Touchdown
zweiten Hälfte, ohne einen einzigen Pass zu werfen. Giancarlo fegte links und rechts über außen, während Franco durch die Mitte donnerte. Der Angriff nahm sechs Minuten in Anspruch, und als Montrose und Gefährten beim Spielstand von 45:13 aufs Spielfeld joggten, ahnten sie, dass sie verloren hatten. Er gab nicht auf, war jedoch nach dreißig Läufen mit dem Ball nicht mehr der Frischeste. Nach dem fünfunddreißigsten hatte er seinen vierten Touchdown, aber die mächtigen Warriors lagen schon zu weit hinten. Der Endstand lautete 51:27.
28. Kapitel
Zu früher Stunde am Montagmorgen hüpfte Liwy aus dem Bett, machte eine Lampe an und verkündete: »Wir fahren nach Venedig.«
»Nein«, kam die Antwort unter dem Kissen hervor.
»Doch. Du warst noch nie da. Es ist meine Lieblingsstadt.«
»Das waren Rom, Florenz und Siena auch schon.«
»Steh auf, Lustmolch. Ich zeig dir Venedig.«
»Nein, ich bin zu kaputt.«
»Schlappschwanz. Ich fahr nach Venedig und such mir einen richtigen Mann, einen Fußballspieler.«
»Komm, lass uns weiterschlafen.«
»Nichts da. Ich hau ab. Dann werde ich eben den Zug nehmen.«
»Schick mir ʹne Ansichtskarte.«
Sie klatschte ihm eins aufs Hinterteil und ging unter die Dusche. Eine Stunde später war der Fiat beladen, und Rick brachte Kaffee und Croissants aus der Bar in seiner Nachbarschaft. Coach Russo hatte bis Freitag trainingsfrei gegeben. Der Super Bowl erforderte, ebenso wie sein amerikanisches Vorbild, zwei Wochen Vorbereitungszeit. Der Gegner - welch Überraschung - hieß Bergamo.
Sobald sie aus der Stadt raus waren und den morgendlichen Berufsverkehr hinter sich gelassen hatten, begann Liwy mit der Geschichte der Stadt Venedig, wobei sie sich gnädigerweise, was die ersten zweitausend Jahre betraf, auf die Höhepunkte beschränkte. Rick hörte, eine Hand auf ihrem Knie, geduldig zu, als sie sich darüber ausließ, wie und warum die Stadt auf Schlick und Schlamm in einem ständig überfluteten Gebiet erbaut worden war. Zwischendurch warf sie hin und wieder einen Blick in einen ihrer Reiseführer, doch das meiste referierte sie aus dem Gedächtnis. Sie war im letzten Jahr zweimal in Venedig gewesen, jeweils für ein verlängertes Wochenende. Das erste Mal in Begleitung einer Horde Studentinnen, eine Erfahrung, die sie dazu inspiriert hatte, einen Monat später noch mal allein zurückzukehren.
»Und die Straßen sind Flüsse?«, fragte Rick mit einiger Sorge um den Fiat und wo man ihn wohl würde parken können.
»Besser bekannt als Kanäle. Es gibt keine Autos, nur Boote.«
»Und diese kleinen Boote heißen wie?«
»Gondeln.«
»Gondeln. Ich hab mal einen Film gesehen, wo ein Paar mit einer Gondel gefahren ist und der kleine Kapitän ...«
»Gondoliere.«
»Wie auch immer, jedenfalls hat er die ganze Zeit gesungen, richtig laut, und sie konnten ihn nicht dazu kriegen, die Klappe zu halten. Ziemlich lustig. War ʹne Komödie.«
»Das ist was für die Touristen.«
»Kannʹs kaum erwarten.«
»Venedig ist die außergewöhnlichste Stadt der Welt, Rick. Ich möchte, dass du sie liebst.«
»Oh, werd ich bestimmt. Ich frage mich, ob sie wohl ein Footballteam haben.«
»In den Reiseführern ist davon nichts erwähnt.« Ihr Handy war abgeschaltet, und sie schien sich keine Sorgen wegen der Vorgänge zu Hause zu machen. Rick wusste, dass ihre Eltern wütend waren und Drohungen aussprachen, aber hinter der ganzen Geschichte steckte noch viel mehr, als Liwy bisher enthüllt hatte. Sie konnte die Gedanken daran wie auf Knopfdruck ausschalten, und wenn sie sich in die Geschichte, die Kunst und Kultur Italiens versenkte, war sie wieder ganz die von ihrem Fach begeisterte Studentin, die ihr Wissen unbedingt mitteilen möchte.
Etwas außerhalb von Padua machten sie Mittagspause. Eine Stunde später fanden sie einen gebührenpflichtigen Parkplatz für Touristen mit Auto, wo sie den Fiat für zwanzig Euro pro Tag abstellten. In Mestre bestiegen sie eine Fähre, und ihr Abenteuer auf dem Wasser begann. Die Fähre schaukelte, während sie beladen wurde, dann walzte sie auf die venezianische Lagune hinaus. An der Reling auf dem Oberdeck hielt sich Liwy an Rick fest und beobachtete erwartungsvoll, wie Venedig näher rückte. Bald schon fuhren sie in den Canal Grande ein, und wohin man auch blickte, waren Boote - private Wassertaxis, kleine mit Obst und Gemüse beladene Barken, das Carabiniere-Boot mit den Polizeiinsignien, ein Vaporetto voller Touristen, Fischerboote, andere
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