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Totsein verjaehrt nicht

Titel: Totsein verjaehrt nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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ihrem Schreibblock Notizen.
    Feldkirch sagte: »Worüber haben Sie in der Nacht zum Sonntag mit der Taxifahrerin Ann-Kristin Seliger, der Freundin meines Kollegen, gesprochen?«
    Zuerst streckte Yilmaz den Kopf vor, als traue er seinen Ohren nicht. Dann schniefte er, lehnte sich zurück und verschränkte zum wiederholten Mal die Hände hinter der Stuhllehne. »Wie sprechen? Was sprechen mit der? Wieso? Ich hab dem Dennis erklärt, was abgeht, das war der Punkt. Die soll ableben, das war die Ansage. Dennis war wieder Kleinkind, Hose voll. Wär fast zu den Bullen und hätt alles gestanden. Bist du Baby?, sag ich zu ihm. Heulst du?«
    Er sah nur Feldkirch an, drehte den Kopf von Fischer weg, seine schwarzen Augen glänzten.
    »Wir beobachten die Frau. Wochenlang. Kennen ihren Standplatz, fahren ihr nach. Nur um zu sehen, was die so treibt. Ist ein Spiel. Andererseits: Prüfung. Für Dennis. Dass er den Arsch hochkriegt. Wir fahren der Frau hinterher, amüsieren uns, passt alles. Dann sag ich: Heut passierts, und es passiert. Was reden? Wir haben gewartet, ich bin vorn rein, Dennis hinten, wie immer. Ich schlag zu, sie wehrt sich. Wehrt die sich, will zurückschlagen. Schlecht. Beim nächsten Mal kippt sie weg. Ich nehm die und sag: Die wird ableben, und Dennis: Will weg. Reden! Ich nehm die Frau allein in meinem Wagen mit, fahr die zum Haus von meinem Bekannten, das steht leer, praktisch, dass wir schon in der Nähe waren. Wenn wir die Frau in Moosach erwischt hätten oder in Laim, das wär ein weiter Weg gewesen mit der. Ich wollt ja, dass die in das Haus kommt und da ablebt. Hab ich alles vorher dem Dennis erklärt. Er hat nicht zugehört. Kleinkind. Wenn er nicht zuhören will, hört er weg. Dann musst du handeln, dann darfst du nicht klein beigeben. Ich fahr die Frau ins Haus, bind die fest, fahr zurück, hol Dennis ab, der immer noch rumsteht wie ein entlaufener Affe. Hat die ganze Zeit gejammert, Motto: Frau von Bullen entführen gibt Ärger. Ich hab ihm erklärt, dass so ein Gejammer unangemessen ist. Ersticht seinen eigenen Onkel und fängt wegen der Frau zu heulen an. Das sind die Dinge, die getan werden müssen. Und? Ich bin hier. Der Herr Fischer hat gute Arbeit geleistet. Und Sie? Fragen mich, was ich mit der Frau gesprochen hab. Beim nächsten Mal sprech ich mit ihr, dann verrat ich’s Ihnen.«
    Er drehte den Kopf zu Fischer. »Das nenn ich handeln. Sie haben den Dennis geknackt, Sie haben uns erwischt. Schon Pech. Aber: Respekt. Fragen Sie den Dennis, wieso er seinen Onkel erstochen hat, ich hätts nicht getan. Das war der nicht wert, wir wollten sein Geld, sonst nichts. Ein Schritt nach dem anderen. Der Preis muss gezahlt werden, das wird derDennis jetzt lernen müssen. Wahrscheinlich heult er schon wieder. Der Junge ist nicht dumm, er schafft das. Alles, was er braucht, ist ein Trainer, einer, der seine Talente erkennt und fördert. Jetzt wär was zu trinken recht. Apfelschorle wär sehr gut, ist das machbar?«
    Staunend hob Yilmaz den Kopf, als Fischer aufstand, mit den Fingern durch seine Haare strich, wortlos zur Tür ging, sie öffnete und von außen zuschlug.
    Vom Flur waren Stimmen zu hören, die sofort verstummten, als Fischer aus dem Zimmer kam.
     
    Nur eine Minute. Allein. Außerhalb seiner Rolle. Nicht zu weit außerhalb, drei Schritte vielleicht. Er roch den Atem des Tatverdächtigen noch, aber er hatte den Mann nicht mehr vor Augen. Eine Minute lang. Er sah Ann-Kristin und dass sie am Leben war.
    In diesem Moment, das wusste er, war sie am Leben.
    In diesem einen Moment riss Polonius Fischer auf der Toilette des Kommissariats in der Burgstraße den Mund auf und stieß einen Schrei aus, den niemand hörte. Es war ein lautloser Schrei. Aber ein Schrei war es, und er hörte ihn, er hörte ihn, als er schon wieder auf dem Weg in den P-F-Raum war und die Nummer des Haftrichters in sein Handy tippte.
     
    Nach einem Schweigen sagte Feldkirch: »Wenn Ihr Plan war, dass die Taxifahrerin sterben sollte, Herr Yilmaz, dann hätten Sie sie sofort umbringen können, wie Dennis seinen Onkel.«
    Yilmaz’ Zögern war eine Form von Selbstgefälligkeit. »Guter Mann, der Fischer. Natürlich geknickt jetzt. Aber: die Frau lebt. Noch mal davongekommen.«
    »Sie konnten die Frau nicht gleich töten«, sagte Feldkirch. »Sie waren nicht so abgebrüht wie Dennis.«
    Wie schon einmal schlug Yilmaz sich die Faust in die Hand. »Voll daneben! Abgebrüht. Schlau gesagt. Hören Sie nicht zu? Die Frau sollt ableben,

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