Touchdown
ausgetragen wurde. Die Bösen redeten Othello ein, dass Desdemona ihm untreu sei, und Othello, der ein aufbrausendes Temperament besaß, fasste schließlich den Vorsatz, seine Frau zu töten.
Vorhang, wiederum zwanzig Minuten Pause zwischen den Akten. Wird das Ganze wirklich vier Stunden dauern?, fragte sich Rick. Andererseits war er begierig, mehr von Desdemona zu sehen. Falls noch mehr Buhrufe kamen, würde er vielleicht mal in den fünften Stock laufen und ein paar Schläge austeilen.
Im dritten Akt hatte sie mehrere Auftritte, ohne Buh rufe zu provozieren. Nebenhandlungen entspannen sich in alle Richtungen, während Othello weiterhin auf die Bösen hörte und immer fester die Überzeugung gewann, dass er seine schöne Frau töten müsse. Nach neun oder zehn Szenen war der Akt vorbei, und es wurde Zeit für eine neuerliche Pause.
Der vierte Akt fand in Desdemonas Schlafzimmer statt. Sie wird von ihrem Ehemann ermordet, der bald darauf erkennt, dass sie ihm sehr wohl treu war. Verzweifelt, wie von Sinnen, aber noch immer fähig, auf das Wunderbarste zu singen, zieht Othello einen Dolch hervor und stößt ihn sich in den Leib. Er fällt auf den leblosen Körper seiner Frau, küsst sie dreimal und stirbt dann auf höchst lebhafte Weise. Es gelang Rick, dem Geschehen weitgehend zu folgen, aber er wandte die Augen kaum einmal von Gabriella Ballini ab.
Vier Stunden nachdem er Platz genommen hatte, erhob sich Rick mit dem Publikum und applaudierte höflich den Sängern und Musikern. Als Desdemona vor den Vorhang trat, gab es neuerliche, stürmische Buhrufe, was wütende Reaktionen im Parkett und in den Privatlogen hervorrief. Fäuste wurden geschüttelt, es wurde heftig gestikuliert, die Mehrheit der Zuschauer wandte sich gegen die verstimmten Fans oben auf den billigen Plätzen. Die buhten daraufhin nur noch lauter, und die arme Gabriella Ballini war gezwungen, sich mit schmerzlichem Lächeln zu verbeugen, als würde sie nichts hören. Er bewunderte ihre Courage und war hingerissen von ihrer Schönheit. Und da hatte er geglaubt, die Fans in Philadelphia seien brutal.
*
Das Esszimmer des Palazzo war größer als Ricks gesamte Wohnung. Ein halbes Dutzend weiterer Freunde gesellte sich beim Festessen nach der Vorstellung zu ihnen, und die Gäste standen sämtlich noch unter dem Eindruck der Oper. Sie plauderten erregt, alle gleichzeitig, alle in rasend schnellem Italienisch. Sogar Sam, der einzige andere Amerikaner, schien die Aufgewühltheit der andern zu teilen.
Rick versuchte zu lächeln und sich so zu geben, als sei er emotional ebenso berührt wie die Einheimischen. Ein freundlicher Kellner sorgte dafür, dass sein Weinglas stets gefüllt war, und noch bevor der erste Gang beendet war, fühlte er sich in entspannter Stimmung. Seine Gedanken waren bei Gabriella, der wunderschönen kleinen Sopranistin, die keinen Anklang gefunden hatte.
Sie musste am Boden zerstört sein, sich mit Selbstmordgedanken tragen. So perfekt und gefühlvoll zu singen und dann nicht gewürdigt zu werden. Verdammt, er hatte sich alle Buhrufe verdient, die er je eingesteckt hatte. Aber nicht Gabriella.
Es waren noch zwei Vorstellungen angesetzt, dann war die Spielzeit vorbei. Rick, vom Wein befeuert und mit nichts anderem beschäftigt als dem Mädchen, dachte das Undenkbare. Er würde sich irgendwie eine Karte besorgen und sich in eine weitere Vorstellung des Othello schleichen.
14. Kapitel
Das Montagstraining war ein halbherziger Versuch, sich eine Bandaufzeichnung des letzten Spiels zu Gemüte zu führen, während das Bier durch die Kehlen rann. Knurrend und mäkelnd führte Sam einzelne Szenen vor, aber niemand war in der Stimmung für eine seriöse Fehleranalyse. Ihr nächster Gegner, die Rhinos aus Mailand, waren tags zuvor von den Gladiators aus Rom vom Platz gefegt worden, einem Team, das kaum jemals ernsthaft um den Super Bowl mitspielte. Zum großen Missfallen von Coach Russo war daher die Stimmung auf eine lockere Woche und einen lockeren Sieg ausgerichtet. Eine verhängnisvolle Einstellung. Um halb zehn schickte Sam sie nach Hause.
Rick parkte weit weg von seiner Wohnung, ging dann zu Fuß durch die Altstadt zu einer Trattoria namens II Tribunale, unweit der Strada Farini und ganz in der Nähe des Gerichtsgebäudes, in das die Polizei ihn so gern führte. Pietro erwartete ihn bereits, zusammen mit Ivana, seiner neuen Frau, die hochschwanger war.
Die italienischen Spieler hatten ihre amerikanischen Mannschaftskameraden rasch
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