Totgesagt
Gewicht ächzte.
»Dann wurden die Dinge etwas komplizierter. Zack stieß auf diese Heroinsüchtige in Bristol. Sie war von ihrem Dealer verprügelt und von ihrem Zuhälter vergewaltigt worden. Er entdeckte sie mitten im Winter in einer Seitenstraße, wo man sie zum Sterben hatte liegen lassen. Also steckten wir sie in unser Entgiftungsprogramm.«
Er hielt inne und atmete hörbar aus.
»Dann, eines Abends, sagte sie, sie wollte nicht mehr hier bleiben. Ich sagte ihr, sie hätte ihre Entscheidung getroffen und müsste nun durchhalten.« Sein Körper sackte kaum merklich zusammen. »Daraufhin zog sie eine Schere heraus – und stach sie einem meiner Leute in die Brust.«
Ich betrachtete sein Gesicht.
»Ich schlug sie«, sagte er und stampfte mit dem Fuß auf dem Boden auf. »Und ich schlug sie wieder und wieder und wieder. Und als ich fertig war, bewegte sie sich nicht mehr.«
Er musterte mich.
»Sie hatte uns angefleht, ihr zu helfen. Deswegen brachten wir sie hierher, wo ein neues Leben auf sie wartete. Und sie dankte es uns, dankte es mir , indem sie einen meiner besten Freunde ermordete.«
Bedauern zeigte sich in seinem Blick.
»Dann kam mir eine Erleuchtung. Ein echter Wendepunkt. Wenn wir von anderen bekämpft wurden, wenn sie uns alles, was wir ihnen anboten, vor die Füße warfen, mussten wir irgendwie mit ihnen zurechtkommen. Wir hatten sie aus der Gesellschaft herausgeholt, ihnen ein Dach über dem Kopf gegeben. Wir hatten Opfer für sie gebracht. Also würden sie ein Opfer für uns bringen müssen. Sie würden zu Märtyrern werden.«
»Deswegen haben Sie Legion ins Boot geholt.«
»Ja«, antwortete er sachlich und erhob sich. »Wir waren zusammen in der Armee gewesen. Er besaß ein paar einzigartige Fähigkeiten. Auf dem Schlachtfeld sieht man am besten, welchen Wert ein Mann dem Leben beimisst, David. Man sieht, wie schnell er bereit ist, Leben in Tod zu verwandeln. Die meisten Soldaten, die meisten Menschen , wollen nicht töten müssen. Sie haben eine Linie, die sie niemals übertreten wollen.« Meine Blicke folgten ihm, als er mit baumelnder Peitsche an meine Seite trat. »Doch für ihn gab es die Grenze nicht.«
»Ich dachte, hier ginge es um eine göttliche Mission?«
»So ist es.«
»Haben Sie jemals die Zehn Gebote gelesen?«
Er lächelte. »Ich habe das Projekt beschützt.«
»Sie haben einen mörderischen Psychopathen bei sich aufgenommen.«
»Das werden Sie niemals verstehen, David. Sie hatten nie ein Ziel, für das es sich zu kämpfen lohnte.« Wieder schaute er auf meinen Ehering. »Abgesehen von der Erinnerung
an Ihre tote Frau. Und was für eine Art von Ziel ist das?«
Er lächelte wieder, als er meinen lodernden Zorn bemerkte. Dann verschwand er hinter mir, wo ich ihn nicht sehen konnte.
»Dann töteten Sie also einfach die Menschen, bei denen Ihr Programm nicht funktionierte?«, fragte ich.
Andrew reagierte nicht.
Und mir fiel es wie Schuppen von den Augen.
»Oh, Scheiße . Sie haben ihre Leichen benutzt, um …«
»Ja«, erwiderte er hinter meinem Rücken. »Wir haben die Leichen derjenigen benutzt, die nicht auf unser Programm ansprachen. Wir haben ein paar nützliche Freunde in nützlichen Positionen. Im Krankenhaussystem. Bei der Polizei. Wissen Sie, wie man Beweismaterial aus einer Polizeidatenbank löscht, David? Ich glaube, Sie wären überrascht, wenn Sie wüssten, wie einfach das geht.«
Ich hörte, wie er wieder näher kam.
»Man muss sich nicht bis ganz nach oben vorarbeiten. Man kann in relativ kurzer Zeit jemanden finden, der im Umgang mit HOLMES vertraut ist, und von dem Moment an … Nun ja, es ist erstaunlich, was man alles bewirken kann, indem man sich einfach an den Computer eines anderen setzt und dessen Login-Daten verwendet.«
»Sie benutzen diese Menschen.«
Er tauchte an meiner anderen Seite auf und blickte auf mich herab. Seine Stirn war leicht gerunzelt, so als begriffe er meine Naivität nicht.
»Denken Sie doch einmal an den Nutzen. Unsere Männer und Frauen im Apparat haben die Erlösung erfahren. Sie sind so, wie Zack und Jade waren. Einst zerbrochen, dann erneuert. Sie geben anderen Menschen dieselbe Chance, indem sie unsere Aktivitäten schützen.«
Ich spürte den ersten heftigen Schmerz in meinem Körper, dicht an der Leistengegend. Einen dumpfen Schmerz, der sich wie ein Ölteppich in mir auszubreiten schien.
Er lächelte und stieß einen Finger gegen meine Stirn.
»Spüren Sie das?«
Ich bewegte den Kopf und befreite mich
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