief ihn.
»Wer ist er?«, flüsterte er.
Sie
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