Totsein ist Talentsache (German Edition)
und 49 Prozent Luftpudern wegnimmt, bleiben immer noch
drei Prozent zurück, die so unerklärlich sind, das sie wahr sein müssen. Das Ausmaß
der Verschwörung kann jedoch selbst Jo nicht ermessen.
Der Gedanke, dass es in Österreich vermutlich eine
Gruppe von Menschen gibt, die seit Jahrzehnten ein ganzes Volk für dumm
verkauft, bereitet auch Katja Kopfzerbrechen. Diese Leute scheinen echte Profis
auf ihrem Gebiet zu sein. Immerhin hat bisher niemand hier im Land Verdacht
geschöpft, denn davon hätte man gehört. Oder? Wenn man davon ausgeht, dass
irgendjemand einen Grund und die Macht hat, großräumig zu zensurieren und
vielleicht auch noch Touristen verschwinden lässt, was geschieht dann erst mit
jenen, die dahinter kommen?
„Memo an mich: Nationale Vermisstenanzeigen und
ungeklärte Fälle überprüfen. Jo, ich werde deine Hilfe brauchen. Ich bin zwar
gut am Rechner, aber du bist offenbar besser. Ich geb´s nicht gerne zu, aber es
ist so. Ich hab jetzt eh ein paar Tage frei. Ich verschaff dir auf deinem
Zauberkasten Zugang zu den Polizeirechnern und du wirst dann die Akten
knacken.“ Jo antwortet: „Süße, den Zugang hab ich schon lange. Aber schau trotzdem
vorbei, ich komm mit dem Beamtendeutsch nie ganz zurecht.“ Angemessen
beeindruckt nickt Katja ihm zu, bringt sogar ein Lächeln zustande und rückt
näher zu ihm. Jo nutzt die Gunst der Stunde und versucht, Eindruck zu schinden.
Es funktioniert: Kurz darauf sind die beiden mitten in einer angeregten
Unterhaltung über jenen Amerikaner, der die Unverfrorenheit besessen hat,
Österreichs besten Exportartikel - den Marillo - zu kopieren und dieses
schändliche Objekt dann auch noch höchst einfallslos mit einem angebissenen
Apfel zu versehen.
Jo ist im Glück. Wie Katja wohl in Weiß mit einem
Blumenstrauß aussieht? Und nackt? Ersteres vorm Altar, Zweiteres vorm Computer?
Und nicht zwingend in dieser Reihenfolge? Katja ist zwar eine Herausforderung,
aber auf jeden Fall eine angemessene Alternative zur schwer vergebenen Anna.
Wenn nicht sogar eine bessere. Anna ist mit Bernd zusammen. Im Augenblick sogar
sehr eng.
„Sollte uns das
nicht zu trinken geben?“, seufzt Katja mit einem wehmütigen Blick auf das
verliebte Paar. Dann schenkt sie Wein nach, drückt den beiden ihre Gläser in
die Hände und ruft: „Auf abwesende Freunde!“ Verlegen löst sich Anna von Bernd
und meint: „Also, was wissen wir bis jetzt?“
Mit steigendem Alkoholpegel sinken Konzentration und
Ernsthaftigkeit, sodass am Ende bestenfalls unterhaltsame, jedoch keineswegs
annehmbare Vermutungen im Raum stehen. Bernd meint, dass die Verschwundenen in
Öd im Winkel eine WG gegründet und mit dem Knüpfen von Topflappen einen
durchaus lukrativen Geschäftszweig aufgebaut haben. Anna hält die Weiße Frau
vom Schloss Schönbrunn, die ihren Spukradius bis Vorarlberg erweitert hat, für
die Verantwortliche. Katja ist fix der Meinung, dass AFFE die Ausländer zu
Trainingszwecken gefangen hält und an ihnen das Uhrenlesen übt. Und Jo ist
sicher, dass einer berühmten Restaurantkette, die sich auf die Zubereitung von
Tafelspitz spezialisiert hat, auf Dauer das Fleisch zu teuer geworden ist und
die Touristen als Suppeneinlage herhalten müssen.
Irgendwann stellt Anna fest, dass das Detektivspielen
wegen fortgeschrittener Untauglichkeit aller Beteiligten vertagt werden sollte.
Außerdem muss Bernd seinen Nachtdienst antreten. Er hat zwar vernünftigerweise
nicht sehr viel getrunken, steht aber trotzdem ein wenig neben sich. Zum Glück
ist in lauen Sommernächten kaum mit akuten Sportunfällen zu rechnen.
Während sie sich zum Aufbruch bereit macht, meint
Katja: „Wir müssen auf jeden Fall Schweigen bewahren. Niemand darf etwas
mitbekommen, nicht mal unsere Familien oder enge Freunde! Alles, was wir bisher
entdeckt haben, weist erschreckend deutlich auf Verschwörung und Vertuschung
der Sonderklasse hin. Und wenn wir richtig liegen – was ich fast befürchte –
dann sind Mitwisser bestimmt nicht besonders beliebt.“ Bei diesen Worten zuckt
Jo ein wenig zusammen und meint: „Das ist das Problem, von dem ich vorher
gesprochen habe. Wenn wir erwischt werden, dann …“ - „Sag ich ja“, unterbricht
ihn Katja. „Bis wir mehr Informationen und Indizien gesammelt haben, müssen wir
äußerste Vorsicht walten lassen. Bernd: Ohren offen halten. Anna: Augen offen
halten. Jo: weitermachen.“
Augenscheinlich hat Katja gerade beschlossen, dass
die vier dem Rätsel bis zur
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