Touchdown
Rick versicherte ihr mehr als einmal, dass er zwar alles andere als reich sei und nicht einmal gut bezahlt werde, dass er es aber ablehne, sich um Geldfragen Sorgen zu machen. Und er weigerte sich auch, sie allzu oft zahlen zu lassen.
Ihr Metallrahmenbett rutschte während spätabendlicher Aktivitäten durch das halbe Zimmer, was offenbar so viel Lärm verursachte, dass sich Signora Stella veranlasst sah, Liwy beim Frühstück am nächsten Morgen diskret flüsternd beiseite zunehmen. »Was hat sie gesagt?«, fragte Rick, als Stella sich zurückgezogen hatte. Liwy, plötzlich rot im Gesicht, beugte sich zu ihm und flüsterte: »Wir haben letzte Nacht zu viel Lärm gemacht. Es hat Beschwerden gegeben.«
»Was hast du ihr gesagt?«
»Täte uns leid, aber wir könnten nicht aufhören.«
»Braves Mädchen.«
»Sie findet auch nicht, dass wir aufhören sollen, aber vielleicht gibt sie uns ein anderes Zimmer, eins mit einem schwereren Bett.«
»Ich liebe Herausforderungen.«
*
Lange Boulevards gibt es nicht in Venedig. Die Straßen sind schmal, sie verlaufen nicht gerade, sondern winden sich mit den Kanälen oder überqueren sie mit einer Vielzahl von Brücken. Irgendjemand hat mal vierhundert Brücken in Venedig gezählt, und am Mittwochabend war Rick überzeugt, sie alle benutzt zu haben.
Er lagerte unter einem Schirm in einem Straßencafe, paffte träge an einer kubanischen Zigarre und schlürfte Campari auf Eis, während er wieder auf Liwy wartete, die noch eben eine weitere Besichtigung durchzog, diesmal einer Kirche, die unter dem Namen San Fantin bekannt war. Er war Liwy nicht überdrüssig, ganz im Gegenteil. Ihre Energie und Neugier regten ihn an, seine grauen Zellen in Schwung zu halten. Sie war eine wunderbare Gefährtin, leicht zu begeistern und für alle Unternehmungen aufgeschlossen, so sie denn Spaß und Anregung versprachen. Er wartete noch immer darauf, das verwöhnte Kind aus reichem Hause kennenzulernen, die ganz mit sich selbst beschäftigte Prinzessin aus besseren Kreisen. Aber vielleicht existierte die gar nicht.
Er hatte auch noch nicht genug von Venedig. Vielmehr war er ganz begeistert von dieser Stadt, ihren endlosen Winkeln, Sackgassen und versteckten Piazze. Die Meeresfrüchte waren unglaublich, und er genoss es gründlich, für eine Weile mal keine Pasta zu essen. Er hatte inzwischen genug Kirchen, Palazzi und Museen gesehen, aber ein gewisses Interesse an Kunst und Geschichte der Stadt war doch angeregt worden. Rick war allerdings Footballspieler, und da war noch ein letztes Spiel zu spielen. Ein Spiel, das er gewinnen musste, um seine Anwesenheit, sein Dasein zu rechtfertigen und auch die Kosten, die er verursachte, so bescheiden sie sein mochten. Doch selbst wenn man die Geldfrage mal beiseiteließ, war er ja immerhin mal NFL-Quarterback gewesen, und falls er nicht in der Lage war, hier in Italien ein Offensivspiel für einen einzigen weiteren Sieg aufzuziehen, dann war es Zeit, die Schuhe an den Nagel zu hängen. Er hatte bereits angedeutet, dass er am Donnerstagmorgen würde abreisen müssen. Sie schien das zu ignorieren. Beim Abendessen im Fiore sagte er: »Ich muss morgen zurück nach Parma. Coach Russo will sich am Nachmittag mit mir treffen.«
»Ich glaube, ich bleibe noch ein bisschen hier«, sagte sie, ohne zu zögern. Es war alles geplant.
»Für wie lange?«
»Ein paar Tage noch. Ich komm schon zurecht.«
Daran hatte er keinen Zweifel. Obwohl sie am liebsten zusammen waren, brauchten beide auch ihren Freiraum, und bei Bedarf nahmen sie ihn sich. Liwy konnte die Welt ohne Weiteres allein bereisen, hatte damit viel weniger Schwierigkeiten als er. Sie ließ sich durch nichts beirren oder einschüchtern. Sie konnte sich an jede Situation an passen und war sich auch nicht zu schade, ihr Lächeln und ihre Schönheit einzusetzen, um zu bekommen, was sie wollte.
»Zum Super Bowl wirst du aber wieder zurück sein?«, fragte er.
»Würde ich mich niemals trauen, das zu verpassen.«
»Kluges Kind.«
Sie aßen Aal, Meeräsche und Tintenfisch, dann, als sie sich den Bauch vollgeschlagen hatten, gingen sie noch auf einen Absacker in Harryʹs Bar am Canal Grande. Sie saßen aneinandergeschmiegt in einer Ecke, beobachteten eine Gruppe sehr lauter Amerikaner und hatten kein bisschen Heimweh.
»Wenn die Saison vorbei ist, was machst du dann?«, fragte sie. Sie hatte sich in seinen rechten Arm gewickelt, seine rechte Hand massierte ihr Knie. Sie tranken langsam, als wollten sie
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