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Totgeschwiegen (Bellosguardo)

Totgeschwiegen (Bellosguardo)

Titel: Totgeschwiegen (Bellosguardo) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Reiter
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Ruhelosigkeit, die es ihm noch nicht mal ermöglichte, ein paar Tage von seinem Beruf abzuschalten. Egal wo sie sich in den letzte n Jahren gesehen hatten, ob in den großen Metropolen der Welt oder aber auch mal bei einem kurzen Strandurlaub, ihr Vater war immer mit seiner Arbeit beschäftigt. Während sie und ihre Schwester Maya in einem Hotelpool badeten, saß ihr Vater im Zimmer und telefonierte.
    Und da Maya nun schon seit einem halben Jahr in Australien weilte, war Anna die letzten Sommerferien allein bei ihrem Vater gewesen. Die meiste Zeit hatte sie die Ferien damit verbracht, im Hotelzimmer abzuhängen und sich auf die Rückkehr ins Internat zu freuen.
    Auf einer Skala von 1-10 würde sie ihrer problembehafteten Familiengeschichte maximal eine 5 geben - denn für einen 10er Kandidaten war ihre Geschichte hier wahrlich nicht tragisch genug.
     
    Es würde sie schon sehr interessieren, wo der geheimnisvolle Domenik einzustufen wäre. Wenn schon das Gerücht umging, dass er aus einer schwierigen Familie stammte, bedeutete das mindestens eine 7 auf der Skala. Und ab einer 7 waren das Geschichten, die auch wirklich abgebrühte Internatler als „bitter“ einstuften. Also was war in seiner Familie passiert?
    Domenik war ein neuer Schüler. Deswegen auch die mangelnden Infos. Spätestens nach einem Jahr wusste eigentlich die ganze Schule über pikante Details eines Schülers Bescheid. Irgendwer tratschte ja eigentlich immer. Ungewöhnlich an Domenik war schon mal, dass er so spät ins Internat gekommen war. In ihrem Internat war es zwar gang und gäbe, dass Schüler von einem Tag auf den anderen auch mitten im Jahr auftauchten, aber dass einer in die Abschlussklasse neu eintrat, war doch eher selten.
    Sie hatte am Rande schon mitbekommen, dass da irgendetwas mit Nina gewesen war. Aber lange kann es nicht gedauert haben, wenn Dominik erst seit August in der Schu le war und die Verbindung, jetzt im November, schon wieder der Vergangenheit angehörte. Nina gehörte nicht gerade zu Annas Freundinnen. Im Gegenteil, sie war feindliches Lager und wohnte im Amalienhaus – dort, wo es vor Zicken nur so wimmelte.
    Lara und sie w ohnten im Luisenhaus – dem ihrer Ansicht nach, coolsten Mädchenhaus der Schule. Zwar hatten auch sie, die eine oder andere Zicke unter ihnen – aber kein Vergleich zu Nina und ihrer Truppe.
    Mit Domenik hatte , ihres Wissens, bislang keine ihrer engeren Freundinnen auch nur irgendeinen Kontakt gehabt.
    Soweit sie wusste, hing er mit den Typen aus seinem Haus ab, die aber eben auch nicht zu ihrer Clique gehörten. Er war ihr allerdings schon des Öfteren im Clubhaus aufgefallen – das musste sie sich schon eingestehen. Irgendetwas hatte er an sich, was sie anziehend fand. Und immer war es dieser intensive Blick gewesen, mit dem er sie taxiert hatte. Aber gesprochen, hatten sie noch nie miteinander. Noch nicht einmal ein „Hallo“ hatte es zwischen ihnen gegeben.
     
    „Anna, wir würden uns auch über deinen Beitrag freuen, oder stören wir dich gerade?“ Die Stimme ihres Deutschlehrers riss sie unsanft aus ihren Gedanken.
    „Ähm, ähm ...“, stotterte sie vor sich hin und bedachte ihren Lehrer mit einem undefinierten Schulterzucken. Sie vergrub die Nase in Goethes Faust und tat so, als ob sie über die Gretchenfrage sinnieren würde.

2
     
    Beim Abendessen quetschte sich Max neben sie auf den freien Stuhl. Anna stöhnte unmerklich. Lara saß ihr gegenüber und verdrehte bereits die Augen.
    „Anna, bist du nachher im Clubhaus?“, fragte er und sah sie mit einem treudoofen Dackelblick an.
    „Wo soll ich denn sonst an einem Mittwochabend sein?“ Annas Antwort war etwas schroffer als beabsichtigt. Max ging ihr mittlerweile echt auf die Nerven. Was hatte sie sich nur dabei gedacht, sich mit dieser Schlaftablette einzulassen? Aus der Nummer musste sie sich dringend, so elegant wie möglich, rauswinden.
    Offensichtlich war er zu jung für sie. Gleichalt und im gleichen Jahrgang – das konnte man als Mädchen einfach vergessen. Die Jungs waren nun mal Spätentwickler.
    Der große Haken war nur, dass Max wirklich ein guter Freund von ihr war. Umso dämlicher war es gewesen, sich auf eine Romanze einzulassen. Bei dem Gedanken an den heimlichen und unbeholfenen Sex mit ihm unter der Bettdecke schüttelte es sie. Wenn sie bedachte, dass sie dafür sofort von der Schule fliegen konnte ...
    In ihrem Internat ging es zwar eigentlich recht tolerant zu, aber bei Sex war Schluss. Sie wäre nicht

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