Totgeschwiegen
verraten!”, rief Kennedy, doch es war schon zu spät.
“Ich spare mit Teddy, damit wir noch eine für dich kaufen können”, stieß Heath begeistert hervor. “Dad meint, wir könnten die doch sehr gut hier in den Garten stellen.”
Grace spürte einen Kloß im Hals. Sie versuchte die Tränen zurückzuhalten, und küsste beide Jungen auf die Stirn. “Das ist ja ein wundervolles Geschenk. Vielen Dank!”
“Weinst du jetzt?”, fragte Heath.
“Das sind nur Freudentränen”, sagte sie und wischte sich über die Wangen.
Kennedy war mit seiner Arbeit fertig und kam zu ihr, um ihr hochzuhelfen. “Ich dachte mir schon, dass es dir gefallen würde. Aber die beiden haben sich das ganz allein ausgedacht.”
Ein Streifenwagen hielt in der Auffahrt an, und eine kleine dunkelhaarige Frau stieg aus. “Wohnt hier eine Grace Archer?”, fragte sie.
Grace wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. “Ja, bitte?”
Sie kam Grace entgegen, und sie trafen sich auf halbem Weg. Als sie einander gegenüberstanden, schob sie die Sonnenbrille so weit herunter, dass Grace ihre braunen Augen und die langen Wimpern sehen konnte. “Grace Archer, geborene Montgomery?”
“Ja.”
Sie streckte die Hand aus. “Ich bin Allie McCormick.”
Grace fühlte sich unbehaglich, als sie den Nachnamen hörte. Sie hatte versucht, ihre Mutter davon zu überzeugen, sich nicht mehr mit dem Polizeichef zu treffen. Früher oder später würde bestimmt jemand herausfinden, dass sie eine Affäre hatten. Irene hatte es versprochen, aber Grace war sich ziemlich sicher, dass die beiden immer noch herumturtelten. Wahrscheinlich hoffte ihre Mutter, dass McCormick ihretwegen eines Tages seine Frau verließ. Grace hingegen hoffte genau das Gegenteil. Natürlich wollte sie, dass ihre Mutter glücklich war, aber sie war nicht damit einverstanden, dass sie einer anderen Frau den Ehemann wegnahm. Außerdem konnte sie sich sehr gut ausmalen, was geschehen würde, wenn Joe und seine Familie von der Affäre Wind bekamen. Sie würden bestimmt behaupten, dass der Polizeichef befangen gewesen war, als er die Farm der Montgomerys durchsuchte. Und dann würde die ganze Sache wieder von vorn anfangen.
“Sind Sie vielleicht mit Chief McCormick verwandt?”, fragte sie und versuchte, ihr plötzliches Unbehagen zu vertuschen.
“Ich bin seine Tochter. Ich war auch auf der Highschool. Anderer Jahrgang, aber ich kann mich noch ganz gut an Sie erinnern.”
Grace wusste nicht, wo sie die Frau einordnen sollte, aber sie hatte ohnehin sehr viel aus jener Zeit absichtlich vergessen. “Freut mich, Sie kennenzulernen”, sagte sie.
Allie McCormick schaute sich um. “Das Haus war schon immer ein Traum, aber Sie haben es geschafft, es noch schöner zu machen.”
“Vielen Dank.” Grace bemerkte ihr Polizeiabzeichen. “Sie arbeiten also für Ihren Vater”, stellte sie fest.
Allie lächelte sie an. “Verbrechensbekämpfung scheint uns im Blut zu liegen. Vor seiner Pensionierung war mein Großvater bei der Kriminalpolizei in Nashville. Mein Onkel ist bei der Autobahnpolizei in Kalifornien, und mein Bruder ist Sheriff in Florida.”
Warum erzählte sie ihr das alles? Grace spürte, wie Kennedy nach ihrer Hand griff. Ganz offensichtlich wollte auch er gern wissen, was dieser Auftritt zu bedeuten hatte. Er fragte höflich, aber bestimmt: “Was können wir denn für Sie tun?”
Allie McCormick schob die Sonnenbrille wieder nach oben. “Ich bin zurück in der Stadt und dachte mir, es kann nicht schaden, mal vorbeizukommen und meine Karte dazulassen. Ich war eine Zeit lang in Chicago und habe dort ungelöste Fälle wieder aufgegriffen, und nun …”
“Ungelöste Fälle?” Grace hoffte, dass ihre Stimme nicht so zittrig klang, wie sie sich fühlte.
“Ja, genau. Ich habe ungelöste Fälle wieder aufgerollt und, wenn alles gut ging, gelöst. Es war ziemlich anstrengend, aber es hat auch Spaß gemacht. Für einen Kriminalisten gibt es nichts Befriedigenderes, als einen Fall zu lösen, an dem sich die Kollegen zehn, zwanzig oder dreißig Jahre lang die Zähne ausgebissen haben.”
“Das glaube ich Ihnen aufs Wort.”
Allie McCormick legte Teddy eine Hand aufs Haar. Die beiden Jungs waren immer näher gerückt, nachdem sie festgestellt hatten, dass sie eine Pistole bei sich trug. “Ich habe gehört, dass Sie Staatsanwältin sind”, sagte sie.
“Ja, das ist richtig.”
“Dann vermute ich mal, dass es für Sie bestimmt ziemlich unbefriedigend ist, dass die
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