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Totgesagt

Totgesagt

Titel: Totgesagt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Weaver
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das Oberteil eines Trainingsanzugs für die Wartezeit. Als Liz eintraf, reichte sie mir eine Jeans, ein T-Shirt und einen Mantel. Dann zog ich mich in einer leeren Umkleide im rückwärtigen Teil der Polizeiwache um. Sie wartete am Empfang, selbst mit einer Trainingshose und einer engen Trainingsjacke mit Reißverschluss bekleidet.
    »Alles in Ordnung mit dir?«
    Ich nickte. »Prima. Lass uns von hier verschwinden.«
    Wir gingen um die Ecke zu ihrem Mercedes. Sie drehte die Heizung auf volle Kraft und reichte mir einen Becher Kaffee. Aus dem kleinen Loch im Plastikdeckel stieg Dampf empor.
    »Auf dem Weg hierher habe ich noch bei der Tankstelle gehalten. Ich dachte, du könntest einen Energieschub vertragen. Schwarz, ohne Zucker.« Sie machte eine kurze Pause. »Genau, wie du ihn magst.«
    Ich lächelte. »Danke.«
    Sie startete den Wagen, und wir fuhren eine Weile.
    »Ich weiß das wirklich zu schätzen, Liz.«
    Sie nickte. »Willst du mir erzählen, was passiert ist?«
    Ich warf ihr einen Blick zu, den sie erwiderte. Sie trug eine hauchdünne Schicht Make-up. Vielleicht hatte sie es nach der Arbeit nicht entfernt. Vielleicht hatte sie es aber auch aufgelegt, ehe sie losgefahren war. So oder so sah sie wirklich gut aus. Ihr Parfum erfüllte das Innere des Wagens,
und für einen Moment spürte ich eine starke Verbindung zu ihr. Ein Vibrieren. Ich schaute weg, hinaus in die Nacht, und versuchte, mir darüber klar zu werden, woher das Gefühl gekommen war. Es war ein langer Tag gewesen. Ein traumatischer Tag. Vielleicht war es bloß die Erleichterung, endlich nach Hause zu kommen. Oder vielleicht war mir für eine Sekunde wieder bewusst geworden, wie einsam ich war.
    »David?«
    Ich drehte mich wieder zu ihr um. »Heute ist alles ein bisschen unangenehm gelaufen.«
    »Mit einem Fall?«
    Ich nickte.
    »Steckst du in Schwierigkeiten?«
    »Nein.«
    »Bist du sicher?«
    Wir hielten an einer Ampel. Rotes Licht fiel in den vorderen Teil des Wagens und spiegelte sich in ihren Augen. Vor uns glühten die Lichter des London City Airports.
    »David?«
    »Alles in Ordnung«, sagte ich. »Ehrlich.«
    Ihr Blick wanderte über mein Gesicht.
    »Denn falls du in Schwierigkeiten steckst, kann ich dir helfen.«
    »Ich weiß.«
    »Ich bin Anwältin. Das ist mein Job. Ich kann dir helfen , David.«
    Darauf folgte eine Schweigepause. Zwischen uns war etwas passiert. Etwas Unausgesprochenes. Und dann kehrte das Gefühl wieder zurück. Ein Schmerz in meiner Magengrube.
    »Was immer du brauchst«, sagte sie leise.
    Ich nickte wieder.

    »Du musst nicht alles allein bewältigen.«
    Du musst nicht einsam sein.
    Ich betrachtete sie. Sie beugte sich ein wenig zu mir herüber, und der Geruch ihres Parfums wurde stärker. Ihre Finger strichen über mein Bein. Was immer du brauchst. Ihre Augen waren dunkel und ernsthaft.
    »Ich kann dir helfen«, erklärte sie beinahe im Flüsterton.
    Sie lehnte sich noch weiter herüber. Mein Herz schlug bis zum Hals, als wäre ich ein Tier, das gerade aus dem Winterschlaf erwacht. Ich machte eine Bewegung auf sie zu.
    »Ich brauche …«
    Ich dachte an Derryn. An ihr Grab. Es ist zu früh. Liz war mir so nahe, dass ich ihren Atem auf meinem Gesicht spürte.
    »Was?«, erwiderte sie. »Sag mir, was du brauchst.«
    Die Ampel sprang um. Ich schaute auf das grüne Licht, dann wieder zu Liz. Die Straßen waren leer. Hinter uns befand sich nichts außer dunklen, höhlenartigen Lagerhäusern.
    »Es ist bloß …«
    Sie musterte mich aufmerksam – und dann veränderte sich etwas. Sie nickte langsam. Schließlich setzte sie sich wieder aufrecht ans Steuer, schaltete in den ersten Gang und fuhr los.
    »Liz, ich …«
    »Ich weiß.«
    »Es ist nicht, dass ich …«
    »Ich weiß«, wiederholte sie und warf mir einen Blick zu. Eines ihrer Augen schimmerte. »Du musst nichts erklären, David. Ich verstehe es.«
    Ich betrachtete sie von der Seite und ließ meinen Blick über ihren Körper wandern. Du musst nicht einsam sein. Ihre Brüste. Ihre Taille. Ihre Beine. Als ich wieder aufblickte, starrte sie mich an.

    Es ist zu früh.
    »Ich weiß nicht, was ich denken soll«, sagte ich leise.
    Sie nickte. »Ich verstehe.«
    »An manchen Tagen …« Ich hielt inne. Schaute sie an. Sie wandte sich mir wieder zu, und ein Teil ihres Gesichts lag im Widerschein der Straßenbeleuchtung. »An manchen Tagen ist es das, was ich will.«
    Sie nickte wieder.
    »Aber an anderen Tagen …«
    »Ich gehe ja nicht weg, David«, erwiderte sie sanft,

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