Touchdown
Sie aus Parma?«
Sie lachten beide, um ein wenig die Anspannung abzubauen. »Nein, ich bin in Iowa aufgewachsen, im Mittelwesten. Waren Sie schon mal in den USA?«
»Zweimal, auf Tournee. Die meisten großen Städte habe ich gesehen.«
»Ich auch. Hab selber eine kleine Tournee gemacht.«
Rick hatte mit Bedacht einen kleinen runden Tisch gewählt. Sie saßen dicht beisammen, die Getränke vor sich, die Knie nicht zu weit auseinander, beide sehr darum bemüht, entspannt zu wirken.
»Was war das für eine Tournee?«
»Ich spiel Profi-Football. Meine Karriere läuft nicht so gut, daher bin ich in dieser Saison in Parma und spiel für die Panthers.« Er hatte so eine Ahnung, dass ihre Karriere auch nicht ganz glatt verlief, daher machte es ihm nichts aus, vollkommen ehrlich zu sein. Ihre Augen ermunterten zur Ehrlichkeit.
»Die Panthers?«
»Ja, es gibt eine Footballliga hier in Italien, nur wenige Leute wissen das. Die Mannschaften kommen hauptsächlich hier aus dem Norden - Bologna, Mailand, Bergamo und ein paar anderen Städten.«
»Das hör ich zum ersten Mal.«
»American Football ist hier nicht sehr populär. Sie wissen doch, Italien ist das Land des Fußballs.«
»O ja.« Bei ihr konnte von Fußballbegeisterung allerdings keine Rede sein. Sie nippte an der rötlichen Flüssigkeit in ihrem Glas. »Wie lange sind Sie schon hier?«
»Drei Wochen. Und Sie?«
»Seit Dezember. In einer Woche ist die Spielzeit zu Ende, dann geh ich zurück nach Florenz.« Sie wandte den Blick ab, traurig, als sei es nicht unbedingt Florenz, wohin sie gern gegangen wäre.
Rick nahm einen Schluck Bier und blickte ausdruckslos auf eine alte Dartscheibe an der Wand.
»Ich habe Sie heute Abend beim Essen gesehen«, sagte er. »Im II Tribunale. Sie waren mit jemandem zusammen.«
Ein kurzes falsches Grinsen, dann: »Ja, das war Carletto, mein Freund.« Wieder eine Pause, denn Rick beschloss, nicht nachzuhaken. Es war an ihr, ob sie über ihren Freund reden wollte oder nicht.
»Er lebt auch in Florenz«, sagte sie. »Wir sind seit sieben Jahren zusammen.«
»Das ist eine lange Zeit.«
»Ja. Haben Sie jemanden?«
»Nein, ich hab noch nie eine ernsthafte Beziehung gehabt. Viele Freundinnen, aber nichts Ernstes.«
»Warum nicht?«
»Schwer zu sagen. Ich hab das Junggesellenleben genossen. Das liegt einfach nahe, wenn man Profi-Sportler ist.«
»Wo haben Sie Autofahren gelernt?«, platzte sie heraus, und beide lachten. »Ich hatte noch nie ein Auto mit Gangschaltung«, sagte er. »Offenbar im Gegensatz zu Ihnen.«
»Das Autofahren ist hier anders, genau wie das Parken.«
»Sie sind große Klasse im Parken und im Singen.«
»Danke.« Ein wunderschönes Lächeln, eine Pause, ein Schluck aus dem Glas. »Sind Sie Opernfan?«
Jetzt ja, hätte Rick fast gesagt. »Gestern Abend, das war meine erste, und es hat mir gut gefallen, vor allem wenn Sie auf der Bühne waren, und das war nicht oft genug.«
»Sie müssen wiederkommen.«
»Wann?«
»Wir haben Mittwoch eine Vorstellung, und die letzte in dieser Spielzeit ist dann am Sonntag.«
»Am Sonntag spielen wir in Mailand.«
»Ich kann Ihnen eine Karte für Mittwoch besorgen.«
»Abgemacht.«
Der Pub schloss um Mitternacht. Rick bot an, sie nach Hause zu begleiten, und sie war ohne Zögern einverstanden. Ihre Hotelsuite war von der Operngesellschaft besorgt worden. Das Hotel lag in der Nähe des Flusses, wenige Straßen vom Teatro Regio entfernt.
Mit einem freundlichen Nicken, einem Lächeln und dem Versprechen, sich am nächsten Tag wiederzusehen, sagten sie einander Gute Nacht.
*
Sie trafen sich zum Mittagessen und unterhielten sich zwei Stunden lang bei einem großen Salat und Crepes. Ihr Tagesablauf wich nicht wesentlich von seinem ab - lange schlafen, Kaffee und Frühstück am späteren Vormittag, ein oder zwei Stunden im Fitnessraum, dann ein oder zwei Stunden Arbeit. Wenn abends keine Vorstellung war, wurde von den Darstellern erwartet, dass sie zusammenkamen und sich durch eine weitere Probe quälten. Genau wie beim Football. Rick gewann den deutlichen Eindruck, dass ein um Anerkennung kämpfender Sopran mehr verdiente als ein um Anerkennung ringender Quarterback, wenn auch nicht viel mehr. Kein einziges Mal kam die Rede auf Carletto.
Sie unterhielten sich über ihre jeweiligen Karrieren. Sie hatte als junger Teenager zu singen begonnen, in Florenz, wo noch immer ihre Mutter lebte. Ihr Vater war tot. Mit siebzehn fing sie an, Preise zu gewinnen, und durfte immer
Weitere Kostenlose Bücher